Wallander 08 - Die Brandmauer
unzusammenhängender Details kann es so abgelaufen sein. Daß Robert Modin bedroht wird, paßt ins Bild. Ebenso, daß du angegriffen wirst.«
|482| »Warum gerade ich?«
»Du warst in der Wohnung, als jemand dorthin kam. Du bist die ganze Zeit sichtbar.«
»Die Lücken sind groß. Auch wenn ich ähnlich denke wie du. Was mir am meisten Sorgen macht, ist das Gefühl von einem Lauscher an unseren Wänden, dem es die ganze Zeit gelingt, sich auf dem laufenden zu halten.«
»Du solltest vielleicht eine totale Funkstille empfehlen. Nichts wird mehr auf Computern geschrieben. Nichts Wichtiges mehr am Telefon gesagt.«
Wallander trat gegen einen Stein. »So etwas gibt es nicht«, sagte er. »Nicht hier, nicht in Schweden.«
»Du pflegst doch selbst zu sagen, daß es keine Randzonen mehr gibt. Wo man sich auch befindet, ist man mitten in der Welt.«
»Da habe ich übertrieben. Das hier wird zuviel.«
Schweigend gingen sie weiter. Der Wind war jetzt böig geworden. Ann-Britt duckte sich an Wallanders Seite. »Noch etwas«, sagte sie. »Was wir wissen. Aber nicht diejenigen, die diese Befürchtungen hatten.«
»Und das wäre?«
»Daß Sonja Hökberg uns praktisch überhaupt nichts gesagt hat. So betrachtet war ihr Tod vollkommen unnötig.«
Wallander nickte. Sie hatte recht. »Was verbirgt sich in diesem Rechner?« sagte er nach einer Weile. »Martinsson und ich sind auf einen einzigen und sehr zweifelhaften gemeinsamen Nenner gekommen: Geld.«
»Vielleicht wird irgendwo ein großer Raub geplant. Läuft das nicht heutzutage so ab? Eine Bank fängt an, verrückt zu spielen, und transferiert unermeßliche Summen auf irgendein falsches Konto.«
»Vielleicht. Die Antwort lautet wie immer, daß wir es ganz einfach nicht wissen.«
Sie hatten den Parkplatz erreicht. Ann-Britt zeigte auf das Haus.
»Letzten Sommer war ich einmal hier und habe mir einen Vortrag von einem Zukunftsforscher angehört. Seinen Namen habe ich vergessen. Aber er sprach davon, daß die moderne Gesellschaft |483| immer anfälliger wird. An der Oberfläche leben wir mit immer dichteren und schnelleren Kommunikationssystemen. Aber es gibt einen unsichtbaren Untergrund. Der am Ende dazu führen wird, daß ein einziger Rechner eine ganze Welt lahmlegt.«
»Vielleicht ist es genau das, was Falks Rechner vorhat«, sagte Wallander.
Sie lachte. »Diesem Forscher zufolge sind wir noch nicht ganz soweit.«
Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Aber Wallander sollte nie erfahren, was es war. Hansson kam auf sie zugerannt.
»Wir haben ihn gefunden«, rief er.
»Modin oder den Mann, der geschossen hat?«
»Modin. Er ist in Ystad. Eine Streife, die zur Ablösung zurückfuhr, hat den Wagen entdeckt.«
»Wo?«
»An der Ecke Surbrunnsvägen und Aulingatan. Beim Folketspark.«
»Und wo ist Modin jetzt?«
»Im Präsidium.«
Wallander sah Hansson an, der tief durchatmete. »Er ist unverletzt. Wir sind noch rechtzeitig gekommen.«
»Sieht so aus.«
Es war Viertel vor vier.
|484| 36
Um fünf Uhr Ortszeit in Luanda kam das Telefongespräch, auf das Carter gewartet hatte. Der Empfang war schlecht, und er verstand kaum, was Cheng in seinem gebrochenen Englisch sagte. Carter fühlte sich in die entlegenen achtziger Jahre zurückversetzt, als die Kommunikation mit Afrika noch sehr schlecht gewesen war. Er erinnerte sich an die Zeit, als es zuweilen sogar schwer war, etwas so Simples zu bewerkstelligen, wie ein Fax zu senden oder zu empfangen.
Doch trotz der Verzerrung durch das Echo und trotz des Knisterns in der Leitung hatte Carter die Botschaft verstanden, die Cheng ihm übermittelte. Nach dem Gespräch war Carter in den Garten gegangen, um nachzudenken. Celina war nicht mehr in der Küche. Sein Abendessen hatte sie vorbereitet und in den Kühlschrank gestellt. Er hatte Schwierigkeiten, seiner Verärgerung Herr zu werden. Cheng hatte die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt. Nichts konnte Carter so sehr in Rage versetzen wie Menschen, die den Aufträgen, die er ihnen erteilte, nicht gewachsen waren. Der telefonische Bericht, den er erhalten hatte, war beunruhigend. Er mußte jetzt einen Beschluß fassen.
Die Hitze im Garten war erdrückend. Geckos huschten zwischen seinen Füßen hindurch. Im Jakarandabaum saß ein Vogel und betrachtete ihn. Als er ums Haus auf die Vorderseite ging, sah er, daß José schlief. Carter konnte seine plötzlich auflodernde Wut nicht bezähmen. Er trat nach ihm. José erwachte.
»Wenn ich dich noch einmal beim
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