Wallander 07 - Mittsommermord
weiterer schöner, warmer Augusttag lag vor ihnen. Er bog um die Ecke in die Vädergränd ein. Die Haustür stand offen. Er stieg die Treppe in den ersten Stock hinauf und klingelte an Sundelius’ Tür. Hoffte, daß Sundelius seine Gewohnheiten auch sonntags einhielt. Die Tür wurde geöffnet. Sundelius betrachtete ihn erstaunt. Er trug einen dunklen Anzug und eine sorgfältig gebundene Krawatte.
»Ein ungewöhnlicher Besuch zu einer ungewöhnlichen Tageszeit«, sagte er und trat einen Schritt zur Seite.
»Es tut mir leid, an einem Sonntagmorgen stören zu müssen«, entschuldigte sich Wallander. »Ich kann natürlich zu einer anderen Zeit wiederkommen, wenn es Ihnen jetzt nicht paßt.«
»Wie ich bereits bei Ihrem vorigen Besuch sagte, halte ich stets Kaffee bereit für den Fall, daß ein unerwarteter Besucher auftaucht. Das gilt auch für den Sonntagmorgen.«
Sundelius reichte Wallander einen Kleiderbügel. Er hängte seine Jacke auf. Das Handy nahm er mit.
»Wie groß ist das Risiko, daß es heute wieder klingelt?«
»Zu dieser Tageszeit nicht besonders groß.«
Sie waren ins Wohnzimmer gekommen. Wallander setzte sich auf den gleichen Platz wie beim letztenmal. Sundelius war in die Küche verschwunden. Nach einigen Minuten kehrte er mit einem Tablett zurück und servierte Kaffee.
»Eigentlich erstaunt es mich, daß Sie gerade jetzt kommen«, sagte er. »Wenn man bedenkt, was gestern in Nybrostrand geschehen ist.«
Wallander warf einen Blick auf den Tisch. Er konnte keine |422| Morgenzeitung sehen. Sundelius hatte aber seinen Gedanken erraten.
»Ich beginne die Tage damit, daß ich den T T-Nachrichten -Service anrufe«, erklärte er. »Drei tote Personen sind in Nybrostrand aufgefunden worden. Man nimmt an, daß es sich um den gleichen Täter handelt, der die drei Jugendlichen in Hagestad getötet hat. Hat die Polizei schon daran gedacht, daß diese Person sich angesichts der Ziffer drei in einen Berserker verwandeln könnte?«
Wallander dachte an Isa Edengren und Svedberg.
»Nicht unbedingt.«
»Aber ansonsten stimmt es, was ich gehört habe?«
»Ja.«
Sundelius lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und schlug ein Bein über das andere.
»Ich bekomme um siebzehn Minuten nach fünf an einem Sonntagmorgen Besuch von der Polizei. Und ich bin noch nicht festgenommen worden. Das macht mich neugierig zu erfahren, was Sie wollen.«
Wallander sagte sich, daß Sundelius offenbar immer gewohnt gewesen war, zu bestimmen und seine Meinung frei zu äußern. Ob er darüber hinaus grundsätzlich hochnäsig war, konnte er jedoch nicht einschätzen.
»Sollten wir Veranlassung haben, Sie zu verhaften?«
»Natürlich nicht. Das war ein Scherz.«
Wallander kam ohne Umschweife zur Sache. »Vor einigen Jahren starb hier in Ystad ein Mann namens Nils Stridh. Er wurde Nisse genannt. Kannten Sie ihn?«
Ein Anflug von Verwunderung und etwas anderem huschte über Sundelius’ Gesicht. Es ging sehr schnell. Aber Wallander nahm es wahr, weil er vorbereitet war.
»Ich weiß es nicht. Ich bin in meinem Leben so vielen Menschen begegnet. Sagen Sie mir etwas mehr.«
»Nils Stridh war Alkoholiker. Einer geregelten Arbeit dürfte er in seinem Leben kaum nachgegangen sein. Er hatte einen Bruder namens Stig Stridh. Und er lebte mit einer Frau namens Rut Lundin zusammen.«
Sundelius hatte sich jetzt gefaßt. Seine Antwort verriet große |423| Entschiedenheit. »Ich habe eine vage Erinnerung, daß ein Mann namens Nils Stridh einmal in die Bank kam, um einen Kredit zu beantragen. Er wurde nicht bewilligt. Daraufhin verlangte der Mann, mit mir zu sprechen. Ich erklärte ihm, warum wir ihm keinen Kredit bewilligen konnten. Danach habe ich ihn nie wiedergesehen. Falls es sich tatsächlich um den Mann handelt, von dem wir sprechen.«
»Und wann war das?«
Sundelius schien nachzudenken. Aber Wallander war sich nicht sicher, ob er das wirklich nötig hatte.
»Ich würde sagen, es war Anfang der achtziger Jahre. Genauer kann ich es nicht sagen.«
»Das war also der einzige Kontakt, den Sie je mit Nils Stridh hatten?«
»Ja. Vorausgesetzt, wir sprechen von dem gleichen Mann.«
»Gehen wir davon aus. Der Name Stridh ist nicht so häufig. Sie haben ihn nicht wiedergesehen? Er ist nicht zur Bank zurückgekommen?«
»Er hat nie wieder verlangt, mit mir zu sprechen. Ob er die Bank wieder besuchte, weiß ich nicht.«
»Lassen Sie uns die Sache von einer anderen Seite her betrachten«, fuhr Wallander fort. »Ich habe eine Information,
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