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Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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gibt es Computer?«
    |94| »Dann möchte ich gern einen Ausdruck über den Abend des 11.   Oktober.«
    »Um den mußt du oben im Schloß bitten. Ich darf so etwas nicht herausgeben.«
    »Aber du darfst dich vielleicht erinnern.«
    »Ich weiß, daß er an jenem Abend hier war. Aber ich erinnere mich nicht, wann er kam und wieder abfuhr.«
    »War er allein im Wagen?«
    »Das kann ich nicht beantworten.«
    »Weil du nicht darfst?«
    Ström nickte.
    »Ich habe manchmal daran gedacht, zu einer privaten Wachgesellschaft zu wechseln«, sagte Wallander. »Aber ich glaube, ich könnte mich schwer daran gewöhnen, nicht auf Fragen antworten zu dürfen.«
    »Alles hat seinen Preis.«
    Da muß ich ihm recht geben, dachte Wallander. Er sah Ström einen Augenblick prüfend an. »Alfred Harderberg, wie ist er so als Mensch?«
    Ströms Antwort überraschte ihn. »Ich weiß nicht.«
    »Du mußt doch eine Meinung haben. Oder darfst du auch darauf nicht antworten?«
    »Ich habe ihn nicht kennengelernt.«
    Wallander spürte, daß er die Wahrheit sagte.
    »Wie lange arbeitest du jetzt für ihn?«
    »Fast fünf Jahre.«
    »Und du hast ihn noch nie gesehen?«
    »Nein.«
    »Und am Tor, wenn er das Gelände verläßt?«
    »Die Scheiben seines Wagens sind dunkel getönt.«
    »Ich nehme an, das gehört zum Sicherheitssystem.«
    Ström nickte.
    Wallander dachte nach. »Mit anderen Worten: Du weißt nie ganz genau, ob er hier ist oder nicht. Du weißt nie, ob er wirklich drin sitzt, wenn der Wagen das Tor passiert?«
    »Die Sicherheit erfordert es.«
    Wallander ging zum Auto zurück; Ström verschwand hinter |95| der Stahltür. Kurz darauf öffnete sich lautlos das Tor. Wallander hatte den Eindruck, in eine andere Welt zu geraten.
    Nach etwa einem Kilometer lichtete sich der Wald. Das Schloß lag auf einem Hügel, von einem weitläufigen, gepflegten Park umgeben. Das große Haupthaus war, ebenso wie die freistehenden Nebengebäude, aus dunkelroten Ziegeln errichtet. Es war ein richtiges Schloß, mit einem Turm und Zinnen, mit Balustraden und Balkons. Die Illusion einer Märchenwelt wurde einzig und allein durch einen Helikopter gestört, der auf einer Betonplatte stand. Die Maschine wirkte auf Wallander wie ein großes Insekt, das mit gefalteten Flügeln ruhte, jedoch jederzeit zum Leben erwachen konnte.
    Langsam fuhr er auf den Haupteingang zu. Auf dem Weg stolzierten Pfauen würdevoll umher. Wallander parkte hinter einem schwarzen BMW und stieg aus. Rundum war alles still. Die Ruhe erinnerte ihn an den Vortag, als er den Kiesweg zu Gustaf Torstenssons Villa hinaufgegangen war. Vielleicht ist gerade die Stille charakteristisch für die Umgebung wohlhabender Menschen, dachte er. Kein Orchester, keine Fanfaren, sondern Ruhe und Schweigen.
    Im selben Moment öffnete sich eine Hälfte der Doppeltür des Haupteingangs. Eine Frau in den Dreißigern, geschmackvoll und, wie Wallander vermutete, teuer gekleidet, zeigte sich auf der Treppe. »Bitte, kommen sie herauf«, sagte sie und verzog den Mund zu einem flüchtigen Lächeln, das zwar korrekt war, jedoch vor allem kalt und distanziert wirkte.
    »Ob ich mich in Ihren Augen ausreichend legitimieren kann, weiß ich nicht«, sagte Wallander. »Ström, der Wachmann, hat mich aber wiedererkannt.«
    »Ich weiß«, entgegnete sie.
    Es war nicht die Frau, mit der er vom Café aus telefoniert hatte. Er stieg die Steintreppe hinauf und wollte ihr zur Begrüßung die Hand reichen, doch sie wandte sich nur lächelnd ab, so daß ihm nichts weiter übrigblieb, als ihr zu folgen. Sie durchquerten eine weite Empfangshalle. Auf Steinsockeln standen, von unsichtbaren Lichtquellen angestrahlt, moderne Skulpturen. Im Hintergrund, an der breiten Treppe, die ins Obergeschoß |96| führte, meinte Wallander im Schatten zwei Männer gesehen zu haben, deren Gesichter jedoch verborgen blieben. Die Stille und die Schatten, dachte er, das ist Alfred Harderbergs Welt, soweit ich mir bisher ein Bild machen konnte. Sie gingen durch eine Tür zur Linken und kamen in einen großen ovalen Raum, den ebenfalls Skulpturen schmückten. Aber da waren auch ein paar Ritterrüstungen, wohl um daran zu erinnern, daß zu einem richtigen Schloß auch eine kriegerische Vergangenheit gehört, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Mitten im Zimmer prunkte auf glänzendem Parkett ein Schreibtisch, vor dem ein einzelner Besucherstuhl stand. Auf dem Tisch lagen keine Papiere, es gab lediglich einen PC und eine moderne Telefonanlage, nicht viel

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