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Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen

Titel: Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn , Therese Dahn
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sein Vater geraten. Er sah sich nach dem Sumpfbusch um; aber den hatte der fallende Fels mit fortgerissen, nur der Schwertknauf stak aus der Erdmasse hervor. Er fasste ihn und zog das Schwert heraus und sprach bei sich: "Nun ist mein Vater tot und ich bin dem Tod bestimmt – aber ich fürchte mich wenig." Er lief zu den Zwergen, die sich seines Vorhabens nicht gewärtigten und hieb einem nach dem andern den Kopf ab. Dann ging er in den Berg, nahm all ihr Werkzeug, Gold und Silber, soviel er mitführen konnte. Er belud damit ein Ross, welches bis Zwerge besassen, und nahm selbst noch eine Bürde, so schwer er zu tragen vermochte. So zog er, bis er an die Weser kam, und konnte nicht über den Strom. Er fällte einen starken Baum und höhlte ihn aus. In dem dünnen Ende barg er sein Werkzeug und sein Gold, in dem dickeren Speise und Trank. Dann legte er sich hinein, und verschloss den Baum auf geschickte Art; vor die Löcher setzte er Glas, welches er wegziehen konnte, sobald er wollte; waren die Löcher aber geschlossen, so drang kein Wasser ein. Er bewegte sich in dem Stamm hin und her, bis er ihn so hinauswälzte in den Strom. Der Stamm trieb den Strom hinab in die See und fuhr achtzehn Tage und Nächte lang in den Wellen, dann kam er in Jütland ans Land. Dort herrschte König Nidung. Seine Leute fuhren eines Tages in die See hinaus, Fische zu fangen. Sie warfen ihr Netz aus und zogen es ans Land. Es war so schwer, dass sie es kaum emporziehen konnten, und sie sahen, dass ein grosser Baum hineingeraten war. Als sie ihn genau betrachteten und wunderbar behauen fanden, hielten sie ihn für einen Schatzbehälter und riefen den König herbei. Der befahl, sie sollten den Baum untersuchen, was darinnen sei. Wie aber Wieland in dem Stamme merkte, dass sie denselben zerhauen wollten, rief er ihnen zu, einzuhalten. Die Leute dachten, ein böser Wicht stecke darin, und liefen entsetzt davon. Wieland machte nun den Baum auf, trat vor den König und sprach: "Ein Mensch bin ich, kein Unhold, Herr, und bitte dich, gib mir Frieden für Leben und Habe." Der König sah, dass Wieland ein schöner Mann war, und obwohl er auf unheimlich wunderbare Weise an sein Land gekommen, gewährte er ihm doch Frieden. Wieland nahm seine Werkzeuge und Habe und verbarg alles heimlich unter der Erde, samt dem Stamm. Dies sah ein Mann des Königs.
    Nun lebte Wieland bei Nidung als dessen Gefolgsmann, und der König behandelte ihn gut und ehrenvoll. Einst liess Wieland des Könige bestes Messer, als er es reinigen wollte, in die See fallen. Er fürchtete für ungeschickt zu gelten und ging zu des Königs Schmied Amilias, ein andres zu bekommen. Er fand niemand in der Schmiede, setzte sich hin und schmiedete ein Messer, das dem verlornen gleich sah. Darauf schlug er einen Nagel mit drei Köpfen, den liess er auf dem Amboss und ging fort. Als Amilias zurückkam, fand er den Nagel und fragte, wer von seinen Gesellen den geschmiedet hätte? Aber keiner bekannte sich dazu.
    Wieland stand vor des Königs Tisch; der König nahm das Messer, ein Brot zu zerschneiden, und schnitt das Brot entzwei und noch ein Stück von dem Tisch, soweit das Messer fasste. Den König deuchte es wunderlich, wie das Eisen so scharf sei und sprach zu Wieland: "Wer mag dieses Messer gemacht haben?" "Wer anders als Amilias, Herr?" Amilias hörte ihr Gespräch und sagte: "Herr, sicherlich habe ich es gemacht, du hast keinen andern Schmied." "Nimmer sah ich so gutes Eisen aus deinen Händen kommen," entgegnete Nidung, "wer auch dies Messer gemacht habe, du tatest es nicht;" er blickte auf Wieland: "Hast du dies Messer gemacht? Sage die Wahrheit, bei meinem Zorn." Da sprach Wieland: "Deinen Zorn will ich nicht haben," und er erzählte, wie es damit geschehen war. "Das wusste ich," sagte Nidung, "dass Amilias solches nicht vermöge." Doch Amilias entgegnete: "Herr, es mag sein, dass Wieland dieses Messer geschmiedet hat; aber ich vermag dasselbe; und ehe ich ungeschickter heisse als er, eher wollen wir beide unsre Geschicklichkeit versuchen." "Nur Geringes versteh’ ich," antwortete Wieland, "aber das Wenige spar’ ich nicht; mache du ein Stück, ich will ein andres machen; man mag dann urteilen, welches das bessere ist." "Darauf will ich wetten," sprach Amilias. "Ich habe nicht viel eigen," entgegnete Wieland.
    "Hast du kein Gold dazu, so setze dein Haupt daran und ich setze meines dagegen. Schmiede du ein Schwert, ich will Helm, Brünne und Brünnenhosen machen. Und wenn dein

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