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Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Wallander 04 - Der Mann, der lächelte

Titel: Wallander 04 - Der Mann, der lächelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Zitat, das paßt. Die Japaner sagen, daß Unternehmertum Krieg bedeutet. Aber das berechtigt keinen, Leute zu ermorden, um ungestört eine Bilanz zu manipulieren. Falls man das will.«
    »Auch in unserem Land wimmelt es vor heiligen Kühen«, sagte sie. »Wir befassen uns zum Beispiel nicht gern mit Verbrechern, die adlige Namen tragen und zu einer der feinen alten schonischen Schloßbesitzerfamilien gehören. Wir stellen sie nicht gern vor Gericht, wenn sie in die Portokasse gelangt haben.«
    »So habe ich es nicht gemeint«, sagte Wallander und merkte, daß es nicht die Wahrheit war. Später fragte er sich, was er eigentlich hatte verteidigen wollen. Mußte er überhaupt etwas verteidigen? Oder war es einfach so, daß er Ann-Britt Höglund, die eine Frau war und viel jünger als er, nicht recht geben wollte? Jedenfalls nicht einfach so, nicht uneingeschränkt, nicht   …
    »Ich glaube, alle denken so. Polizisten reagieren wie alle anderen, |204| ebenso Staatsanwälte. Die heiligen Kühe sollen in Ruhe fressen dürfen«, sagte sie.
    Sie waren zwischen den Inseln hindurchgesteuert, ohne die richtige Fahrrinne zu finden. Das Auseinanderfallen ihrer Ansichten schien Wallanders Befürchtung zu bestätigen, daß eine immer deutlichere Grenze zwischen den Generationen das Polizeikorps spalten würde. Es lag nicht so sehr daran, daß Ann-Britt Höglund eine Frau war, sondern daran, daß sie über andere Erfahrungen verfügte. Wir sind Polizisten mit verschiedenen Weltsichten, dachte Wallander.
    Noch ein anderer Gedanke beschäftigte ihn, und der gefiel ihm gar nicht. Er merkte plötzlich, daß das, was er zu Ann-Britt Höglund gesagt hatte, auch von Martinsson stammen könnte. Oder von Svedberg, sogar von dem sich ständig weiterbildenden Hansson. Wenn er mit ihr sprach, repräsentierte er eine ganze Generation. Das irritierte ihn, und er gab Ann-Britt Höglund die Schuld – war sie nicht allzu selbstsicher, allzu bestimmt in ihren Ansichten? Es gefiel ihm nicht, an seine äußerst vagen Auffassungen von der Welt und der Zeit, in der er lebte, erinnert zu werden.
    Es war, als beschriebe sie ihm ein unbekanntes Land. Ein Schweden, das sie leider nicht erfunden hatte, sondern das es wirklich gab.
    Schließlich erstarb die Diskussion. Sie gingen hinaus, um frischen Kaffee zu holen, und erhielten belegte Brote von einem müden Verkehrspolizisten, der in der Kantine saß und vor sich hin starrte. Dann kehrten sie ins Büro zurück.
    »Ich hatte einen eleganten ledernen Aktenordner in meinem Auto, als es in die Luft flog«, sagte Wallander. »Eine Übersicht, die ich bei meinem Besuch im Schloß von Farnholm bekommen habe. Ich hatte angefangen, darin zu lesen. Sie enthielt Angaben über Harderbergs Imperium, seine verschiedenen Ehrendoktortitel, seine besonderen Verdienste. Harderberg, der Kunstmäzen. Harderberg, der Humanist. Harderberg, der Freund der Jugend. Der sportinteressierte Harderberg. Harderberg, der Denkmalpfleger. Der Liebhaber traditioneller öländischer Fischerboote. Harderberg, der Ehrendoktor |205| der Archäologie. Harderberg, der Musikfreund, der das Gehalt für zwei Geiger und einen Fagottisten vom Göteborger Sinfonieorchester bezahlt. Der Stifter des Harderberg-Preises für den begabtesten jungen Opernsänger im Land. Der generöse Förderer der Friedensforschung im Norden. Und vieles andere, was ich wieder vergessen habe. Der Mann hat sich offenbar so verdient gemacht wie eine ganze Akademie. Ohne einen Tropfen Blut an den Händen. Aber ich habe Ebba schon gebeten, ein neues Exemplar dieser Übersicht zu beschaffen. Die muß gelesen und untersucht werden. Weiterhin müssen wir uns in aller Diskretion Geschäftsberichte und Bilanzen seiner Firmen besorgen. Wir müssen herausfinden, wie viele Unternehmen er überhaupt besitzt. Und wo. Was sie produzieren, was sie verkaufen, was sie kaufen. Wir müssen seine Steuerdinge und Zahlungen prüfen. In diesem Punkt gebe ich dir recht, was Al Capone angeht. Wir müssen in Erfahrung bringen, womit sich Gustaf Torstensson genau beschäftigt hat. Wir müssen uns fragen: Warum gerade er? Wir müssen in alle geheimen Räume schauen, wir müssen uns in sein Gehirn einschleichen, nicht nur in seine Brieftasche. Wir müssen mit elf Sekretärinnen reden, ohne daß er etwas merkt. Denn wenn er etwas merkt, wird ein Sturm durch sein Imperium fegen, der alle Türen auf einmal zuschlägt. Wir dürfen nie vergessen: Egal, wie viele Reserven wir auch mobilisieren, er kann

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