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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Þráinn Bertelsson
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Zeugin, die den Mörder wiedererkennen könnte.«
    »Wer ist diese Zeugin?«, fragte Elín.
    »Eine Frau aus dem Nachbarhaus. Sie heißt Bára Thomsen – Frau Bára Thomsen.«
40
Phantombild
    Als es so weit war, weigerte sich Frau Bára Thomsen strikt, mit Guðrún auf die Wache zu kommen, um dort ein Computerbild des Mannes anfertigen zu lassen, den sie mit Freyja Hilmarsdóttir zum Auto gehen sehen hatte.
    »Ehrenhafte Leute haben auf der Polizeiwache nichts zu suchen«, sagte Frau Bára. »Ich möchte nicht, dass sich herumspricht, dass ich wie eine Verbrecherin in Polizeibegleitung abgeführt worden bin. Wenn mein Rechtsanwalt nicht schon tot wäre, würde ich ihn jetzt anrufen.«
    »Wir würden dich nie zu etwas zwingen, das du nicht möchtest«, sagte Guðrún. »Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muss der Prophet wohl zum Berge kommen. Wir werden den Computerspezialisten zu dir nach Hause bestellen, wäre das in Ordnung?«
    »Ich schaue mal in meinem Kalender nach, wann ich Zeit habe«, antwortete Frau Bára. »Heute spiele ich Bridge und ich glaube, morgen bin ich auch beschäftigt; da habe ich einen Friseurtermin.«
    Es dauerte eine Weile, bis sie den Kalender gefunden hatte, und auch ihre Brille tauchte nach einigem Suchen auf.
    Es stellte sich heraus, dass der Friseurtermin erst am Ende der Woche war. Weitere Termine, außer einmal wöchentlich nachmittags um 15 Uhr Bridge, waren nicht vergeben.
    »Das passt ja ausgezeichnet«, sagte Guðrún. »Darf ich morgen früh um halb zehn mit dem Computermann kommen?«
    »Wenn ich Gäste empfange, brauche ich immer etwas Zeit, um mich vorzubereiten«, entgegnete Frau Bára.
    Es dauerte eine Weile, der alten Dame zu erklären, dass niemand von ihr Kaffee und Kuchen für den Computerspezialisten erwartete.
    »Wie steckt dieser Mann denn das, was ich gesehen habe, in den Computer?«, fragte Frau Bára. »Ich lasse mich nicht an ein elektrisches Kabel anschließen.«
    »Das brauchst du auch nicht. Du wirst nicht an den Computer angeschlossen. Der Computerfachmann entwickelt nach deinen Angaben ein Bild. Du musst nur den Mann beschreiben, den du gesehen hast.«
    »Aber das habe ich doch schon. Warum reicht das nicht?«
    »Weil du auf dem Computerbildschirm prüfen kannst, ob das Bild mit dem, was du gesehen hast, übereinstimmt.«
    »Na gut«, sagte Frau Bára Thomsen. »Erstaunlich, wie die Technik voranschreitet, wenn man schon das, was man sieht, in einen Computer stecken kann.«
     
    Guðrún teilte Víkingur mit, das Phantombild sei erst morgen fertig, da Frau Bára Thomsen mit Bridgespielen beschäftigt sei.
    »Ist das denn so wichtig?«
    »Ja. Für sie schon.«
    »Hättest du sie nicht dazu bringen können, es zu verschieben?«
    »Nein, das habe ich nicht übers Herz gebracht. Sie hat nicht viel Abwechslung.«
    »Glaubst du, dass uns dieses Phantombild nützt?«
    »Schwer zu sagen. Vielleicht erinnert sie sich ja an irgendein Detail; etwas, das uns helfen könnte. Vielleicht kommt aber auch nichts dabei heraus.«
    »Bridge«, sagte Víkingur. »Ist sie geistig denn noch so weit auf der Höhe, dass sie Bridge spielen kann?«
    »Die Dame ist völlig klar im Kopf«, antwortete Guðrún. »Im ersten Moment wirkt sie etwas weltfremd, aber sobald man anfängt, sich mit ihr zu unterhalten, merkt man, dass sie geistig absolut fit ist. Ich hab das schön öfter bei alten Menschen festgestellt. Sie wirken manchmal völlig gaga, sind aber ganz auf der Höhe, wenn man sich etwas Zeit nimmt.«
    »Das trifft wohl nicht nur auf alte Menschen zu.«
    »Ja«, sagte Guðrún. »Und umgekehrt.«
    »Wie meinst du das?«
    »Man trifft genauso oft Leute, die ganz ausgeglichen wirken, und wenn man sich mit ihnen unterhält, merkt man, dass sie vollkommen gestört sind.«
    War das jetzt als Spitze gegen mich gedacht?, überlegte Víkingur. Oder habe ich jetzt zu allem Überfluss auch noch Verfolgungswahn?
     
    Die Unterredung mit der Landespolizeichefin ging Víkingur den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf.
     
    Warum hatte sie ihn treffen wollen? Warum ausgerechnet jetzt?
    Er hatte das Gefühl, dass Elín nicht alles gesagt hatte, was sie eigentlich hatte sagen wollen. So als hätte sie die Fühler ausgestreckt, angetestet, ob sie ihm etwas anvertrauen konnte.
    Womit konnte das zu tun haben? Etwa mit der Sicherheitsabteilung? Vielleicht versuchte sie nur, ein gutes Verhältnis zu ihm aufzubauen, um einem übermäßigen Misstrauen zwischen den beiden Behörden entgegenzuwirken?

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