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Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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gern.« Wallander nickte.
    Sie trat an das Bücherregal an der einen langen Wand. Aus einer Porzellanschale nahm sie eine Karte und reichte sie ihm. »Finnland muß wunderschön sein. Leider bin ich nie dort gewesen. Und Sie?«
    Wallander starrte verständnislos auf die Ansichtskarte. Sie zeigte eine Seenlandschaft in der Abendsonne. »Ja«, sagte er langsam. »Ich bin schon in Finnland gewesen. Sie haben ganz recht, es ist ein sehr schönes Land.«
    »Bitte entschuldigen Sie, daß ich mich so gehenließ. Aber die Karte kam am selben Tag, an dem ich ihn tot aufgefunden habe.«
    |54| Wallander nickte zerstreut.
    Es gab mehr Fragen an Berta Dunér, als er geahnt hatte. Aber gleichzeitig wurde ihm klar, daß es zu früh war, sie zu stellen. Seiner Sekretärin hatte Sten Torstensson also gesagt, er würde nach Finnland reisen. Eine Ansichtskarte war von dort gekommen, wie ein rätselhafter Beweis. Aber wer hatte sie geschickt, wenn sich Sten Torstensson doch gleichzeitig auf Jütland befand?
    »Ich muß diese Karte für die Ermittlungen einige Tage behalten«, sagte er. »Aber ich verspreche Ihnen persönlich, daß Sie sie zurückbekommen.«
    »Ich verstehe.«
    »Eine letzte Frage noch, bevor ich gehe. Haben Sie in der letzten Zeit, bevor er starb, etwas Ungewöhnliches bemerkt?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Hat er sich auffällig verhalten?«
    »Der Tod seines Vaters hat ihn natürlich sehr mitgenommen.«
    »Sonst nichts?«
    Wallander hörte selbst, wie wenig sensibel die Frage klang. Trotzdem wartete er auf ihre Antwort.
    »Nein, er war wie immer.«
    Wallander erhob sich von dem Rohrstuhl. »Ich muß bestimmt noch einmal mit Ihnen reden«, sagte er.
    Sie blieb auf dem Sofa sitzen. »Wer kann etwas so Gräßliches tun?« fragte sie. »Hineingehen, einen Mann umbringen und dann einfach wieder hinausspazieren, als sei nichts geschehen?«
    »Das müssen wir herausfinden. Wissen Sie, ob er Feinde hatte?«
    »Ich wüßte nicht, warum.«
    Wallander zögerte einen Augenblick, dann stellte er noch eine Frage. »Was, glauben Sie, ist im einzelnen geschehen?«
    Sie stand auf, bevor sie antwortete. »Früher konnte man selbst das verstehen, was unbegreiflich erschien. Aber heute nicht mehr. Nicht einmal das ist mehr möglich in unserem Land.«
    |55| Wallander zog seine Jacke an, die noch schwer war von der Feuchtigkeit. Draußen auf der Straße blieb er stehen. Ihm fiel der Spruch ein, den er sich in seiner Jugend gemerkt hatte, am Beginn seiner Arbeit als Polizist.
    Leben und Tod, alles hat seine Zeit.
    Er dachte auch an den letzten Satz, den Berta Dunér eben gesagt hatte. Es war etwas Wichtiges über Schweden. Etwas, worauf er zurückkommen sollte. Aber für den Augenblick verdrängte er ihre Worte.
    Ich muß versuchen, die Gedanken der Toten zu verstehen. Eine Ansichtskarte aus Finnland, abgestempelt an einem Tag, an dem Sten Torstensson mit mir im Kunstmuseum von Skagen Kaffee getrunken hat, bedeutet, daß er nicht die Wahrheit gesagt hat. Jedenfalls nicht die ganze. Ein Mensch kann nicht lügen, ohne selbst davon zu wissen.
    Er setzte sich ins Auto und überlegte, was er tun sollte. Eigentlich hatte er Lust, in seine Wohnung in der Mariagata zu fahren, sich ins Schlafzimmer zu legen und die Gardinen vorzuziehen. Als Polizist hatte er allerdings an anderes zu denken.
    Er sah auf seine Armbanduhr. Viertel vor zwei. Spätestens um vier mußte er wieder im Präsidium sein, um an der Nachmittagsbesprechung der Ermittlungsgruppe teilzunehmen. Nach kurzem Zögern startete er den Wagen, bog in die Hamngata und hielt sich dann links, um wieder auf den Österled zu gelangen. Dann folgte er dem Malmöväg bis zur Abzweigung nach Bjäresjö. Der Nieselregen hatte aufgehört, es herrschte ein böiger Wind. Nach einigen Kilometern verließ er die Hauptstraße und hielt vor einem eingezäunten Gelände. Ein rostiges Schild besagte, daß es sich um Niklassons Schrottplatz handelte. Das Tor stand offen, und er fuhr zwischen aufgestapelten Autowracks hindurch. Er fragte sich, wie oft er in seinem Leben schon auf diesem Schrottplatz gewesen war. Niklasson war unzählige Male wegen Hehlerei verdächtigt und angeklagt worden. Bei der Polizei von Ystad genoß er einen legendären Ruf, weil er niemals verurteilt worden war, obwohl es oft lückenlose Beweise gegeben hatte. Doch schließlich war immer eine unsichtbare Nadel aufgetaucht und hatte die Anklage |56| wie einen Luftballon zum Platzen gebracht. So konnte Niklasson jedesmal in seine beiden

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