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Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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zusammengeschweißten Wohnwagen zurückkehren, die ihm als Wohnung und Büro dienten.
    Wallander stellte den Motor ab und stieg aus dem Wagen. Eine schmutzige Katze saß auf der rostigen Karosserie eines alten Peugeot und beobachtete ihn. Im selben Augenblick sah er Niklasson, der hinter einem Reifenstapel hervorkam. Er trug einen dunklen Kittel und hatte den speckigen Hut fest über die langen Haare gezogen. Wallander konnte sich nicht erinnern, ihn je in anderen Sachen gesehen zu haben.
    »Kurt Wallander«, sagte Niklasson und lächelte. »Lange nicht gesehen. Willst du mich abholen?«
    »Sollte ich?« fragte Wallander.
    Niklasson lachte. »Das mußt du selbst am besten wissen.«
    »Du hast einen Wagen hier, den ich mir ansehen möchte«, sagte Wallander. »Einen dunkelblauen Opel, der dem Anwalt Gustaf Torstensson gehört hat.«
    »Ach der«, winkte Niklasson ab und setzte sich in Bewegung. »Der steht hier hinten. Warum willst du dir den ansehen?«
    »Weil bei dem Unfall ein Mensch darin gestorben ist.«
    »Die Leute fahren wie die Verrückten«, sagte Niklasson. »Mich wundert nur, daß sich nicht noch mehr totfahren. Hier ist er. Ich habe ihn noch nicht ausgeschlachtet; er ist noch so, wie er angeliefert wurde.«
    Wallander nickte. »Ich komme allein klar.«
    »Sicher doch«, sagte Niklasson. »Ich habe mich übrigens immer gefragt, was das für ein Gefühl ist, einen Menschen zu töten.«
    Die Bemerkung kam überraschend.
    »Es ist ein gräßliches Gefühl«, murmelte Wallander. »Was dachtest du?«
    Niklasson zuckte die Schultern. »Nichts. Hat mich nur mal so interessiert.«
    Als Wallander allein war, ging er zweimal um den Unfallwagen herum. Er wunderte sich, daß der Opel äußerlich fast unversehrt |57| wirkte, obwohl er doch über den befestigten Fahrbahnrand auf den Acker gerast war und sich dann überschlagen hatte. Er hockte sich hin und betrachtete den Fahrersitz. Sofort wurde seine Aufmerksamkeit durch die Autoschlüssel gefesselt, die vor dem Gaspedal auf der Bodenmatte lagen. Mit einiger Mühe gelang es ihm, die Tür zu öffnen. Er nahm das Bund und steckte den Zündschlüssel ins Schloß. Sten Torstensson hatte völlig recht gehabt. Weder Schlüssel noch Zündschloß waren beschädigt. Nachdenklich ging er noch einmal um den Wagen herum. Dann kroch er hinein und versuchte sich vorzustellen, wogegen Gustaf Torstensson mit dem Nacken geschlagen sein könnte. Er prüfte alle Möglichkeiten, kam jedoch zu keinem Ergebnis. Obwohl es an verschiedenen Stellen eingetrocknete Blutflecken gab, konnte er die Stelle nicht finden, wo der Hinterkopf aufgeprallt war.
    Mit den Schlüsseln in der Hand stieg er aus dem Auto. Ohne richtig zu wissen, warum, öffnete er den Kofferraum. Darin lagen ein paar alte Zeitungen und ein zerbrochener Holzstuhl. Sofort erinnerte er sich an das Stuhlbein, das er auf dem Acker gefunden hatte. Er nahm eine Zeitung und las das Datum. Sie war über ein halbes Jahr alt. Dann ließ er die Heckklappe wieder zufallen.
    Jetzt erst wurde ihm klar, daß er etwas entdeckt hatte.
    Er erinnerte sich genau an Martinssons Bericht. Darin hieß es eindeutig, daß alle Türen außer der Fahrertür verriegelt gewesen waren, ebenso der Kofferraum.
    Wallander stand wie versteinert.
    Ein kaputter Stuhl liegt in einem verschlossenen Kofferraum, ein Stuhlbein draußen im Lehm. Drinnen im Auto sitzt ein toter Mann.
    Seine erste Reaktion war Wut über die schlampige Untersuchung und die oberflächliche Schlußfolgerung. Dann fiel ihm ein, daß nicht einmal Sten Torstensson das Stuhlbein gesehen und eine Beziehung zu der verschlossenen Heckklappe hergestellt hatte.
    Langsam ging er zu seinem Wagen zurück.
    Sten Torstensson hatte also recht gehabt. Sein Vater war |58| nicht durch einen Autounfall ums Leben gekommen. Auch wenn er noch nicht ahnen konnte, was es war, so wußte er doch, daß an jenem Abend etwas geschehen war, im Nebel, auf der abgelegenen Straße. Mindestens eine weitere Person mußte dort gewesen sein. Aber wer?
    Niklasson kam aus seinem Wohnwagen. »Willst du Kaffee?« fragte er.
    Wallander schüttelte den Kopf. »Rühr den Wagen nicht an. Wir müssen ihn noch einmal untersuchen.«
    »Sei bloß vorsichtig«, sagte Niklasson.
    Wallander runzelte die Stirn. »Warum?«
    »Dieser Sohn, wie hieß er doch gleich? Sten Torstensson? Er war auch hier und hat sich den Opel angesehen. Und nun ist er tot. Das meine ich. Weiter nichts.«
    Niklasson zuckte die Schultern und wiederholte: »Nur das.

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