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Walküre

Walküre

Titel: Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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»Nein. Aber vielleicht hat die Mörderin versucht, einen Raubüberfall vorzutäuschen. Der Diebstahl war amateurhaft, die Tötung dagegen ein Meisterwerk.«
    Das Gespräch setzte sich noch eine Zeit lang fort, doch so professionell Martinas Bericht auch gewesen war, enthielt er trotzdem keine wesentlichen Anhaltspunkte.
    »Keine große Hilfe, oder?«, erriet Martina Fabels Gedanken.
    »Stimmt. Andererseits ist die ganze Sache vielleicht genau das, was sie zu sein scheint: ein willkürlicher, sinnloser Überfall.«
    »Durch den Engel?«, fragte Martina. »Du glaubst doch wohl nicht, dass sie nach zehn Jahren zurückgekehrt ist?«
    »Wer weiß? Laut dem Mädchen, das Westland gefunden hat, war die ihm zugefügte Wunde sehr professionell. Ein einziger Schnitt. Ein Einstich.«
    »Seit wann sind Nutten Expertinnen für Schnittwunden?«
    »Seit sie angefangen haben, an der Universität Hamburg Medizin zu studieren«, erwiderte Fabel nüchtern. »Du erinnerst dich sicher noch daran, dass der Engel eine Meisterin im Umgang mit dem Messer war.«
    »Das werde ich bestimmt nicht vergessen«, nickte Martina. »Ich habe noch hier gearbeitet, als der vorletzte Mord geschah. Den Schauplatz werde ich immer im Gedächtnis behalten. Wir haben den Mann in der Seilerstraße tot in seinem Auto aufgefunden. Ohne seine Genitalien. Der Letzte wurde in einer Ecke des Heiligengeistfelds abgeladen. Ebenfalls ohne seine Verkehrsmittel. Darum glaube ich nicht, dass das hier das Werk des Engels ist. Keine Kastration, die tödliche Schnittwunde war im Bauch, nicht in der Kehle ... und es gibt eine Pause von fast zehn Jahren. Außerdem hat der Engel seinen Opfern nie etwas weggenommen. Abgesehen von ihrem Ehegeschirr. Und wie gesagt, ich habe die Arbeitsweise des Engels gesehen. Wenn das Mädchen Westlands letzte Worte nicht erwähnt hätte, wäre ich nie auf einen Zusammenhang gekommen.«
    »Vielleicht hat sie ihn missverstanden. Er hat doch Englisch gesprochen.«
    Sie wurden von Carsten Kaminski, dem Leiter der Davidwache, unterbrochen. Er steckte den Kopf ins Konferenzzimmer.
    »Also Jan, ob es der Engel war oder nicht, dies ist nun offiziell dein Fall. Ich bin gerade aus dem Krankenhaus St. Georg angerufen worden. Westland ist tot.«
     
    Es war ein trockener, bitterkalter Abend, und die Kälte schien beim Atmen in die Lunge zu schneiden. Fabel nahm Werner mit. Die beiden verließen die Davidwache durch den Hinterausgang und machten sich zum Tatort auf. Sie gingen durch die Davidstraße und kamen am Ende der Herbertstraße mit der rot angestrichenen Metallschutzwand vorbei.
    Während sie sich der Wand näherten, sah Fabel, wie ein großer grauhaariger Mann, der einen langen dunkelblauen Mantel trug, durch die Abschirmung schlüpfte. Alles an dem Mann deutete auf Wohlstand und Achtbarkeit hin. Fabel stellte sich das Leben dieses Fremden vor, dessen Frau möglicherweise arglos zu Hause saß und der vermutlich Kinder hatte. Wahrscheinlich auch Enkel. Vielleicht war er sogar eine angesehene Person, jemand, zu dem andere aufschauten. Etwas an dem verstohlenen Schritt des Mannes in die Gosse deprimierte Fabel zutiefst.
    Sie gingen die Erichstraße entlang und ignorierten die hier und da erhellten Fenster mit Prostituierten, die an die Scheibe pochten und sie heranzuwinken versuchten.
    »Ah ...«, seufzte Werner sarkastisch. »Der Lockruf des zweiminütigen Quickies. Würdest du das je in Erwägung ziehen?« Er deutete ruckartig mit dem Daumen in Richtung des letzten Fensters.
    »Soll das ein Witz sein?«, erwiderte Fabel.
    »Manche Männer ... eine Menge Männer ... stehen darauf. Sex ohne Komplikationen – wohl deshalb.«
    »Es sei denn, sich eine Krankheit zu holen wäre eine Komplikation. Ich hasse es, wie die Reeperbahn als ›frech, aber nett‹ dargestellt wird. Als Touristenattraktion. In Wirklichkeit ist sie billig und hässlich und schäbig.«
    »Zugegeben. Aber sie ist hier. Und sie wird hier bleiben.«
    »Das höre ich immer wieder«, sagte Fabel. »Aber ich bin mir nicht so sicher, Werner.«
    Am Schauplatz fanden sie noch zwei Schutzpolizisten und eine einzelne Spurensichererin in einem weißen Overall vor, die ihre Arbeit fortsetzte. Fabel hielt seinen Dienstausweis hoch, und einer der Uniformierten hob das Absperrungsband.
    »Möchten Sie, dass wir irgendeine Stelle nicht betreten?«, rief Fabel zu der Technikerin hinüber.
    Sie stand auf, und Fabel erkannte sie: Es war Astrid Bremer, die Frank Gruber zwei Jahre zuvor als

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