Walhall. Germanische Goetter- und Heldensagen
nach."
Dietrich wandte Falka und lüftete, zurückschauend, den Helm: "Das sind wahrlich gewappnete Männer; wer mag so gewaltig reiten?"
"Ich weiss hier im Lande niemand ausser Graf Else, den jungen; ist er’s, so kommt er mit feindlichem Herzen."
"Sollen wir in den Wald weichen und fliehen, Meister Hildebrand, oder wollen wir von den Hengsten steigen und streiten?"
"Steigen wir ab, Herr, und rüsten wir uns! Etwa dreissig mögen ihrer sein; etliche erschlagen wir, die andern fliehen."
Sie sassen ab, und hoben auch Herrad vom Ross herunter; dann banden sie ihre Helme fester und zogen die Schwerter.
"Meister Hildebrand," lachte Dietrich, "du bist noch ein ebenso guter Held wie früher; der ist glücklich daran, der dich im Streit an der Seite hat," und zu Frau Herrad, die voll Sorge weinte, sprach er tröstend: "Sei munter, Herrad, und weine nicht früher, bis dass du uns fallen siehst; aber es wird uns nicht so schlimm ergehen."
Nun kam auch Else mit seinen Gewaffneten heran, und Amalung, sein Neffe, rief voranreitend: "Lasst uns die Frau dort, dann mögt ihr euer Leben behalten."
"Sie folgte wahrlich nicht König Dietrich aus Etzels Reich, um mit euch heimzufahren," antwortete Hildebrand drohend.
"Nie hört’ ich einen alten Mann kecker und hoffärtiger reden!" rief einer zurück.
"Dann musst du weit dümmer sein, als du alt bist, obwohl die Zahl deiner Winter keine geringe ist," zürnte Dietrich. "Er ist in Ehren ein Greis geworden, hüte dich, sein Alter zu verspotten."
"Übergebt sogleich eure Waffen und euch selbst," rief ungeduldig Amalung, "willst du das nicht, Alter, so greif’ ich dich an deinem Bart."
"Kommt deine Hand an meinen Bart, so hau’ ich sie ab, oder mein Arm zerbricht. Doch wer ist euer Anführer?"
Da antwortete ein andrer: "Du bist lang von Bart, aber kurz von Witz! Kennst du nicht Graf Else dort, unsern Herrn? Wie kannst du überhaupt so keck sein, danach zu fragen? Wir sind Narren, lange vor zwei Männern zu stehen, die uns mit Worten aufhalten." Und er hieb mit seinem Schwert nach Hildebrand auf dessen Helmhut, aber der Alte trug Hildegrim. Hildebrand blieb unverletzt, und er spaltete mit einem Hieb dem vorlauten Angreifer Helm und Haupt, Brünne und Bauch, dass er tot aus dem Sattel fiel. Nun schwang auch Dietrich Eckesax und schlug dem vordersten Reiter auf die Achsel; Arm und Schulter flogen ab, der Mann sank tot auf die Erde. Den zweiten Schlag gab er Else selbst unter den rechten Arm und hieb, die Achsel hinauf, den Arm ab, die Kinnbacke entzwei und Else stürzte tot zur linken Seite vom Ross. Dennoch flohen die andern noch nicht, sondern es hob sich harter Kampf; bald hatte Dietrich sieben erschlagen und Hildebrand neun. Da griff Amalung den Alten an, aber der versetzte ihm einen solchen Streich, dass er zu Boden fiel und Hildebrand auf ihn.
"Gib dich", rief er grimmig, "wenn du dein Leben behalten willst."
"Es ist zwar wenig Ehre dabei, von so altem Mann besiegt zu sein, aber für diesmal will ich die Waffen strecken." Die andern waren vor Dietrich geflohen.
Hildebrand fragte nun Amalung, weshalb Else sie angegriffen hätte; und war da, wie er vorhergesagt, Blutrache für Elsung den Langbärtigen die Ursache. Auch sagte Amalung, dass er Dietrich verwandt sei.
"Höre, Amalung," sprach der König, "sage mir, was weisst du von den Reichen südlich vom Gebirge [Fußnote: Den Alpen. Ein andrer als der im vierten Buch I. 3 genannte; die Gegend ist Langobardenland.] ? Dann sollst du dein Leben, deine Waffen und auch die deiner Genossen behalten. Und diese Verschonung soll die Busse für Graf Elsung sein."
"Guter König Dietrich, ich weiss dir eine grosse Märe zu sagen; Ermenrich ist siech; seine Eingeweide waren zerrissen, und das Fett beschwerte ihn. Sibich riet ihm; er solle sich den Bauch aufschneiden und das Fett herausnehmen lassen. Und so ward getan; aber ich weiss nicht, ob ihm wohler danach ward, oder ob er darüber gestorben ist."
Hellauf lachte der alte Hildebrand und auch der König; sie dankten Amalung für seine grosse Märe, wünschten ihm recht glückliche Reise und zogen ihres Weges.
2. Wie Dietrich im Walde haust.
Sie zogen über das grosse Gebirg, und als sie südlich herabkamen, fanden sie vor sich einen grossen Wald, in welchen sie einritten. Dietrich und Herrad blieben im Forst, Hildebrand ritt aber heraus und einer ragenden Burg zu. Er traf unterwegs einen Mann, der dieser Feste angehörte und im Walde Holz spaltete. Hildebrand sprach ihn an und
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