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Waldstadt

Waldstadt

Titel: Waldstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Leix
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ließ es nicht zu. Das Hemd war schließlich völlig durchweicht und der Knöchel stach wieder enorm, doch er erreichte die Haustür aus eigener Kraft. Die kleine Demütigung, dass er klingeln musste, machte ihm jetzt nicht mehr viel aus.
    »Nur ein wenig übertreten«, lächelte er Carla an. »Nicht gut, wenn man mit einer Wut im Bauch davonrennt.«
     
    Lindt weigerte sich standhaft, zum Arzt zu gehen, ließ sich kalte Umschläge machen, verbrachte den Rest des Sonntags auf der Gesundheitsliege auf dem Balkon und begann, sich mit dem Gedanken an einen ungelösten Fall abzufinden.
     
    Die Wirklichkeit war zu dieser Zeit aber längst dabei, ihn wieder einzuholen.
     
    Stimmung und Lautstärke in der Waldgaststätte nicht weit vom Adenauerring steigerten sich im Lauf des Abends immer mehr. Große Portionen und zivile Preise sorgten für ständig steigenden Zulauf. Der Biergarten war an den meisten Abenden übervoll und die Bedienungen kamen mit dem Schleppen der Halbliterkrüge kaum nach. Erst nach elf ließ der Andrang ein wenig nach, doch an mehreren Tischen waren Stammgäste beim Kartenspielen oder verteidigten voller Eifer ihre genialen Lösungen für alle Probleme der großen und kleinen Politik.
    Auch Albert Schallenbach gehörte zu den ständigen Gästen. Der Frührentner, ein alteingesessener Rintheimer, kam mindestens drei Mal in der Woche hierher. Fünf bis sieben Biere steckte er locker weg und gegen halb 12 hatte er genau den richtigen Schwung, um sich auf sein altes Puch-Mofa zu schwingen.
    Er setzte den Halbschalenhelm auf und ließ den Kinnriemen offen. Heute fühlte er sich besonders mutig und wenn er so richtig gut drauf war, dann nahm er nicht die Radwege entlang der öffentlichen Straßen, nein, dann reizte ihn das Verbotene.
    »Ist doch nur ein Fahrrad«, grinste er seinen Zechkumpan an und bog nach der falschen Seite ab, »damit darf man im Wald fahren.«
    »Ja, mit Hilfsmotor!«, lallte der ihm hinterher, doch das hörte der schwankende Albert wegen des knatternden Zweitakters längst nicht mehr.
    Außerdem sparte er Zeit und konnte mindestens zwei Minuten schneller zu Hause bei seiner Tochter sein. »Aber die ist ja gar nicht daaa«, grölte er durch den nächtlichen Wald, um den Motor zu übertönen. »Dann kann sie auch nicht schimpfen!«
    Roswitha, die Altenpflegerin, war auf Nachtschicht im Heim. Das nutzte ihr Vater natürlich immer aus, um noch später als sonst heimzukommen.
    Er drehte am Gasgriff und ließ den Motor aufjaulen. Richtig flott ging es vorwärts.
    Hoppla! Das Mofa machte einen Bocksprung, als er seitlich neben den Fahrbahnrand kam und über eine große Wurzel hopste. Doch Albert war souverän, schließlich fuhr er schon seit 45 Jahren Mofa und an diesem Tag, da fühlte er sich wie ein richtiger Rennfahrer.
    Zwei Mal hatte ihn der Förster in den letzten Jahren auf den gesperrten Waldwegen erwischt, doch weil er auch ein regelmäßiger Brennholzkunde war, gab es nur eine Standpauke: »Ihr Flächenlos ist aber ganz woanders, Herr Schallenbach!«
    »Haha, und jetzt schläft er schon!«, grölte der wilde Mofafahrer. Keiner hörte ihn.
    Keiner? Fast keiner!
    Einer hatte sein Näherkommen bereits beobachtet.
    Schnell huschte ein schwarzer Schatten über die Fahrbahn und auf der anderen Seite flink um einen Baum herum. Das Ende des dünnen Stahlseils, das er jetzt straff gespannt hatte, behielt er in der linken Hand. Mit rechts zupfte er prüfend am Draht. »Wie eine Geigensaite!« Drüben an einer Hainbuche festgeknotet, auf dieser Seite der Allee zwei feste Windungen um eine Birke, so ergab es eine optimale Spannung.
    Die Höhe musste unbedingt stimmen. Er hatte es bei verschiedenen Fahrradmodellen ausgemessen, wie hoch das Vorderrad war und hielt eine Handbreit darüber.
    Das Motorengeräusch ließ ihn kurz zusammenzucken. Ein Mofa? Ach was, die sind gleich hoch!
    Er war ganz begeistert von seiner neuen Idee. Viel Mühe hatte es ihn gekostet, die 12 langen Meter des Metalls mattschwarz zu lackieren. Auf keinen Fall durfte eine Reflexion entstehen.
    Noch 20 Meter, das Kribbeln hatte ihn voll erfasst, er zwang sich zu höchster Konzentration. Wen ihm das Schicksal wohl heute bescheren würde?
     
    Vermutlich hätte der auch einen grell blinkenden Draht übersehen, so völlig ungebremst düste Albert Schallenbach in die Falle.
    Direkt unterhalb der Lampe stoppte das dünne Stahlseil seine Fahrt und in einem zirkusreifen Salto riss es ihn nach vorne von der Maschine. Schon im Flug

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