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Wallander 05 - Die falsche Fährte

Wallander 05 - Die falsche Fährte

Titel: Wallander 05 - Die falsche Fährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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seiner Unzufriedenheit und seiner Aufmunterung Ausdruck.«
    »Das hört sich nach einer sehr eigenartigen Mischung an«, bemerkte Ann-Britt Höglund trocken.
    »Soll er doch herkommen und mithelfen«, sagte Svedberg.
    »Was versteht der denn von Polizeiarbeit«, zischte Martinsson. »Absolut nichts.«
    |239| Wallander klopfte mit dem Bleistift auf den Tisch. Er wußte, daß sie alle aufgewühlt waren und unsicher, wie es weitergehen sollte. Die Spannung konnte sich jeden Moment in Ausbrüchen von Gereiztheit entladen. Und die Lähmung, die eine Ermittlungsgruppe befallen konnte, wenn sie sich festgefahren hatte, machte manchmal in kürzester Zeit alle Möglichkeiten zunichte, das Ganze wieder auf den richtigen Kurs zu bringen. Wallander ahnte, daß ihnen nur noch wenig Zeit blieb, bis Breitseiten von Kritik wegen angeblicher Passivität und Unfähigkeit auf sie einprasseln würden. Gegen den Druck von außen waren sie nie ganz gefeit. Sie konnten ihm entgegenarbeiten, indem sie sich auf sich selbst konzentrierten, auf das Zentrum der Ermittlung, und so taten, als existiere keine Welt außerhalb ihrer Ermittlung. Er versuchte, sich zu einer Zusammenfassung aufzuraffen, obwohl sie eigentlich nichts in der Hand hatten.
    »Was wissen wir?« begann er und blickte in die Runde, als hoffe er, daß jemand ein bis dahin unsichtbares, unter dem Konferenztisch verborgenes Kaninchen hervorziehen würde. Doch es kam kein Kaninchen zum Vorschein, er sah nichts anderes als graue und lustlose Konzentration, die auf ihn gerichtet war. Wallander fühlte sich wie ein Pastor, der den Glauben verloren hat. Er hatte ihnen absolut nichts zu sagen, dachte er. Trotzdem mußte er versuchen, etwas zu sagen, was sie aus dem Tief herausführte, als geordnete Truppe, die zumindest das Gefühl hatte, etwas von dem, was um sie her vorging, verstanden zu haben.
    »Der Mann muß irgendwann letzte Nacht dort in der Baugrube gelandet sein«, fuhr er fort. »Laßt uns annehmen, es war am frühen Morgen. Wir können davon ausgehen, daß er nicht neben der Grube ermordet wurde. Es muß viel Blut geflossen sein, und zwar an
einer
Stelle. Nyberg hatte aber noch nichts gefunden, als wir weggefahren sind. Das spricht dafür, daß der Tote mit einem Wagen dorthin transportiert worden ist. Vielleicht hat das Personal in der Imbißbude neben der Bahnschranke etwas bemerkt. Dem Arzt zufolge ist der Mann mit einem gewaltigen Hieb direkt von vorne getötet worden, der den Kopf glatt durchschlagen hat. Da haben wir mit anderen Worten die dritte Variante dessen, was ein Schlagwerkzeug aus einem Gesicht machen kann.«
    |240| Martinsson war käseweiß geworden. Er stand ohne ein Wort auf und verließ den Raum. Wallander entschied, weiterzumachen und nicht auf seine Rückkehr zu warten. »Er ist wie die anderen skalpiert worden. Außerdem ist er geblendet worden. Der Arzt war sich nicht sicher, was mit den Augen passiert ist. Um die Augen fanden sich ein paar Flecken, die darauf deuten könnten, daß ihm eine ätzende Flüssigkeit in die Augen gegossen wurde. Vielleicht hat unser Spezialist eine Meinung dazu, was das bedeuten kann.«
    Wallander wandte sich an Ekholm. »Noch nicht«, antwortete Ekholm. »Dafür ist es noch zu früh.«
    »Wir brauchen keine ausführliche und abgeschlossene Analyse«, sagte Wallander mit Nachdruck. »In diesem Stadium müssen wir laut denken. Zwischen all den Dummheiten, Irrtümern und Fehlschlüssen, die wir von uns geben, kann sich eine Wahrheit verbergen. Wir glauben nicht an Wunder. Aber wir nehmen sie an, wenn sie trotz allem dann und wann eintreffen.«
    »Ich glaube, die ausgestochenen Augen bedeuten etwas«, sagte Mats Ekholm. »Wir können davon ausgehen, daß es wieder derselbe Täter ist. Das Opfer ist allerdings jünger als die beiden vorigen. Außerdem wird ihm das Augenlicht genommen. Früher hat der Täter skalpiert. So auch diesmal. Aber er blendet ihn noch dazu. Warum tut er das? Was ist das für eine besondere Rache, die er diesmal nimmt?«
    »Der Mann muß ein sadistischer Psychopath sein«, entfuhr es Hansson. »Ein Serienmörder, wie ich glaubte, es gäbe sie nur in den USA.   Aber hier? In Ystad? In Schonen?«
    »Trotzdem handelt er kontrolliert«, sagte Ekholm. »Er weiß, was er will. Er tötet und skalpiert. Er sticht die Augen aus oder verätzt sie. Nichts daran läßt auf unkontrollierte Raserei schließen. Psychopath, ja. Aber er hat immer noch die Kontrolle über das, was er tut.«
    »Gibt es Beispiele dafür,

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