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Walkueren

Walkueren

Titel: Walkueren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Þráinn Bertelsson
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nicht persönlich mir ihr gesprochen, sondern einen Mitarbeiter beauftragt, das Geschäft abzuwickeln. Ich hatte befürchtet, sie würde sich nur aufregen, wenn sie mich sähe. Ich bin nicht unbedingt das, was man einen ›sensiblen Mann‹ nennt.«
    »Welcher Mitarbeiter war das?«
    »Das weiß ich nicht mehr«, antwortete Magnús. »Ich hab keine Ahnung, wie er heißt. Bei mir arbeiten über 20000 Leute, also sieh es mir bitte nach, dass ich nicht jeden mit Namen kenne.«
    »Du hast ja wohl kaum aufs Geratewohl irgendeinen Angestellten als Mittelsmann ausgewählt?«
    »Ich versuche, so wenig wie möglich aufs Geratewohl zu tun.«
    »Freyja hat also das Angebot, dir das Manuskript zu verkaufen und es nicht zu veröffentlichen, abgelehnt?«
    »Ja.«
    »Was hast du daraufhin gemacht?«
    »Nichts.«
    »Du wolltest also untätig darauf warten, dass das Buch herauskommt?«
    »Ja.«
    »Und du wolltest es zulassen, dass damit dein Privatleben öffentlich gemacht und an den Pranger gestellt wird?«
    »Ich beantworte keine Fragen darüber, was ich möglicherweise irgendwann mal vorhatte zu tun.«
    »Ist dir klar, dass die Tatsache, dass Freyja – die nach deiner eigenen Aussage deinem Anliegen nicht nachkommen wollte – tot aufgefunden wurde, gewisse Spekulationen weckt?«
    »Ja«, antwortete Magnús. »Es ist euer Job, das aufzuklären. Ich habe nichts damit zu tun. Brauche ich einen Rechtsanwalt, um in meinem eigenen Büro in Ruhe arbeiten zu können?«
    »Nein«, sagte Dagný. »Wir werden dich nicht länger stören.«
    »Vorläufig«, fügte Karl hinzu, der sich bei diesem Gespräch irgendwie ausgegrenzt fühlte.
42
Depression
    »Du hast heute Morgen das Fitnessstudio geschwänzt.« Der Kopf des Psychologen Hinrik Pálsson erschien in der Türöffnung von Víkingurs Büro.
    »Komm rein und setz dich«, sagte Víkingur, froh, seinen Freund zu sehen. »Ich hab letzte Nacht gearbeitet. Du bist bestimmt nur Psychologe geworden, weil die nachts so selten zu Patienten gerufen werden.«
    »Wenn ich meine Nachtruhe im Sinn gehabt hätte, wäre ich Hautarzt geworden«, sagte Hinrik. »Die werden nie nachts oder am Wochenende gerufen. Wer anruft und behauptet, er halte es vor Schmerzen nicht mehr aus, dem geben sie einen Termin in drei Wochen und raten ihm, sich bis dahin nicht zu kratzen. War wohl ganz schön was los letzte Nacht, oder?«
    »Ja, einiges«, antwortete Víkingur und fasste die Ereignisse der letzten Nacht grob zusammen.
    »Wäre interessant gewesen, mit diesem Guttormur zu reden. Ich kann mich nicht dran erinnern, dass sich hierzulande schon mal jemand mit Benzin übergossen und angezündet hat. Ich hab mich allerdings mit einem anderen sehr speziellen Typen unterhalten, Sveinbjörn Ragnarsson, der sich seiner Frau am Ertränkungspfuhl entledigt hat.«
    »Und wie lief’s?«
    »Ganz gut. Allerdings hat er sich geweigert, mit mir zu sprechen, und einen sehr interessanten Standpunkt vertreten.«
    »Welchen denn?«
    »Sveinbjörn willigt nur in eine psychologische Untersuchung ein, wenn er sich in demselben Zustand befindet, in dem die Tat vollzogen wurde, also unter Drogen- und Alkoholeinfluss. Er hält es für unnütz, mit ihm zu sprechen oder ihn zu analysieren, wenn er nüchtern ist. Ein Standpunkt, den der Gesetzgeber meiner Meinung nach durchaus berücksichtigen sollte.«
    »Und was wirst du tun? Ihn abfüllen?«
    »Nein, ich finde ihn nüchtern schon anstrengend genug. Er ist unerhört dreist. Betrachtet sich als den Mittelpunkt der Welt und beurteilt alle Dinge aus diesem Blickwinkel. Ich verstehe nicht, wie eine Frau mit einem solchen Scheusal überhaupt eine Beziehung eingehen kann.«
    »Tja. Wer heutzutage einen Ehepartner oder Lebensgefährten sucht, lässt sich keine Zeit mehr zum Kennenlernen, sondern geht mit einem völlig fremden Menschen ins Bett. Leute, die nie auf die Idee kommen würden, sich im Suff Klamotten oder einen Gebrauchtwagen zu kaufen, sind stockbetrunken in schummrigen Nachtlokalen auf der Suche nach einem Lebenspartner.«
    »Mein Job wäre jedenfalls leichter, wenn der Charakter der Leute sichtbar wäre«, meinte Hinrik.
    »Meiner auch«, entgegnete Víkingur. »Überleg dir mal, welche Vorteile das hätte.«
    »In den Lokalen, wo Sveinbjörn auf Frauensuche war, muss es jedenfalls sehr dunkel gewesen sein«, sagte Hinrik. »Aber wie geht’s dir eigentlich?«
    »Mach mal die Tür zu«, sagte Víkingur. »Falls das ein vertrauliches Gespräch sein soll, schließen wir die lieber. Ich

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