Wallander 07 - Mittsommermord
die dem, was ich gerade gehört habe, widerspricht. Die das Gegenteil behauptet. Nämlich, daß Sie und Nils Stridh einander sehr gut kannten. Obwohl man sagen muß, daß Sie ein ungleiches Paar sind.«
Sundelius blieb äußerlich beherrscht. Doch Wallander ahnte, daß er mitnichten unberührt war. »Wer behauptet so etwas?«
»Rut Lundin. Die als Nils Stridhs Witwe gilt. Auch wenn sie nie verheiratet waren.«
»Sie behauptet also, ich wäre ein guter Bekannter ihres Mannes gewesen? Eines arbeitslosen Alkoholikers?«
»Vielleicht kein guter Bekannter. Aber daß Sie gewisse Kontakte hatten.«
»Das ist eine dreiste Behauptung. Ich habe Nils Stridh ein einziges Mal getroffen. Ich erinnere mich jetzt daran, daß er aufsässig und lästig war. Wahrscheinlich angetrunken. Ich mußte ihn abweisen, |424| nachdem ich ihm die Kreditvergaberegeln der Bank erklärt hatte.«
»Und danach trafen Sie ihn nie wieder?«
»Darauf habe ich bereits geantwortet. Und jetzt möchte ich gern von Ihnen wissen, warum Sie um fünf Uhr morgens hierherkommen, um über etwas zu sprechen, was entweder irrelevant oder vollkommen falsch ist. Ich dachte, wir würden über Karl Evert sprechen.«
»Das tun wir bereits«, sagte Wallander. »Nils Stridh war, wie Sie selbst erlebt zu haben scheinen, ein ziemlich schwieriger Mensch. Einmal hat er seinen eigenen Bruder angegriffen und seine Wohnung demoliert. Damals ging es ebenfalls um Geld. Seine Forderung wurde von Stig Stridh ebenso abgewiesen wie einige Jahre zuvor von Ihnen und Ihrer Bank. Es kam zu einer Anzeige wegen Körperverletzung. Und hier kommt Svedberg ins Bild. Die Angelegenheit ging über seinen Schreibtisch. Aber er lehnte es ab, eine Ermittlung einzuleiten. Stig Stridh erstattete Anzeige gegen ihn beim Justiz-Ombudsmann. Der seinerseits Svedberg von dem Verdacht eines Dienstvergehens freisprach. Jetzt, mehr als zehn Jahre später, beginne ich, in dieser Sache zu graben. Ich spreche mit Stig Stridh und mit Rut Lundin. Von ihr bekomme ich Ihren Namen. Als einen von Nils Stridhs engsten Bekannten.«
»Das ist vollkommen absurd.«
»Warum sollte sie etwas behaupten, was überhaupt nicht stimmt? Und was ich mit Leichtigkeit widerlegen könnte?«
»Danach müssen Sie sie schon fragen.«
»Hat Svedberg dieses Ereignis jemals erwähnt?«
»Nie.«
Die Antwort kam zu schnell. Sundelius war jetzt auf der Hut. Er hatte sich verschanzt. Wallander ging vorsichtig weiter.
»Könnte es möglicherweise sein, daß Ihre Erinnerung Sie täuscht? Trotz allem liegen die Ereignisse weit zurück.«
»Svedberg erwähnte nie auch nur mit einem einzigen Wort eine Person, die ihn beim JO angezeigt haben sollte.«
»Sprach er überhaupt über seine Arbeit?«
»Es kam vor. Aber er hat sich immer sehr gewissenhaft an seine Schweigepflicht gehalten.«
|425| »Sprach er jemals über mich?«
»Warum wollen Sie das wissen?«
»Aus Neugier vielleicht.«
»Er erwähnte bei verschiedenen Gelegenheiten Ihren Namen. Und stets mit der größten Wertschätzung.«
Wallander leerte seine Kaffeetasse und lehnte dankend ab, als Sundelius nachschenken wollte.
»Sie bestreiten also mit Nachdruck, Nils Stridh öfter als jenes eine Mal in der Bank getroffen zu haben?«
»Ja.«
Wallander erkannte, daß er so nicht weiterkam. Gleichzeitig war er davon überzeugt, daß Sundelius alles andere als die Wahrheit sagte. Warum, das würde er schon noch herausfinden.
»Ich versprach, Sie über die Beerdigung zu informieren«, sagte er. »Sie findet am kommenden Dienstag statt. Um zwei Uhr.«
»Ich habe die Todesanzeige schon gesehen«, erwiderte Sundelius.
Das hatte Wallander nicht. Er wollte aufstehen. Blieb aber sitzen. Eine Frage stand noch aus. »Kann Svedberg irgendwelche Feinde gehabt haben?«
»Nicht soweit ich weiß.«
»Hat er jemals Besorgnis geäußert? Oder Furcht?«
»Nein. Er war ein sehr ausgeglichener Mensch. Übrigens die Voraussetzung dafür, daß wir miteinander verkehren konnten.«
Wallander überlegte, ob er sagen sollte, was er dachte. Dann entschied er sich. »Die Frau, mit der Svedberg ein Verhältnis hatte, ist lokalisiert worden.«
Der Schatten von Unruhe huschte wieder über Sundelius’ Gesicht. Genau die Reaktion hatte Wallander erwartet.
»Hat sie einen Namen?«
»Wir nehmen an, daß sie Louise heißt.«
»Und weiter?«
»Das wissen wir nicht.«
Wallander stand auf. Seine Beine waren schwer vor Müdigkeit. Sundelius begleitete ihn in den Flur. Als Wallander mit der Jacke in der
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