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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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hatte einen bitteren Beigeschmack und war sehr stark. Putnis saß gedankenverloren da und betrachtete den hochsteigenden Rauch.
    »Warum lassen Sie mich überwachen?« fragte Wallander.
    Putnis sah ihn fragend an.
    »Was sagten Sie?«
    Er weiß, wie man sich verstellt, dachte Wallander, die Wut stieg erneut in ihm hoch.
    »Warum lassen Sie mich überwachen? Ich habe natürlich gemerkt, daß Sie einen Beschatter auf mich angesetzt haben. Aber warum ist es notwendig, eine Wanze in meinem Wecker zu verstecken?«
    Putnis sah ihn nachdenklich an.
    »Die Wanze im Wecker kann nur ein bedauerliches Mißverständnis sein«, sagte er. »Einige meiner Untergebenen sind manchmal etwas übereifrig. Daß wir Sie durch einige Polizisten in Zivil beschatten lassen, ist nur zu Ihrer eigenen Sicherheit.«
    »Was könnte denn passieren?«
    »Wir wollen vor allem, daß Ihnen nichts passiert. Bis wir wissen, warum Major Liepa ermordet wurde, legen wir besonders große Vorsicht an den Tag.«
    »Ich kann auf mich selbst aufpassen«, erwiderte Wallander abweisend. »Ich kann gut auf weitere Wanzen verzichten. Falls ich weitere entdecken sollte, kehre ich auf der Stelle nach Schweden zurück.«
    »Es tut mir leid«, entschuldigte sich Putnis. »Ich werde den Verantwortlichen sofort zurechtweisen.«
    |167| »Haben Sie nicht den Befehl gegeben?«
    »Nicht für die Wanze«, antwortete Putnis schnell. »Einer meiner Offiziere muß eigenmächtig eine unglückliche Initiative ergriffen haben.«
    »Die Wanze ist sehr klein«, meinte Wallander. »Sehr modern. Ich nehme an, daß jemand in einem angrenzenden Zimmer gesessen und mitgehört hat?«
    Putnis nickte.
    »Selbstverständlich«, sagte er.
    »Ich dachte, der Kalte Krieg wäre vorbei«, erwiderte Wallander.
    »Eine historische Epoche, die eine andere ersetzt, übernimmt immer Menschen aus der alten Gesellschaft«, antwortete Putnis philosophisch. »Ich fürchte, dies gilt auch für Polizisten.«
    »Erlauben Sie, daß ich ein paar Fragen stelle, die nicht direkt mit der Ermittlung zu tun haben?« fragte Wallander.
    Putnis’ müdes Lächeln kehrte zurück.
    »Selbstverständlich«, sagte er. »Aber ich bin nicht sicher, ob ich zufriedenstellende Antworten geben kann.«
    Wallander dachte flüchtig, daß Putnis’ übertriebene Höflichkeit schlecht in sein Bild eines osteuropäischen Polizisten paßte. Ihm fiel wieder ein, daß ihm Putnis bei ihrem ersten Treffen wie eine Raubkatze vorgekommen war. Ein lächelndes Raubtier, fuhr es ihm durch den Kopf. Ein höflich lächelndes Raubtier.
    »Ich gebe gern zu, daß ich über die Vorgänge in Lettland schlecht informiert bin«, begann er. »Aber ich weiß natürlich, was hier im Herbst passiert ist. Panzer auf den Straßen, Tote im Rinnstein. Der Vormarsch der gefürchteten ›Schwarzen Barette‹. Ich habe die Reste der Barrikaden noch auf den Straßen gesehen. Ich habe Einschußlöcher in den Häuserfassaden gesehen. Viele Menschen sind fest entschlossen, sich von der Sowjetunion zu lösen, endlich die Besatzung aufzuheben, und dieser Wille trifft auf Widerstand.«
    |168| »Über die Richtigkeit dieser Ambitionen herrschen geteilte Meinungen«, erwiderte Putnis zögernd.
    »Auf welcher Seite steht die Polizei in dieser Situation?«
    Putnis sah ihn erstaunt an.
    »Wir versuchen natürlich, die Situation unter Kontrolle zu halten«, antwortete er.
    »Wie hält man Panzer unter Kontrolle?«
    »Ich meine natürlich, wir sorgen dafür, daß die Menschen sich ruhig verhalten, so daß niemand zu Schaden kommt.«
    »Die Panzer müssen doch trotzdem als Urheber der herrschenden Situation betrachtet werden, oder?«
    Bevor er antwortete, drückte Putnis sorgfältig seine Zigarette aus.
    »Sie und ich«, sagte er. »Wir sind beide Polizisten. Wir haben beide das gleiche hehre Ziel, Verbrechen zu bekämpfen und dafür zu sorgen, daß die Menschen sich sicher fühlen. Aber wir arbeiten unter völlig verschiedenen Bedingungen. Das prägt natürlich unsere Arbeit.«
    »Sie sagten, daß geteilte Meinungen herrschen? Das muß doch logischerweise auch für die Polizisten gelten?«
    »Ich weiß, daß Polizisten im Westen als unpolitische Beamte betrachtet werden. Es ist nicht Aufgabe der Polizei, zu der herrschenden Regierung Stellung zu beziehen. Im Prinzip gilt dies auch bei uns.«
    »Aber hier gibt es doch nur eine Partei?«
    »Jetzt nicht mehr. In den letzten Jahren sind neue politische Organisationen herangewachsen.«
    Wallander mußte einsehen, daß Putnis es die

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