Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
wurde bereitet. Das währte manchen Tag; da sah man Freude und Kurzweil aller Art und Sigurd ward Gudrun vermählt. Er kehrte nicht zurück in sein Hunenland, sondern zog mit seinen Schwähern weit umher auf Kriegsfahrt, ihnen Land, Schätze und Ruhm mehrend. Er gab Gudrun von Fafnirs Herzen zu essen, seitdem war sie grimm und klug; sie bekamen einen Sohn, der hiess Sigmund.
2. Gunnars Brautfahrt und Vermählung.
Als nun Giuki gestorben und Gunnar ihm auf den Königsstuhl gefolgt war, da sprach einmal Grimhild zu Gunnar: "Eure Herrschaft blüht, aber dir fehlt die Gattin; wirb um Brunhild und Sigurd soll mit dir reiten." Der Rat gefiel Gunnar, alle Gesippen stimmten ein und sorgfältig rüsteten sie zu dieser Fahrt. Högni und Sigurd begleiteten ihn. Sie zogen über Berg und Tal und ritten in König Atlis Burg ein. Der war Brunhilds Bruder, ein grimmig anzuschauender Mann, gross und schwarz von Haaren. Er nahm Gunnars Werbung an, wenn Brunhild ihn zum Gatten wolle: "Denn sie ist so stolz, dass sie nur den nimmt, den sie will." Die Helden drohten aber mit Feuer und Schwert, wenn Gunnar die Jungfrau nicht erhielte. "Sie hat das Gelübde getan, nur den zum Manne zu nehmen, der durch das Feuer reitet, das ihre Burg umwabert," antwortete Atli; "reitet hin, bei den Hindabergen steht ihr Saal." Da wandten sie ihre Rosse wieder zum Burgtor hinaus und ritten den Bergen zu.
Sie sahen den Saal in Goldschmuck erglänzen und das Feuer, das aussen herum brannte. Gunnar spornte seinen Hengst Goti gegen die Flammen; aber der wich zurück und wollte nicht hindurchrennen. Er bat Sigurd, ihm Grani zu leihen; aber der wollte nicht von der Stelle unter Gunnar und so konnte der König nicht durch das Feuer. Da vertauschte Sigurd die Gestalt mit Gunnar, was er mittels seines Schreckenshelms vermochte, und ritt auf seinem Grauhengst für den König durch die Lohe.
"Das Feuer begann zu rasen, die Erde zu erbeben und die Lohe wallte gen Himmel; Sigurd trieb Grani mit dem Schwerte Gram und das Feuer erlosch vor dem Edeling."
Sigurd ging – in vertauschter Gestalt – in den Saal zu Brunhild; die fragte ihn, wer er sei? Er nannte sich Gunnar, Giukis Sohn: "Und du bist mir zur Gemahlin bestimmt mit deiner Zusage und deines Bruders Wort, wenn ich durch deine Waberlohe ritt." Er stützte sich auf seinen Schwertknauf und fuhr fort: "Ich will dir dagegen grosse Morgengabe an Gold und Kleinodien geben."
Sorgenbewegt, von ihrem Sitz herab, wie ein Schwan von der Woge, antwortete sie und hatte das Schwert in der Hand, den Helm auf dem Haupt und war in der Brünne: "Gunnar, rede nicht solches zu mir, wenn du nicht tapferer bist als jeder Mann. Denn ich fuhr in der Brünne, meine Waffen sind in Männerblut gefärbt, danach gelüstet mich noch."
"Gedenke deiner Verheissung, dem zu folgen, der das Feuer durchritte!" entgegnete Sigurd.
Brunhild durchschaute den Trug nicht; konnte doch nur Sigurd, dem sie sich verlobt hatte, durch das Feuer reiten! – Sie wusste ihr Schicksal nicht zu wenden, stand auf und hiess ihn willkommen. Sigurd weilte bei ihr drei Tage und Nächte, das Schwert Gram, aus der Scheide gezogen, legte er zwischen sie beide und sagte, es sei ihm beschieden, so die Verlobung mit seiner Frau zu feiern, oder er erleide den Tod. Beim Abschied zog er ihr den Ring Andwaranaut, den er ihr einst geschenkt hatte, vom Finger und gab ihr dagegen einen andern. Dann ritt er zurück zu dem harrenden Gunnar, und sie vertauschten wieder die Gestalt. Brunhild aber musste nun Gunnar folgen.
An den Rhein zurückgekehrt, rüstete Gunnar ein prächtiges Hochzeitsmahl; eine grosse Volksmenge strömte da zusammen und Gunnar empfing aus Atlis Händen Brunhild zum Weib. Das Fest dauerte manchen Tag und als es zu Ende ging, verlor allmählich der Zaubertrank seine Kraft; es erwachten Sigurds Gedanken; er erkannte Brunhild und gedachte der Eide, die er einst ihr geschworen hatte; aber er bezwang sich und schwieg. –
3. Der Königinnen Zank.
Einmal gingen Brunhild und Gudrun an den Rhein, um zu baden; aber Brunhild watete weiter hinaus in den Strom, weil sie das Wasser, das von Gudruns Haar floss, nicht an ihrem Haupte leiden wollte.
Unwillig, erstaunt fragte diese: "Warum tust du so?"
"Warum sollt’ ich mich dir gleichstellen?" erwiderte Brunhild stolz. "Mein Gatte durchritt das brennende Feuer, aber deiner war Heergefangener König Helferichs."
Zornig antwortete Gudrun: "Weiser wär’s, wenn du schwiegest! Lästre nicht Sigurd, wenig geziemt
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