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Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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bestellte einen Hamburger. Ann-Britt Höglund hatte keinen Hunger. Sie setzten sich an einen Tisch, von dem aus man auf den Parkplatz sehen konnte. Zwei dänische Lastwagenfahrer tranken Kaffee, sonst war der Raum leer.
    »Was hältst du nun von der Geschichte«, fragte Wallander. »Von einem Bezirksrevisor, der zwei Anwälten Drohbriefe schreibt und dann in den Wald radelt, um sich zu erhängen.«
    »Da ist es schwer, sich eine Meinung zu bilden.«
    |141| »Versuch es.«
    Sie schwiegen, in Gedanken versunken. Ein Lastwagen mit der Aufschrift eines Autoverleihs hielt an der Tankstelle. Wallanders Bestellung wurde aufgerufen. Er holte seinen Teller und kehrte an den Tisch zurück.
    »Lars Borman beschuldigt drei Menschen in seinen Briefen, ein Unrecht begangen zu haben, aber worin dieses Unrecht bestand, wissen wir nicht. Lars Borman war nicht Klient der Torstenssons. Wir wissen nicht, in welchem Verhältnis sie zueinander standen. Mit anderen Worten: Wir wissen gar nichts.«
    Wallander legte den Hamburger hin und wischte sich mit der Papierserviette über den Mund. »Du hast sicher von Rydberg gehört, einem alten Kriminalisten, der vor ein paar Jahren gestorben ist. Das war ein kluger Mann. Einer seiner Sprüche lautete: Polizisten haben die Tendenz, immer zu behaupten, sie wüßten nichts. Dabei wissen sie immer mehr, als sie glauben.«
    »Das klingt wie all die geflügelten Worte, mit denen wir auf der Polizeihochschule gefüttert wurden. Die wir aufgeschrieben haben, um sie dann so schnell wie möglich zu vergessen.«
    Wallander war verstimmt. Er duldete es nicht, wenn jemand Rydbergs Kompetenz in Frage stellte.
    »Das hat nun überhaupt nichts miteinander zu tun. Was Rydberg sagte, hatte immer einen Sinn.«
    »Bist du wütend auf mich?« fragte sie verwundert.
    »Ich werde nie wütend. Aber ich glaube, daß deine Zusammenfassung über Lars Borman erbärmlich war.«
    »Kannst du es besser?« fragte sie, und ihre Stimme klang schrill.
    Sie ist empfindlich, dachte Wallander. Vermutlich ist es schwerer, als ich dachte, sich als einzige Frau unter den Kriminalpolizisten von Ystad zu behaupten.
    »Eigentlich meine ich ja gar nicht, daß deine Zusammenfassung schlecht war. Ich glaube nur, du hast einige Sachen vergessen.«
    »Ich höre gern zu. Darin bin ich gut, das weiß ich.«
    Wallander schob den Teller zur Seite und holte eine Tasse Kaffee. Die beiden dänischen Lastwagenfahrer hatten das Lokal |142| verlassen. Sie waren allein. Aus der Küche klang schwach ein Radio.
    »Es ist natürlich unmöglich, irgendwelche Schlußfolgerungen zu ziehen. Aber man kann bestimmte Vermutungen anstellen. Man kann ein Puzzle zusammensetzen und sehen, ob alles paßt, ob das Motiv wenigstens einigermaßen zu erkennen ist.«
    »Soweit gebe ich dir recht.«
    »Wir wissen über Lars Borman, daß er Revisor war. Wir wissen außerdem, daß er offenbar grundehrlich war. Das haben Forsdahl und seine Frau vor allem hervorgehoben, neben der Tatsache, daß er gern las. Nach meiner Erfahrung ist es ziemlich selten, daß man einen Menschen auf diese Weise charakterisiert. Es deutet darauf hin, daß er tatsächlich ein besonders ehrlicher Mann war.«
    »Ein ehrlicher Revisor.«
    »Ja. Und plötzlich schreibt dieser ehrliche Mann zwei Drohbriefe an die Anwaltskanzlei Torstensson in Ystad. Er unterschreibt mit seinem eigenen Namen, aber er streicht den Namen des Hotels auf dem Kuvert. Hier können wir mehrere Vermutungen anstellen.«
    »Er will selbst nicht anonym bleiben. Das Hotel will er jedoch nicht mit hineinziehen.«
    »Er legt überhaupt keinen Wert auf Anonymität. Ich denke, wir können davon ausgehen, daß die Anwälte wußten, wer Lars Borman war.«
    »Ein ehrlicher Mann, der sich aufregt, weil Unrecht geschehen ist. Die Frage ist, worin dieses Unrecht bestand.«
    »Hier paßt meine vorletzte Vermutung«, sagte Wallander. »Nämlich die, daß uns ein Zwischenglied in der Kette fehlt. Lars Borman war kein Klient der Anwälte. Aber da war vielleicht jemand anders, jemand, der mit Lars Borman einerseits und der Kanzlei andererseits in Kontakt war.«
    Sie nickte nachdenklich. »Was tut ein Revisor? Er kontrolliert, daß Gelder ordnungsgemäß verwendet werden. Er geht die Quittungen durch, er garantiert im Revisionsbericht, daß alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Meinst du das?«
    |143| »Gustaf Torstensson betätigte sich als Wirtschaftsberater. Ein Revisor achtet darauf, daß Gesetze und Verordnungen eingehalten werden. Mit etwas

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