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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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Heimfahren will ich zu meinen Blutsfreunden und einsam mein Leben verschlafen, wenn du nicht Sigurd erschlägst. Und sein Söhnlein folge ihm nach; jungen Wolf soll man nicht aufziehen."
    Unwillig hörte Gunnar ihr zu; er ging hinaus, und schwankenden Sinnes sass er den ganzen Tag. Dass ein Weib der Königswürde entsagte, war selten gehört worden.
    Er rief Högni und fragte ihn um Rat.
    "Was hat Sigurd so Schweres verbrochen, dass du ihm das Leben verkürzen willst?" fragte Högni.
    "Sigurd bat mir Treue geschworen; – und als er sie zumeist bewähren sollte, verriet er mich."
    "Brunhild hat dich zu dem Mord gereizt."
    "Sie ist mir lieber als alles; sie ist die Königin der Frauen, und eher sterbe ich, als dass ich ihr entsage." Die Gier nach dem Golde, der alte Fluch ergriff nun auch Gunnar: "Sigurd sterbe! So gewinnen wir das Gold und grosse Macht; dann mögen wir in Freuden und Ruhe des Glückes und Reichtums geniessen. Willst du mir helfen?"
    "Mit dem Schwert die geschworenen Brüdereide brechen? Das bringt uns in Schaden und Schande! Mächtigere weiss ich nicht auf der Welt wohnen, solang wir und Sigurd zusammenstehn!"
    "Wir wollen den jungen Guttorm zu dem Werke gewinnen; er hat Sigurd keine Eide geschworen."
    "Das Werk ist Mord! Und geschieht es doch, – so werden wir’s entgelten."
    "Sigurd muss sterben oder ich," antwortete Gunnar grimmig. Er ging zu Brunhild und bat sie, aufzustehen: "Sei fröhlich –; Sigurd wird sterben."
    Sie riefen Guttorm, boten ihm Gold und Land, gaben ihm Wolfsfleisch zu essen und Zaubertrank zu trinken, und reizten ihn mit bösen Worten, bis er zu der Tat bereit war.
    Am nächsten Morgen ging Guttorm in Sigurds Kammer, als der im Bette lag; und als Sigurd ihn anblickte, erbebte Guttorm und ging wieder hinaus. Und ebenso geschah’s ein zweites Mal.
    Als er zum dritten Male kam, fand er Sigurd schlafend. Da stiess er ihm das Schwert durch die Brust, dass die Spitze unter seinem Rücken in den Polstern stecken blieb.
    Sigurd erwachte, als Guttorm zur Tür hinaus schritt; da fasste er sein Schwert Gram und warf es Guttorm in den Rücken, und schnitt ihn in der Mitte voneinander. Der Füsse Teil fiel auf die eine Seite, Kopf und Hände auf die andre.
    Gudrun war sorglos neben ihrem Gatten eingeschlafen; jammervoll sollte sie erwachen. Sie sah Sigurds Blut über sich fliessen und schlug so stark die Hände zusammen, dass Sigurd sich noch einmal im Bett aufrichtete: "Weine nicht so sehr, Gudrun. Dir leben noch Brüder; aber unser Söhnlein ist allzu jung, es kann nicht aus der Burg entfliehen. Das stiftete Brunhild an; sie liebte mich. Nichts hab’ ich gegen Gunnar getan und heisse nun doch der Buhle seines Weibes!"
    Da starb er; Gudrun stiess einen Seufzer aus und schlug wiederum ihre Hände so heftig zusammen, dass die Becher auf dem Brett erklangen und die Gänse im Hof aufschrien.
    Gudruns gellende Wehklage drang bis zu Brunhilds Lager; da lachte sie aus ergrimmtem Herzen.
    "Lache du nicht, Verderbenstifterin, als brächte dir’s Heil!" zürnte Gunnar, der nun ob der Tat erschrak und den der Schwester Jammer rührte. "Wie schwindet dir die leuchtende Farbe! Dem Tod, mein’ ich, bist du geweiht. Sigurd war mein Blutsbruder. Du verdientest, dass wir dir vor Augen deinen Bruder erschlügen."
    "Wenig drückt Atli deine Drohung; er wird länger leben als du. Doch niemand nennt dich nun feige, Gunnar; Rache vollbrachtest du und gewannst Sigurds Waffen und Gold."
    Lärmend und klagend liefen die Burgleute zusammen in der Halle.
    Da sprach Gudrun zu Brunhild: "Du freust dich der Freveltat, aber böse Geister werden Gunnar, den Mörder, ergreifen; eines rachgierigen Herzens Fluch wird sich erfüllen."
    Und finster sprach Högni: "Das böse Werk ist geschehen, wofür es Sühne nicht gibt."
    Und als der Abend kam, wurde in der Halle viel getrunken und manches Wort dabei gesprochen, um des Tages blutigen Frevel zu vergessen; sie tranken bis tief in die Nacht, die alle in Schlaf versenkte. – Nur Gunnar wachte und wandelte unruhig umher.
    Brunhild aber fuhr auf, kurz vor Tagesanbruch, aus schweren Träumen.
6. Brunhilds Tod.
    Der Morgen kam, und Gudrun sass über dem toten Sigurd; stumm, ohne Schluchzen und Klagen; sie begehrte zu sterben. Männer und Frauen gingen zu ihr, sie zu trösten; eignes Leid, das sie im Leben gelitten, erzählten sie ihr. Doch Gudrun konnte nicht weinen; so voller Gram und Grimm war sie.
    Da trat ihre junge Schwäherin, Gullrönd, Gunnars Schwester, hinzu,

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