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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Stahltür sah genauso aus, wie Baiba Liepa sie beschrieben hatte. Er öffnete sie vorsichtig und spürte, wie ihm der kalte Nachtwind entgegenschlug. Er tastete sich an der Rampe entlang und war bald draußen, an der Rückseite des Hotels.
    Die Gasse wurde nur von wenigen Lampen erleuchtet. Er schloß die Tür hinter sich und tauchte in die Schatten ein. Der einzige Mensch auf der Straße war ein alter Mann, der mit seinem Hund spazierenging. Regungslos stand er in der Dunkelheit und wartete. Niemand kam. Der Mann wartete geduldig, während der Hund das Bein an einer Mülltonne hob. Als die beiden an Wallander vorbeigingen, flüsterte der alte Mann, Wallander solle ihm folgen, sobald er um die Straßenecke verschwunden war. Irgendwo in der Ferne ratterte eine Straßenbahn vorbei, und Wallander wartete. Er zog die Wollmütze tiefer ins Gesicht. Es hatte aufgehört zu schneien und war wieder kälter geworden. Der Mann verschwand um die Straßenecke, und Wallander ging langsam in dieselbe Richtung. Als er um die Ecke bog, kam er in eine andere Gasse. Der Mann mit dem Hund war verschwunden. Neben ihm wurde lautlos eine Autotür geöffnet.
Herr Eckers
, sagte eine Stimme aus der Dunkelheit des Wagens.
Wir müssen sofort losfahren.
Als er auf den Rücksitz kletterte, fuhr ihm der Gedanke durch den Kopf, daß er einen riesigen Fehler beging. Er erinnerte sich an das unbehagliche Gefühl, als er am Morgen in einem anderen Auto gesessen hatte, mit Sergeant Zids am Steuer. Er erinnerte sich an seine Angst.
    Nun war sie zurückgekehrt.

|147| 9
    Der strenge Geruch feuchter Wolle.
    So würde sich Kurt Wallander an seine Autofahrt durch Riga in jener Nacht erinnern. Er hatte sich geduckt und auf den Rücksitz gesetzt, und noch bevor sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnen konnten, hatten unbekannte Hände ihm hastig eine Kapuze über den Kopf gezogen. Sie hatte nach Wolle gerochen, und als ihm allmählich der Schweiß aus den Poren drang, hatte seine Haut angefangen zu jucken. Aber seine Angst, das beklemmende Gefühl, daß etwas nicht stimmte, ganz und gar nicht stimmte, war wie weggeblasen, als er auf dem Rücksitz lag. Eine Stimme, von der er annahm, daß sie zu den Händen gehörte, die ihm die Kapuze über den Kopf gezogen hatten, redete beruhigend auf ihn ein.
We are no terrorists. We just have to be cautious.
Er hatte die Stimme des Anrufers wiedererkannt, die Stimme, die nach
Herrn Eckers
gefragt hatte, um sich dann dafür zu entschuldigen, sich verwählt zu haben. Die beruhigende Stimme klang überzeugend, und später dachte er, daß die Menschen in den chaotischen und zerfallenden Staaten Osteuropas genau dies lernen mußten. Völlig überzeugend zu wirken, wenn sie beteuerten, daß es nichts Bedrohliches gab, wenn in Wirklichkeit alles bedrohlich war.
    Das Auto war unbequem. Das Motorengeräusch sagte ihm, daß es ein russisches Fabrikat war, vermutlich ein Lada. Er konnte nicht herausfinden, wie viele Menschen sich im Auto befanden, es waren mindestens zwei, denn vor ihm saß jemand, der hustete und fuhr und neben ihm saß der Mann, der beruhigend auf ihn eingeredet hatte. Hin und wieder, wenn |148| eines der Fenster heruntergekurbelt wurde, damit der Zigarettenrauch abziehen konnte, drang ein kalter Luftzug an sein Gesicht. Für einen kurzen Moment meinte er, einen schwachen Parfümgeruch im Auto wahrzunehmen, Baiba Liepas Parfüm, aber im nächsten Moment begriff er, daß dies Einbildung oder vielleicht Wunschdenken war. Es war unmöglich herauszufinden, ob sie langsam oder schnell fuhren. Aber plötzlich veränderte sich der Straßenbelag, und er nahm an, daß sie die Stadt hinter sich gelassen hatten. Von Zeit zu Zeit wurde der Wagen abgebremst und bog ab, einmal fuhren sie durch einen Kreisverkehr. Er versuchte zu schätzen, wie lange sie unterwegs waren, hatte aber bald jedes Zeitgefühl verloren. Endlich endete die Fahrt irgendwo. Der Wagen bog ein letztes Mal ab und rumpelte und holperte, als fahre er querfeldein. Der Fahrer schaltete den Motor ab, die Türen wurden geöffnet, und man half ihm aus dem Wagen.
    Es war kalt, und er meinte den Geruch von Tannen wahrzunehmen. Jemand hielt ihn am Arm, damit er nicht stolperte. Er wurde eine Treppe hinaufgeführt, eine Tür quietschte in den Scharnieren, und er betrat einen Raum, in dem es warm war. Der Geruch von Petroleum schlug ihm entgegen, und plötzlich wurde ihm die Kapuze vom Kopf gezogen. Er erschrak, weil er plötzlich wieder sehen konnte. Der Schock

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