Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
mancher: "Wen der Hochmut am höchsten hebt, den lässt er am schnellsten fallen." Und der König verlangte das Schwert, denn er wollte es gleich mit forttragen. "Herr, ich muss doch zuvor die Scheide holen, und will dir alles zusammen geben," sprach Wieland und eilte in die Schmiede. Mimung warf er wieder unter seine Schmiedebälge, nahm das andre Schwert, stiess es in die Scheide und überbrachte es dem König.
Wieland ward nun des Könige Schmied und arbeitete ihm köstliche Kleinode. Er wurde weithin so berühmt, dass man von einem vorzüglichen Geschmeide sagte, der es gemacht habe, wäre ein Wieland an Geschicklichkeit.
Einst als König Nidung in den Krieg fuhr und schon fünf Tage mit seinem Heer ausgezogen war, gewahrte er, dass er seinen Talisman, einen Siegesstein, zu Hause gelassen hatte. Er versprach dem, der ihm den Siegesstein bis zum andern tage bringen würde, seine Tochter und ein Drittel seines Reiches zu geben. Am andern Tage sollte die Schlacht sein. Wieland war dazu bereit und sprengte auf seinem Hengst Schimming zurück. Um Mitternacht langte er vor des Königs Burg an, und noch bevor die Sonne aufging, traf er wieder bei dem Heer ein. Des Königs Truchsess ritt ihm mit sechs Kriegern entgegen und wollte den Siegesstein von Wieland erhandeln; als dieser sich weigerte, griff der Truchsess ihn an; aber Wieland erschlug ihn; die sechs Krieger flohen davon. Wie König Nidung die Tat erfuhr, ward er zornig und bannte Wieland aus seinem Reich bei Todesstrafe. Wieland sprach: "Das tust du mir, weil du dein Versprechen nicht halten willst." Er zog fort und niemand wusste, wohin.
2. Wieland in Wolfstal.
Wieland suchte seine beiden Brüder Egil (Eigel) und Slagfidr auf; mit ihnen zog er in einen von Menschen unbewohnten Wald: "ein Wolfstal". Dort bauten sie sich Häuser. Am Wolfssee fanden sie einst in der Morgenfrühe drei Frauen, die waren Walküren, neben ihnen lagen ihre Schwanenhemden; sie sassen und spannen Flachs. Die Brüder ergriffen die Hemden und zwangen die Mädchen, ihnen als ihre Frauen zu folgen. Egil nahm Ölrun, Slagfidr Svanhvit, Alvit wurde Wielands Gemahlin. Sieben Winter lebten sie so, den achten grämten sich die Frauen und im neunten brachen sie ihre Bande und zogen wieder auf Urlog (Kriegsfahrt). Die drei Brüder kamen aus dem Forst von der Jagd und fanden ihren Herd verlassen. Zwei zogen aus, ihre Frauen zu suchen; Wieland blieb zurück und harrte, ob Alvit wiederkommen würde. Er sass im Waldhaus und schlug funkelnd Gold und schnürte rote Ringe auf Lindenbast.
Da hörte Nidung, dass Wieland einsam in Wolfstal in der Waldschmiede sitze. Er fuhr in mondheller Nacht mit einer Schar Gewappneter dorthin. Ihre Helme blinkten im Schein der Mondsichel. An der Türe des Hauses stiegen sie ab und gingen in den Saal. Wieland fanden sie nicht; aber sie sahen die Ringe am Lindenbaste schweben, sie banden sie ab, siebenhundert waren’s und banden sie wieder an; nur einen nahm Nidung davon, den Ring Alvits. Dann verbargen sie sich und erwarteten den Schmied. Der kam, vom Weidwerk wegmüde; er ging zur Feuerstelle und briet der Bärin Fleisch, die er erjagt hatte. Auf der Bärenschur sitzend, zählte er die Ringe und vermisste den einen. Da dachte er, Alvit, die junge, sei zurückgekehrt und hätte ihn sich genommen [Fußnote: Denn es war wohl der Schwanenring, durch dessen Anlegen sie sich in Menschengestalt wandeln konnte.] . So sass er lange, bis er einschlief; er erwachte traurig; Fesseln fühlte er an Händen und Füssen. "Wer sind die Leute, die mich in Bande legten?" fragte er. König Nidung trat aus seinem Versteck und rief: "Woher nimmst du, Wieland, weiser Elbe, das Gold hier in Wolfstal?"
"Hier war kein Gold," antwortete Wieland trotzig. – "Als ich daheim war, hatt’ ich wohl mehr" – und weigerte die Auskunft. Der König führte ihn nun mit sich auf seine Burg; das Schwert Mimung hatte er ihm genommen und trug es selbst, den Goldring gab er seiner Tochter Badhild. Wieland sann heimlich auf Rache; er machte sich unkenntlich, schlich sich unter des Könige Köche, briet und kochte mit ihnen und mischte einen Liebeszauber in Badhilds Speise. Als die Schüssel vor die Jungfrau gesetzt ward, stach sie mit einem Messer hinein. Das Messer, von Zwergen geschmiedet, hatte aber die Eigenschaft, dass es erklang, sobald es eine Speise berührte, in welcher Unreines war. Das Messer erklang, und die Jungfrau erkannte, dass ein Trug in der Speise war und sagte es ihrem Vater. Zornig
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