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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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wies die andern zurück und rief: "Schlecht versteht ihr, gramvolles Weib zu trösten." Sie riss das Bahrtuch von dem Toten weg und legte Sigurds Haupt in Gudruns Schoss: "Schau den Geliebten und lege deine Lippe an den bärtigen Mund, als lebte er noch."
    Einmal nur schaute Gudrun auf; sah das blutige Haupt, sah die leuchtenden Augen erloschen, die Brust vom Schwerte durchbohrt; dann sank sie zurück und ein Tränenstrom rann nieder in ihren Schoss.
    Laut pries sie Sigurds Herrlichkeit, verwünschte Brunhild und sprach drohend zu Gunnar: "Du wirst dich nicht des Goldes erfreuen, weil du Sigurd die Eide brachest."
    Zornig schallte da Brunhilds Stimme: "Mann und Kinder misse die Dirne, welche dir, Gudrun, die Tränen gelöst und dir lindernde Klageworte erweckt hat."
    "Schweige, du Weltverhasste," rief Gullrönd der Eintretenden entgegen, "zum Unheil wardst du Edelingen; wie sein böses Schicksal scheut dich jeder, männermordendes Weib."
    Brunhild stand an einem Pfeiler, sie schlang den Arm um den Schaft und Feuer brach ihr aus den Augen, als sie Sigurds Wunde sah: "Treibt mich an oder haltet mich ab," rief sie – "der Mord ist vollbracht; mein Leid muss ich sagen, bevor ich sterbe."
    Alle schwiegen; niemand gefiel solcher Frauenbrauch, und sie hörten mit Grausen, wie sie weinend von dem Werke zu klagen anhob, zu welchem sie lachend die Helden getrieben hatte.
    "Grimmes sah ich im Schlaf, Gunnar. In dem Saal alles tot; – ich schlief im kalten Bett –; dieweil du gefesselt rittest in der Feinde Heer. So soll all euer Geschlecht der Macht verlustig gehn; denn meineidig seid ihr! Vergassest du’s, Gunnar, so ganz, wie euer beider Blut gemeinsam in die Fussspur rann? Mit Bösem hast du ihm vergolten, dass er immer der Mutigste war! Als du um mich warbest, da hat Sigurd dir die Treue bewährt, nicht die Treue gebrochen. Das Schwert Gram lag zwischen uns beiden. Zweimal ist er zu mir durch die Flammen geritten; nur er ist mein Mann; und ein edelgesinntes Weib kann nicht mit fremdem Manne leben; – darum will ich nun sterben."
    Gunnar ging, umschlang Brunhilds Nacken und bat sie, von ihren Todesgedanken zu lassen; und so baten sie alle.
    Aber unwandelbaren Herzens war Brunhild; sie liebte nur einen und keinen andern; sie stiess Gunnar zurück, liess sich von niemand wehren.
    Gunnar aber eilte zu Högni: "Heisse alle Mannen, deine wie meine, hineingehen in den Saal zu Brunhild, ehe es vom Wort zum Werke kommt."
    "Niemand halte sie ab von Todesgang, die zum Unheil Geborne und Männern zum Herzleid." So antwortete Högni und wandte sich unwillig hinweg, während Brunhild ihre Mägde zusammenrief und Gold und Schätze unter sie austeilte.
    Dann kleidete sie sich in ihre Walkürenbrünne und rief: "Gehet herzu alle, die ihr mit mir und Sigurd sterben wollt, ich gebe jeder einen Halsschmuck, Schleier und Gewand."
    Zögernd schwiegen sie; endlich sprach eine für alle: "Genug der Leichen sind’s! Wir wollen noch leben und unsres Dienstes froh sein."
    "Niemand soll unfreudig um meinetwillen sterben," sprach sie, und durchbohrte sich die Brust. "Sitze nieder zu mir, Gunnar! Schneller, als du denkst, wirst du mit Gudrun versöhnt werden. Nun will ich dich noch eine Bitte bitten, meine letzte; lass einen Scheiterhaufen auf dem Feld errichten, so gross, dass wir alle, die wir mit Sigurd starben, darauf Raum finden. Umzelte die Brandburg mit Schilden und spreite darüber in Männerblut getränkten Teppich. Mir zur Seite brenne Sigurd; und das Schwert Gram liege zwischen uns. Und Sigurd zur Seite lass brennen meine goldgeschmückten Knechte und fünf der Mägde, dazu zwei Hunde und zwei der Habichte. Manches sagt’ ich; mehr noch wüsst’ ich zu sagen, wäre Raum zur Rede; die Stimme versagt, die Wunde schwillt; Wahres allein sagt’ ich; – so gewiss ich nun sterbe."
    Da schichteten sie mit vieler Sorgfalt nach altem Brauch einen Scheiterhaufen, und als er in Brand stand, wurde Sigurd darauf gelegt und verbrannt, an seiner einen Seite Brunhild, an der andern sein erschlagenes Söhnlein, und mit ihnen ihr Leichengefolge.
    VII. Der Giukungen Ende.
1. Gudruns Flucht und Wiedervermählung.
    Gudrun, voll Grams über Sigurds Tod, floh heimlich aus der Burg und gelangte nach mühseligen Tagen des Wanderns nach Dänemark und in die Halle König Alfs. Hiördis, Sigurds Mutter, war gestorben, und Alf hatte sich mit Thora, Hakons Tochter, vermählt. Freundlich nahm Thora die Verlassene auf. Dreiundeinhalb Jahre blieb Gudrun bei ihr;

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