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Wallander 02 - Hunde von Riga

Wallander 02 - Hunde von Riga

Titel: Wallander 02 - Hunde von Riga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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die Voruntersuchung abgeschlossen, nachdem Lettland übernommen hat. Es gibt nichts Neues.«
    »Hat es geschneit?«
    Björks Antwort hörte Wallander nicht mehr. Die Verbindung wurde so abrupt getrennt, als hätte jemand die Leitung durchschnitten. Wallander legte den Hörer auf und dachte, daß er versuchen sollte, seinen Vater anzurufen. Er hatte auch die Ansichtskarten noch nicht eingeworfen. Ob er ein paar Souvenirs in Riga kaufen sollte? Was war denn eigentlich ein typisches Mitbringsel aus Lettland?
    Ein vages Gefühl von Heimweh lenkte ihn einen kurzen Moment ab. Aber dann trank er seinen kaltgewordenen Kaffee aus und beugte sich aufs neue über seine Aufzeichnungen. Nach einer halben Stunde lehnte er sich in dem knarrenden Schreibtischstuhl zurück und streckte sich. Endlich begann die Müdigkeit zu weichen. Als erstes muß ich mit Baiba Liepa reden, dachte er. Bis ich das getan habe, kann ich nur Vermutungen anstellen. Sie muß etwas wissen, was von entscheidender Bedeutung ist. Ich muß herausbekommen, welche Absicht Upitis letzte Nacht mit seinem Verhör verfolgte. Was er hoffte, von mir zu erfahren, oder fürchtete zu hören.
    Er schrieb ihren Namen auf einen Zettel und malte einen |172| Kreis um die Buchstaben. Hinter den Namen setzte er ein Ausrufezeichen. Dann notierte er Murniers’ Namen mit einem Fragezeichen. Er sammelte seine Aufzeichnungen ein, stand auf und trat auf den Flur hinaus. Als er an Murniers’ Tür klopfte, hörte er ein Grunzen aus dem Zimmer. Er ging hinein und sah, daß Murniers telefonierte. Der Oberst winkte ihn zu sich und zeigte auf einen der unbequemen Besucherstühle. Wallander setzte sich und wartete. Er lauschte Murniers’ Stimme. Es war ein erregtes Gespräch. Die Stimme des Obersten steigerte sich von Zeit zu Zeit zu einem Brüllen. Wallander sah, daß in dem aufgedunsenen und verbrauchten Körper viel Kraft steckte. Er verstand kein Wort. Aber plötzlich wurde ihm klar, daß Murniers nicht Lettisch sprach. Die Sprachmelodie war anders. Er brauchte noch eine Weile, ehe er begriff, daß Murniers Russisch sprach. Der Oberst beendete das Gespräch mit einer Wortsalve, die wie ein bedrohlicher Befehl klang. Danach knallte er den Hörer auf die Gabel.
    »Idioten«, murmelte er und trocknete sich mit einem Taschentuch das Gesicht ab. Daraufhin wandte er sich Wallander zu, nun wieder ruhig und beherrscht, und lächelte.
    »Es gibt immer Probleme, wenn Untergebene nicht das tun, was sie sollen. Ist das in Schweden auch so?«
    »Oft«, antwortete Wallander höflich.
    Er betrachtete den Mann auf der anderen Seite des Schreibtisches. Konnte er Major Liepa ermordet haben? Natürlich konnte er das, gab Wallander sich selbst die Antwort. Die Erfahrung, die er in seinen vielen Jahren als Polizist gesammelt hatte, erlaubte ihm eine eindeutige Antwort. Es gab keine Mörder, es gab nur Menschen, die einen Mord begingen.
    »Ich dachte mir, daß wir das Material noch einmal durchsehen sollten«, sagte Murniers. »Ich bin überzeugt, daß der Mann, den Oberst Putnis gerade verhört, irgendwie in das Ganze verwickelt ist. Vielleicht können wir in der Zwischenzeit neue Anhaltspunkte in den Berichten entdecken?«
    |173| Wallander faßte blitzschnell den Entschluß, in die Offensive zu gehen.
    »Ich habe den Eindruck, daß die Untersuchung des Tatorts unzulänglich durchgeführt worden ist«, sagte er.
    Murniers hob die Augenbrauen.
    »Inwiefern?«
    »Als Sergeant Zids mir den Bericht übersetzte, kamen mir verschiedene Dinge merkwürdig vor. Erstens hat man sich anscheinend überhaupt nicht darum gekümmert, den Kai zu untersuchen.«
    »Was hätte man dort finden sollen?«
    »Reifenspuren zum Beispiel. Major Liepa ist in jener Nacht sicher nicht zu Fuß zum Hafen hinausgegangen.«
    Wallander wartete auf einen Kommentar von Murniers. Da der Oberst nichts sagte, fuhr er fort:
    »Man scheint auch nicht nach einer Mordwaffe gesucht zu haben. Überhaupt scheint mir der Fundort nicht der Tatort zu sein. In dem von Sergeant Zids übersetzten Bericht wurde lediglich festgestellt, daß der Fundort und der Tatort identisch sind. Einleuchtende Argumente für diese Behauptung gibt es nicht. Aber das Sonderbarste ist die Tatsache, daß keine Zeugen verhört wurden.«
    »Es gab keine Zeugen«, erwiderte Murniers.
    »Woher wissen Sie das?«
    »Wir haben mit den Leuten, die nachts den Hafen bewachen, gesprochen. Niemand hat etwas gesehen. Außerdem ist Riga eine Stadt, die nachts schläft.«
    »Ich denke

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