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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Situation er sich gebracht hatte. Er tat dies unter größter Selbstüberwindung und sollte später nie begreifen, wie er mit seinem eisernen Prinzip hatte brechen können, nie einem Kollegen eine private Angelegenheit anzuvertrauen. Damit hatte er nach Rydbergs Tod aufgehört. Jetzt geschah es wieder. Aber er war sich noch nicht sicher, ob er zu Ann-Britt Höglund das gleiche Vertrauensverhältnis entwickeln konnte, wie er es mit Rydberg gehabt hatte. Seine Skepsis beruhte nicht zuletzt auf dem Umstand, daß sie eine Frau war. Aber das sagte er ihr natürlich nicht. Sie hörte ihm aufmerksam zu.
    »Was soll ich tun, verdammt?« fragte er zum Schluß.
    »Nichts«, erwiderte sie. »Wie du selbst sagst, ist es schon zu spät. Aber ich kann mit ihr reden, wenn du willst. Ich nehme an, sie spricht Englisch. Gib mir ihre Telefonnummer.«
    Wallander schrieb sie auf einen Merkzettel. Aber als sie sich nach seinem Telefon streckte, bat er sie, noch zu warten. »Noch ein paar Stunden«, sagte er.
    »Es geschehen sehr selten Wunder«, antwortete sie.
    Im selben Augenblick riß Hansson die Tür auf. »Sie haben sein Versteck gefunden«, rief er. »Einen Keller in einem Schulgebäude, das abgerissen werden soll. Ganz in der Nähe von seiner Wohnung.«
    »Sind sie da?« fragte Wallander. Er war aufgestanden.
    »Nein. Aber sie waren da.«
    Sie kehrten zum Konferenzraum zurück. Ein zweiter Lautsprecher wurde zugeschaltet. Wallander hörte plötzlich Forsfälts freundliche Stimme. Er beschrieb, was sie gefunden hatten. Spiegel, Pinsel, Schminke. Ein Tonbandgerät mit Trommeln. Er spielte ein Stück des Bandes ab. Es gab ein gespenstisches Echo im Besprechungszimmer. |484| Kriegsbemalung, dachte Wallander. Was hatte der Junge in das Besucherbuch im Krankenhaus geschrieben? Geronimo? Auf einem Stück Stoff lagen zwei Äxte, außerdem Messer. Trotz des unpersönlichen Lautsprechers konnten sie an Forsfälts Stimme hören, wie unangenehm berührt er war. Als letztes sagte er etwas, was auch keiner von ihnen vergessen sollte. »Wir finden nur keine Skalpe. Wir suchen aber weiter.«
    »Wo zum Teufel sind die?« fragte Wallander.
    »Die Skalpe«, meinte Ekholm, »die dürfte er wohl bei sich haben. Oder er hat sie irgendwo als Opfer dargebracht.«
    »Wo? Hat er vielleicht einen eigenen Opferhain?«
    »Das ist anzunehmen.«
    Sie warteten weiter. Wallander legte sich in seinem Büro auf den Fußboden und schaffte es, fast eine halbe Stunde zu schlafen. Als er aufwachte, fühlte er sich noch zerschlagener als vorher. Sein ganzer Körper schmerzte. Dann und wann warf Ann-Britt Höglund ihm einen auffordernden Blick zu. Doch er schüttelte den Kopf und fühlte seine Selbstverachtung wachsen.
    Es wurde sechs Uhr am Abend, und von Hans Logård oder Stefan Fredman und seiner Schwester gab es noch immer keine Spur. Sie hatten lange darüber diskutiert, ob sie auch nach Stefan Fredman und seiner Schwester eine landesweite Fahndung auslösen sollten. Doch fast alle waren skeptisch. Die Befürchtung, daß Louise Fredman etwas zustoßen konnte, überwog alles andere. Per Åkeson teilte diese Meinung. Die Phasen des Schweigens wurden immer länger.
    »Heute abend gibt es Regen«, sagte Martinsson plötzlich. »Es liegt in der Luft.«
    Keiner antwortete, aber alle versuchten zu fühlen, ob er recht hatte.
     
    *
     
    Um kurz nach sechs nahm Hoover seine Schwester mit zu dem leerstehenden Haus, das er ausgewählt hatte. Das Moped stellte er auf der Strandseite des Gartens ab. Mit einem Dietrich öffnete er die Gartenpforte. Gustaf Wetterstedts Haus war verlassen. Sie |485| gingen den Kiesweg zum Haupteingang hinauf. Plötzlich blieb Hoover wie angewurzelt stehen und hielt Louise zurück. In der Garage stand ein Auto, das am frühen Morgen nicht dagewesen war, als er kontrollierte, ob das Haus leer war. Er zwang Louise behutsam auf einen Stein hinter der Garagenwand. Er zog die Axt aus dem Gürtel und lauschte. Alles war still. Dann trat er zu dem Auto und betrachtete es. Es gehörte einer Wachgesellschaft. Ein Seitenfenster stand offen. Auf dem Sitz lagen ein paar Papiere. Er nahm sie heraus und sah, daß eine Quittung dabei war, ausgestellt auf den Namen Hans Logård. Er legte die Papiere zurück und stand ganz still. Hielt den Atem an. Die Trommeln begannen zu dröhnen. Er dachte an das Gespräch, das er am Morgen belauscht hatte. Hans Logård war auch auf der Flucht gewesen.
    Er hatte also den gleichen Gedanken gehabt wie Hoover. Irgendwo da drinnen

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