Wallander 05 - Die falsche Fährte
kehrte in Gedanken noch einmal zu dem Tag zurück, an dem Gustaf Wetterstedt ermordet aufgefunden worden war. Er durchsuchte die hintersten Winkel seines Gedächtnisses. Aber er fand nichts. Verärgert warf er den Bleistift von sich und stand auf. Er ging in den Eßraum und holte sich einen Becher Kaffee. In seinem Zimmer stellte er den Becher auf den Tisch. Als er die Tür schließen wollte, sah er Svedberg den Flur entlangkommen.
Svedberg ging schnell. Das tat er nur, wenn etwas Wichtiges geschehen war. Wallander spürte sofort die Faust im Magen. Nicht noch einer, dachte er. Das gibt uns den Rest.
»Wir glauben, wir haben den Tatort«, sagte Svedberg.
»Wo?«
»Die Kollegen in Sturup haben einen blutbesudelten Kastenwagen auf dem Parkplatz gefunden.«
Wallander dachte schnell nach. Dann nickte er Svedberg zu, aber eigentlich meinte er sich selbst.
Ein Kastenwagen. Das paßte. Das konnte stimmen.
Ein paar Minuten später verließen sie das Präsidium. Wallander hatte es eilig. Er konnte sich nicht erinnern, je zuvor in seinem Leben so wenig Zeit zur Verfügung gehabt zu haben.
Als sie die Stadt hinter sich gelassen hatten, bat er Svedberg, der am Steuer saß, das Blaulicht einzuschalten.
Auf einem Feld an der Straße erntete ein verspäteter Bauer seinen Raps.
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Sie erreichten den Flugplatz Sturup kurz nach elf Uhr. Die Luft stand still in der Hitze, die drückend zu werden begann.
Sie brauchten weniger als eine Stunde, um zu konstatieren, daß der Mord mit hoher Wahrscheinlichkeit in dem Wagen begangen worden war.
Sie glaubten zu diesem Zeitpunkt auch zu wissen, wer der Tote war.
Der Lieferwagen war ein Ford älteren Baujahrs, aus den späten sechziger Jahren, mit seitlicher Schiebetür. Er war schwarz gestrichen, aber die Arbeit war schlampig gemacht worden, und stellenweise schien die ursprüngliche graue Farbe durch. Die Karosserie wies zahlreiche Beulen und Schrammen auf. Wie er da in einer entlegenen Ecke des Parkplatzes stand, erinnerte der Wagen an einen gealterten Boxer, der gerade ausgezählt worden ist und in seiner Ecke in den Seilen hängt. Wallander kannte einige der Kollegen in Sturup von früher. Er wußte, daß sie nicht gut auf ihn zu sprechen waren nach einem Vorfall im letzten Jahr. Svedberg und er stiegen aus dem Wagen. Die Seitentür des Fords stand offen. Ein paar Kriminaltechniker waren schon bei der Arbeit. Ein Polizeiinspektor namens Waldemarsson kam ihnen entgegen. Obwohl sie wie die Wahnsinnigen gefahren waren, bemühte sich Wallander, einen vollkommen ruhigen Eindruck zu machen. Er wollte sich die Erregung nicht anmerken lassen, die ihn gepackt hatte, nachdem am Morgen der Anruf gekommen und ihn aus der trügerischen Hoffnung gerissen hatte, daß trotz allem alles vorbei war.
»Das sieht nicht schön aus«, meinte Waldemarsson, nachdem sie sich begrüßt hatten.
Wallander und Svedberg traten zu dem Ford und sahen hinein. Waldemarsson leuchtete mit einer Taschenlampe. Der Boden des Wagens war von Blut bedeckt.
|245| »Wir hörten in den Morgennachrichten, daß er wieder zugeschlagen hat«, sagte Waldemarsson. »Ich habe angerufen und mit einer freundlichen Kollegin gesprochen, deren Namen ich wieder vergessen habe.«
»Ann-Britt Höglund«, sagte Svedberg.
»Wie sie auch hieß, jedenfalls meinte sie, ihr suchtet einen Tatort«, fuhr Waldemarsson fort. »Und ein Transportfahrzeug.«
Wallander nickte. »Wann habt ihr den Wagen gefunden?«
»Wir kontrollieren den Parkplatz jeden Tag. Wir hatten hier eine Reihe von Autodiebstählen. Aber das ist dir ja nichts Neues.«
Wallander nickte wieder. Im Rahmen der trostlosen Ermittlung wegen des organisierten Exports gestohlener Autos nach Polen hatte er mehrfach mit der Flughafenpolizei Kontakt gehabt.
»Wir wissen, daß der Wagen gestern nachmittag noch nicht hier stand«, fuhr Waldemarsson fort. »Er kann also keine vierundzwanzig Stunden hier gestanden haben.«
»Wer ist der Besitzer?« fragte Wallander.
Waldemarsson zog einen Notizblock aus der Tasche. »Björn Fredman«, las er. »Wohnhaft in Malmö. Wir haben seine Telefonnummer angerufen, aber niemanden erreicht.«
»Kann er der Mann sein, der in der Grube gelegen hat?«
»Wir wissen einiges über Björn Fredman«, sagte Waldemarsson. »Malmö hat uns Informationen geschickt. Er war als Hehler bekannt und hat mehrere Gefängnisstrafen abgesessen.«
»Hehler«, sagte Wallander und spürte, wie sein Spannungspegel hochschnellte. »Auch Kunst?«
»Das geht
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