Wallander 08 - Die Brandmauer
erledigen.«
Wallander war sogleich freundlicher gestimmt. Wenn sie mit Ebba gesprochen hatte, würde alles klappen.
»Ich will Martinsson und Alfredsson so schnell wie möglich hier haben«, sagte er. »Bist du so nett und übernimmst das?«
Im gleichen Augenblick hastete Lisa Holgersson durch den Eingang herein. »Was höre ich da? Schon wieder eine Schießerei?«
Wallander hatte nicht die geringste Lust auf ein Gespräch mit ihr. Aber er wußte, daß es unvermeidlich war. Er berichtete ihr in knappen Zügen, was passiert war.
»Läuft die Fahndung?«
»Ist veranlaßt.«
»Wann kann ich einen ordentlichen Bericht bekommen?«
»Sobald alle zurück sind.«
|490| »Es hat den Anschein, als sei diese Ermittlung total aus dem Ruder gelaufen.«
»Noch nicht ganz«, sagte Wallander und verbarg seinen aufkommenden Ärger nicht. »Aber du kannst mich natürlich als Ermittlungsleiter ablösen lassen, wenn du willst. Hansson leitet die Fahndung.«
Sie hatte weitere Fragen. Aber Wallander hatte sich bereits abgewandt und war gegangen.
Um fünf Uhr waren Martinsson und Alfredsson gekommen. Wallander hatte Modin mit in eins der kleineren Sitzungszimmer genommen. Hansson hatte angerufen und mitgeteilt, daß sie noch immer keine Spur von dem Mann hatten, der auf Wallander geschossen hatte. Wo Ann-Britt sich aufhielt, wußte keiner. Wallander verbarrikadierte sich förmlich im Sitzungszimmer. Modins Computer liefen. Neue E-Mails waren nicht gekommen.
»Jetzt gehen wir alles noch einmal gründlich durch«, sagte Wallander, als alle sich gesetzt hatten. »Von Anfang bis Ende.«
»Ich glaube kaum, daß das geht«, erwiderte Alfredsson. »Das meiste entzieht sich noch immer unserer Einsicht.«
Wallander wandte sich an Robert Modin. »Du hast gesagt, du wärst auf etwas gekommen?«
»Ich glaube kaum, daß ich es erklären kann«, antwortete Modin. »Außerdem habe ich Hunger.«
Wallander spürte, daß er zum erstenmal von ihm genervt war. Seine hervorragenden Kenntnisse in der magischen Welt der elektronischen Datenverarbeitung konnten nicht alles entschuldigen.
»Dein Essen ist unterwegs. Wenn du nicht warten kannst, mußt du mit normalem schwedischem Zwieback vorlieb nehmen. Oder einer Pizza.«
Modin stand auf und setzte sich an seine Computer. Die anderen versammelten sich hinter ihm. »Ich war lange im Zweifel darüber, um was es eigentlich geht«, begann er. »Das Wahrscheinlichste war, daß die Zahl Zwanzig irgendwie mit dem Jahr 2000 zu tun hat. Aber ich fand nie die zwei fehlenden Nullen. Außerdem scheint die Programmierung so erfolgt zu sein, daß der Prozeß relativ bald in Gang gesetzt werden wird. Was auch immer er auslösen |491| mag. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, daß es sich trotz allem um den 20. Oktober handelt.«
Alfredsson schüttelte den Kopf und wollte protestieren. Aber Wallander bremste ihn.
»Mach weiter.«
»Ich fing an, nach anderen Details in diesem Muster zu suchen. Wir wissen, daß etwas von links nach rechts wandert. Wo also ein Ausgang ist. Das sagt uns, daß etwas passieren wird. Aber nicht, was. Dann ging ich ins Internet und begann, nach Informationen über diese Institutionen zu suchen, die wir identifiziert haben. Die Nationalbank von Indonesien, die Weltbank, der Börsenmakler in Seoul. Ich wollte herausfinden, ob sie einen gemeinsamen Nenner haben. Den Punkt, nach dem man immer sucht.«
»Was für ein Punkt?«
»An dem etwas brüchig ist. Wo das Eis schwach ist. Wo man einen Angriff ansetzen könnte, ohne daß es bemerkt würde. Bevor es zu spät wäre.«
»Es existiert eine hohe Abwehrbereitschaft«, wandte Martinsson ein. »Und es gibt inzwischen Schutz gegen Viren, die verbreitet werden, um Schaden anzurichten.«
»Die USA verfügen schon über die Kapazität, um einen Krieg mit Rechnern zu führen«, sagte Alfredsson. »Früher haben wir von computergesteuerten Raketen gesprochen. Oder elektronischen Augen, die Roboter an ihre Ziele dirigierten. Jetzt ist das fast schon genauso veraltet, als wenn man die Kavallerie aufmarschieren ließe. Heutzutage schickt man funkgesteuerte Komponenten in die Netzwerke des Feindes, die alle militärischen Lenksysteme lahmlegen. Oder sie umlenkt gegen Ziele, die man selbst bestimmt.«
»Ist das wirklich wahr?« fragte Wallander skeptisch.
»Das ist das, was wir wissen«, verdeutlichte Alfredsson. »Aber wir sind uns natürlich darüber im klaren, daß wir das meiste nicht wissen. Wahrscheinlich sind die Waffensysteme noch
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