Wallander 08 - Die Brandmauer
ist«, sagte Modin.
»Dann mußt du uns auch überzeugen.«
»Ich brauche eine Stunde.«
»Wir haben dreizehn«, erwiderte Wallander. »Gehen wir davon aus, daß wir wirklich nicht mehr haben.«
Wallander verließ den Raum. Er fuhr zum Präsidium hinauf. Als erstes ging er auf die Toilette. In den letzten Tagen hatte er ständig das Bedürfnis gehabt zu pinkeln. Und einen trockenen Mund. Das waren Anzeichen dafür, daß er nicht sorgfältig genug mit seinem Diabetes umging.
Was habe ich übersehen, dachte er. Gibt es in all dem etwas, was uns auf einen Schlag den Zusammenhang erkennen lassen könnte, nach dem wir suchen? Für einen Augenblick wanderten seine Gedanken zurück nach Malmö. Elvira Lindfeldt war an diesem Morgen verändert gewesen. Woran es lag, vermochte er nicht zu sagen, aber er war sich sicher. Und das beunruhigte ihn. Am wenigsten wollte er, daß sie schon jetzt Fehler an ihm feststellte. Vielleicht hatte er sie mit der Bitte um die Beherbergung Robert Modins zu rasch und zu abrupt in sein Berufsleben hineingezogen?
Er schüttelte die Gedanken ab und ging hinüber zu Hansson. Der saß vor seinem Computer und schlug anhand einer Liste, die Martinsson ihm gegeben hatte, in verschiedenen Registern nach. Wallander fragte, wie er vorankomme.
Hansson schüttelte den Kopf. »Nichts hängt zusammen«, sagte er entnervt. »Es ist, als versuchte man, eine Handvoll Puzzleteile aus verschiedenen Puzzles zusammenzufügen, und man hofft, daß Sie auf wunderbare Art und WeiSe zusammenpassen. Der einzige gemeinsame Nenner ist, daß es sich um Finanzinstitutionen |524| handelt. Dazu eine Telekommunikationsgesellschaft und ein Satellitenunternehmen.«
Wallander war plötzlich ganz Ohr. »Sag das letzte noch einmal.«
»Ein Satellitenunternehmen in Atlanta. ›Telsat Communications‹.«
»Es handelt sich also nicht um einen Hersteller?«
»Soweit ich verstanden habe, handelt es sich um ein Unternehmen, das Sendekapazität auf einer Reihe von Kommunikationssatelliten vermietet.«
»Das paßt also zu der Telekommunikationsgesellschaft«, sagte Wallander.
»Wenn man will, kann man sagen, daß es zu allem anderen paßt. Geld wird heutzutage auf elektronischem Weg hin und her geschoben. Die Zeit, als man Geld in Kisten transportierte, ist vorbei. Zumindest was die richtig großen Transaktionen anbelangt.«
Wallander kam eine Idee. »Kann man sehen, ob einer der Satelliten dieser Firma Angola abdeckt?«
Hansson bearbeitete seine Tastatur. Wallander merkte, daß es bedeutend langsamer ging als bei Martinsson.
»Ihre Satelliten decken die ganze Welt ab. Sogar die Polarregionen.«
Wallander nickte. »Es könnte etwas bedeuten. Ruf Martinsson an und erzähl ihm davon.«
Hansson ergriff die Gelegenheit. »Was war da eigentlich los heute nacht auf dem Acker?«
»Martinsson redet Scheiße«, antwortete Wallander kurz. »Aber lassen wir das jetzt.«
Wallander sah auf seiner Uhr, wie die Stunden vergingen. Er verbrachte seine Zeit im Präsidium zunächst in der eitlen Hoffnung, daß vom Runnerströms Torg das erlösende Telefonat käme. Aber es blieb still. Sie schienen nicht weiterzukommen. Lisa Holgersson hielt um vierzehn Uhr eine improvisierte Pressekonferenz ab. Sie hatte vorher mit Wallander sprechen wollen. Aber er hatte Sich unsichtbar gemacht und Ann-Britt strikte Anweisung gegeben zu sagen, er sei nicht im Hause. Lange Zeit stand er reglos am Fenster |525| und schaute zum Wasserturm hinüber. Die Wolkendecke hatte sich aufgelöst. Es war ein klarer und kühler Oktobertag.
Gegen drei hielt er es im Präsidium nicht mehr aus und fuhr zum Runnerströms Torg hinunter. Dort war eine intensive Diskussion über die Interpretation einiger Ziffernkombinationen im Gange. Als Modin Wallander ins Gespräch ziehen wollte, schüttelte dieser nur den Kopf.
Um fünf ging er und aß einen Hamburger. Nachdem er ins Präsidium zurückgekommen war, rief er bei Elvira Lindfeldt an. Sie nahm nicht ab. Nicht einmal ihr Anrufbeantworter war angeschaltet. Sein Mißtrauen kehrte sofort zurück. Aber er war zu müde und zu gespalten, um diesem Gefühl ernstlich nachzugehen.
Um halb sieben tauchte überraschend Ebba im Präsidium auf. Sie hatte eine Plastikschachtel mit Essen für Modin bei sich. Wallander bat Hansson, sie zum Runnerströms Torg zu fahren. Hinterher fand er, daß er ihr nicht genug gedankt hatte.
Gegen sieben rief er am Runnerströms Torg an. Martinsson meldete sich. Das Gespräch war kurz. Sie waren noch
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