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Wallander 07 - Mittsommermord

Wallander 07 - Mittsommermord

Titel: Wallander 07 - Mittsommermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Opfer im eigentlichen Sinn. Er war nicht Teil des Plans. Er war nur zu nahe an etwas herangekommen. Hatte eine unsichtbare Grenze übertreten.
    Wallander dachte plötzlich, daß man sich auch den Fotografen Rolf Haag fortdenken konnte. Er war lediglich im Weg gewesen. Blieben sechs junge Menschen. Sechs junge, festlich gekleidete und fröhliche Menschen. Ihm fielen Nybergs Worte wieder ein:
Dieser Verrückte kann anscheinend keine glücklichen Menschen ertragen.
So weit stimmte es. Das hatten sie gemeinsam. Aber es reichte nicht.
    Er ging zu dem Weg hinauf, auf dem der Wagen gestanden haben mußte. Auch dies ein sorgfältig geplantes Detail. Es lag kein Haus in der Nähe. Also gab es auch keine Anwohner, die zu Zeugen hätten werden können.
    Er ging den gleichen Weg zurück, den er gekommen war. Der Polizist stand noch immer neben dem Wagen und rauchte.
    »Ich habe darüber nachgedacht, worüber wir eben gesprochen haben«, sagte er und trat die Zigarettenkippe zwischen mehreren anderen, die schon im Sand lagen, aus. »Alle diese Neugierigen. |419| Aber ich nehme an, daß man vielleicht selbst hier stehen würde, wenn man nicht Polizist wäre.«
    »Kann sein«, gab Wallander zurück.
    »Man sieht schon eine Menge komischer Typen. Manche, die so tun, als seien sie gar nicht interessiert. Aber trotzdem hängen sie stundenlang hier rum. Eine von den letzten heute abend war eine Frau. Sie muß schon hier gestanden haben, als ich kam und die Wache übernahm.«
    Wallander hörte zerstreut zu. Aber er konnte genausogut hier stehen und darauf warten, daß es fünf Uhr wurde.
    »Zuerst dachte ich, es wäre jemand, den ich kannte«, fuhr der Polizist fort. »Daß ich sie schon früher einmal gesehen hätte. Aber es stimmte nicht. Ich hatte mich geirrt.«
    Die Worte drangen langsam in Wallanders Bewußtsein. Er schaute den Polizisten fragend an.
    »Was hast du gesagt?«
    »Ich glaubte, ich würde jemand kennen von denen, die da vor den Bändern standen und glotzten. Aber ich hatte mich geirrt.«
    »Hast du gesagt, du hättest geglaubt, eine Frau schon einmal gesehen zu haben?«
    »Ich dachte, sie wäre vielleicht eine Verwandte.«
    »Aber das ist doch nicht dasselbe. Kennen und glauben, gesehen zu haben?«
    »Sie hatte etwas, was mir bekannt vorkam. Da bin ich mir sicher.«
    Es ist verrückt, dachte Wallander. Dennoch zog er das Foto von Louise, das er eingesteckt hatte, aus der Tasche. Sie standen im Dunkeln. Aber der Polizist hatte eine Taschenlampe.
    »Sieh dir mal dieses Bild an.«
    Er leuchtete es an und betrachtete es. Dann sah er Wallander an. »Klar, das ist sie. Woher hast du das gewußt?«
    Wallander hielt den Atem an. »Bist du sicher?«
    »Absolut sicher. Klar war sie das. Ich war sicher, sie schon irgendwo gesehen zu haben.«
    Wallander hätte fast geflucht. Ein aufgeweckterer Polizist hätte sie vielleicht identifiziert und dafür gesorgt, daß sie nicht verschwunden wäre. Doch gleichzeitig war ihm klar, daß der Gedanke |420| ungerecht war. Es wimmelte nur so von Menschen vor den Absperrungen. Der Polizist hatte sie immerhin erkannt und sich ihr Gesicht eingeprägt.
    »Wo stand sie?«
    Der Polizist leuchtete weit nach außen, fast zum Strand hin.
    »Und wie lange war sie hier?«
    »Stunden.«
    »War sie allein?«
    Der Polizist dachte nach. »Ja.«
    Seine Antwort schien auf Überzeugung zu beruhen.
    »Und sie ging als letzte?«
    »Jedenfalls als eine der letzten.«
    »In welche Richtung?«
    »Richtung Zeltplatz.«
    »Kann das bedeuten, daß sie in einem Zelt schläft? Oder in einem Wohnwagen?«
    »Ich habe nicht genau darauf geachtet, wohin sie ging. Aber wie eine Camperin sah sie eigentlich nicht aus.«
    »Wie sieht eine Camperin denn aus? Und wie sah sie aus?«
    »Sie war in Blau gekleidet. Ein Hosenanzug, heißt das wohl. Camper tragen meistens Trainingsanzüge.«
    »Wenn sie wieder auftaucht, meldest du dich«, sagte Wallander. »Und denk daran, deine Ablösung darüber zu informieren. Habt ihr ein Bild von ihr im Wagen?«
    »Ich kann ihn wecken und fragen.«
    »Ist nicht nötig.«
    Wallander gab ihm die Fotokopie, die er in der Hand hatte.
    Es ging auf fünf Uhr zu. Er fühlte sich weniger müde.
    Das Gefühl, nahe zu sein, war jetzt sehr stark.
    Die Frau, die vielleicht Louise hieß, war nicht die Person, die sie suchten.
    Aber sie wußte, wer der Täter war.

|421| 27
    Wallander parkte in einer der Querstraßen der Vädergränd. Es war Viertel nach fünf.
    Er stieg aus. Der Sonntagmorgen war still. Ein

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