Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walküre

Walküre

Titel: Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
Vom Netzwerk:
Eindruck erwecken, jemand sei eines natürlichen Todes gestorben. Herzversagen. Es sei denn, irgendein penibler Gerichtsmediziner denkt an Hyperkaliämie.
    Keine Sorge, die Menge, die du konsumiert hast, wird dein Herz nicht zum Stillstand bringen. Intravenös ist es viel effektiver, aber vor allem ist es farblos, geruchlos sowie wasser- und alkohollöslich. Im Laufe des Abends hast du, zusammen mit dem Metaxalon, ziemlich viel davon zu dir genommen, Robert. Übrigens, stört es dich, wenn ich mit diesem Unsinn aufhöre und dich bei deinem wirklichen Namen nenne, Georg? O ja, ich weiß, dass du Major Drescher bist. Ich weiß genau über dich Bescheid.«
    Sie verschwand kurz in der Küche und kehrte mit einem Metalltablett zurück, auf dem eine Einwegspritze lag. Er wollte schreien, sich widersetzen, sie packen und das Leben aus ihr herausquetschen, doch er konnte es nicht. Er war absolut bewegungsunfähig. Nur zum Blinzeln war er noch imstande. Grauen durchfuhr ihn, Klaustrophobie: eine durch die Erkenntnis, dass er in seinem eigenen Körper gefangen war, erzeugte Panik. Ute stieß ihm die Injektionsnadel nachlässig und grob in den Unterarm. Er spürte, wie die Spitze seine Haut schmerzhaft durchbohrte. Er spürte es, doch er zuckte nicht einmal zusammen.
    »Ja, ich weiß, Major Drescher ... Das war ein kleiner Vorgeschmack. Das Suxamethonium ist kein Narkosemittel und wirkt im Muskelgewebe nur lähmend. Ich verspreche dir, dass du wirklich alles spüren wirst, was ich mit dir anstelle. Es wird in vielen Staaten der USA als Teil der Hinrichtungsinjektion verwendet und ist äußerst umstritten. Annahmen zufolge sind sehr viele zum Tode verurteilte Gefangene unter unerträglichen Qualen gestorben, weil der Narkosebestandteil nicht gewirkt hat. Aber da die Häftlinge durch das Suxamethonium völlig bewegungsunfähig waren, ließ sich nicht erkennen, dass sie schreckliche Schmerzen litten. Als würden sie auf dem Scheiterhaufen verbrannt, aber von innen nach außen. Wie gesagt, du kennst dich mit alledem aus, stimmt's? Hast du es nicht auch deinen Mädchen beigebracht? Meintest du etwa sie, als du von deinen drei Nichten gesprochen hast?«
    Woher wusste sie, dass er in Wirklichkeit Drescher hieß? Er hatte seine Spuren doch sorgsam verwischt. Nur ein Profi – ein Spitzenprofi – konnte sie entdecken. Wer war sie? Wo war er ihr schon einmal begegnet?
    Seine Gedanken überschlugen sich, und sein Herz hämmerte. Am meisten erschreckte ihn, dass Ute immer wieder aus seinem Blickfeld verschwand. Da er den Kopf nicht rühren konnte, war er nicht in der Lage, ihren Bewegungen mit den Augen zu folgen. Sein Kopf war zurückgekippt, und er nahm nur das wahr, was sich unmittelbar vor ihm befand. Einen Moment lang tauchte Ute wieder auf. Er bemerkte etwas Glänzendes, das wie eine dicke Rolle aus strapazierfähigem blauen Kunststoff aussah. Sie beugte sich nieder und wurde erneut unsichtbar, doch er vermutete, dass sie den Kunststoff auf dem Fußboden vor dem Sofa entrollte.
    Sie trat hinter ihn, schob die Arme unter seine Achselgruben und zerrte ihn vom Sofa. Er rollte vom Rand hinunter, und sein Gesicht krachte auf den mit Plastik bedeckten Parkettboden. Er lag vornüber auf dem Kunststoff und hörte, wie sein Atem durch seine blutende, zertrümmerte Nase zischte und blubberte. Sie drehte seinen Kopf zur Seite, sodass er mit der Wange auf dem Boden lag. Er sah zum Sofa hin und konnte beobachten, wie ein Ohrring, der sich offenbar aus dem Ohrläppchen von Ute Cranz gelöst hatte, aus seinem Blickfeld trudelte. Es kam ihm surreal vor, dass dies eines der letzten Dinge war, die er je sehen würde: ein vergessener Ohrring unter einem Sofa. Wahrscheinlich würde sie ihn finden, wenn sie nach seiner Ermordung aufräumte.
    Sie drehte ihn auf den Rücken und zog ihn durch das Wohnzimmer in die Küche. Drescher nahm zwar nicht den ganzen Raum wahr, aber er konnte sich nun recht gut vorstellen, was mit ihm geschehen würde. Fast alle Gegenstände in der Küche waren mit dem gleichen blauen Kunststoff abgedeckt worden, um sie vor Blutspritzern und anderen Körperflüssigkeiten zu schützen. Es würden keine Spuren zurückbleiben. Und während es geschah, würde man keine Schreie hören. Kein Kreischen unter Höllenqualen, das die Nachbarn alarmieren konnte. Dreschers Schreie würden nur in den Grenzen seines eigenen Schädels widerhallen.
    Sie beugte sich zu ihm und näherte ihr Gesicht dem seinen. »Ich wäre für dich keine gute

Weitere Kostenlose Bücher