Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
Schwert diese Waffen durchschneidet, so dass du mich verwundest, dann magst du mir das Haupt abschlagen. Vermag aber dein Schwert dies nicht, so gehört dein Haupt mir." "Wohl," sprach Wieland, "halte, was du sagst." "Dafür will ich einen Bürgen schaffen," rief Amilias. Zwei vornehme Gefolgen des Königs waren dazu bereit. Aber Wieland hatte keine Bürgen, weil er fremd im Lande war und niemand seine Geschicklichkeit kannte. Da kam dem König der wunderbare Baumstamm in den Sinn und er bürgte selbst für Wieland. Der bat den König, ihm ein Schmiedehaus bauen zu lassen. Als das fertig war, ging er hin, aus dem verborgenen Baumstamm seine Werkzeuge und Habe zu holen. Da war der Stamm aufgebrochen und alles gestohlen. Wieland fiel ein, dass ein Mann des Königs ihn bei dem Verbergen gesehen hatte und schloss daraus, dass dieser der Dieb war; aber den Namen des Mannes kannte er nicht. Er ging zum König und sagte ihm alles. Nidung fragte, ob er den Mann erkennen würde, wenn er ihn sähe? Als dies Wieland bejahte, liess er ein Ting berufen und gebot, dass jeder Mann in seinem Reiche dazu kommen sollte. Und da das Ting eröffnet war, trat Wieland vor jeden Mann hin und suchte nach dem Dieb – und fand ihn nicht darunter. Der König ward zornig und schalt Wieland einen Toren. Aber Wieland schmiedete heimlich ein Mannesbild und setzte dieses eines Abends in eine Ecke der Halle, an welcher der König vorüber musste, wenn er in seine Kammer schritt. Als der König nun schlafen ging, trug ihm Wieland die Fackel vor. Der König erblickte das Bildnis in der Ecke und sprach: "Heil dir, guter Freund Regin! Warum stehst du so einsam hier? Und wann kamst du zurück? Und wie erging es dir mit meinen Aufträgen?"
Wieland sprach: "Herr, dieser Mann kann dir nicht antworten; ich machte dieses Bildnis nach meiner Erinnerung; so sieht der Dieb aus, der meine Habe stahl." Da antwortete König Nidung: "Den Mann konntest du nicht auf dem Ting finden, denn ich habe ihn mit einer Botschaft entsendet. Fürwahr, du bist geschickt und gut; ich schaffe dir alles wieder, was er dir genommen hat und werde gut machen, was ich Böses wider dich sprach." Als Regin zurückkehrte, gestand er ein, Wielands Habe des Scherzes wegen fortgenommen zu haben und gab dem Schmied alles zurück.
Nach einiger Zeit sprach der König zu Wieland: "Geh’ nun zur Schmiede und setze dich an die Arbeit; du hast es mit einem geschickten und bösen Mann zu tun." Wieland machte in sieben Tagen ein Schwert; der König kam selbst in die Schmiede, es anzusehn. Sie gingen an einen Fluss; Wieland warf eine Wollflocke hinein, einen Fuss dick, und tauchte das Schwert ein, mit der Schneide gegen den Strom gewendet; die Flocke trieb an, und das Schwert zerschnitt sie. Der König nannte es ein gutes Schwert, Wieland aber sagte: "Es soll noch viel besser werden." Und ging zur Schmiede, zerfeilte das Schwert, schmolz die Feilspäne zusammen, schied alles Ungehärtete daraus und schmiedete es neu. Mit diesem zerschnitt er eine zwei Fuss dicke Wollflocke im Strom; aber er zerfeilte es abermals, und wie er es zum dritten Mal geschmiedet hatte, waren drei Wochen verstrichen. Das Schwert war nun mit Gold eingelegt und hatte einen schönen Griff und war um vieles kleiner als die ersten. Im Strom zerschnitt es eine drei Fuss dicke Wollflocke ebenso leicht wie das Wasser selbst. König Nidung war sehr froh und sprach: "Das ist das beste Schwert in der Welt. Das soll mir gehören und ich will es immer tragen, wann ich in den Kampf reite."
Wieland antwortete: "Niemand als dir gönne ich dieses Schwert; aber ich will es noch mit Scheide und Gehäng ausrüsten, ehe ich es dir gebe." Damit war der König zufrieden und ging. Wieland machte ein andres, dem ersteren so ähnliches Schwert, dass niemand sie unterscheiden konnte. Das gute aber versteckte er unter seine Schmiedebälge: "Liege du dort, Mimung, vielleicht bedarf ich deiner."
Am festgesetzten Tage zeigte sich Amilias prahlend allen Leuten in seiner Rüstung und setzte sich im Hofe des Königs auf einen Stuhl und war bereit, die Wette auszumachen. Wieland holte sein Schwert Mimung, stellte sich hinter Amilias und setzte ihm die Schwertschneide auf den Helm und fragte, ob er etwas spüre? "Hau’ zu oder stich aus aller Kraft, du wirst es nötig haben," antwortete Amilias. Nun drückte Wieland mit dem Schwerte und zog daran, dass es durch Helm und Haupt und Brünne und Rumpf fuhr bis auf den Gürtel. Und so starb Amilias. Da sagte
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