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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Gefühl, als gingen sie aufeinander zu, um ein Duell auszutragen. Aber es passierte nichts, sie nickten nur und gingen gemeinsam in den Eßraum, wo der Kaffeeautomat wieder einmal den Geist aufgegeben hatte. Martinsson hatte einen blauen Fleck über einem Auge, und seine Unterlippe war geschwollen. Sie starrten auf den nachlässig geschriebenen Zettel, der verkündete, daß die Kaffeemaschine defekt war.
    »Ich krieg dich noch dran wegen dem, was du getan hast«, sagte Martinsson. »Aber zuerst bringen wir diesen Fall hinter uns.«
    »Es war ein Fehler von mir, dich zu schlagen«, erwiderte Wallander. »Aber das ist auch das einzige, was ich bereue.«
    Dann redeten sie nicht mehr über den Vorfall. Hansson war hereingekommen und beobachtete besorgt die beiden Männer vor dem Kaffeeautomaten.
    Wallander schlug vor, daß sie sich ebensogut im leeren Eßraum niederlassen könnten, statt in ein Sitzungszimmer zu gehen. Hansson setzte einen Topf mit Wasser auf und bot ihnen an, sich von seinem privaten Kaffee zu bedienen. Als sie gerade den Kaffee aufgegossen hatten, erschien Ann-Britt. Wallander wußte nicht, ob Hansson sie schon früh am Morgen angerufen und ihr erzählt hatte, was geschehen war. Aber es zeigte sich, daß Martinsson sie über den Mann, der auf dem Acker gestorben war, informiert hatte. Wallander merkte, daß er nichts von ihrer Prügelei erzählt hatte. Er sah auch, daß Martinsson ihr gegenüber eine gewisse Kälte an den Tag legte. Was nichts anderes bedeuten konnte, als |517| daß er seine Nacht damit verbracht hatte, darüber nachzugrübeln, wer Wallander etwas gesteckt haben konnte.
    Als Alfredsson sich ihnen nach wenigen Minuten anschloß, konnten sie anfangen. Hansson berichtete, daß Nyberg noch auf dem Acker war.
    »Was glaubt er denn da finden zu können?« fragte Wallander verwundert.
    »Er ist zwischendurch nach Hause gefahren und hat ein paar Stunden geschlafen«, erklärte Hansson. »Aber er rechnet damit, daß er in einer Stunde fertig ist.«
    Die Sitzung wurde kurz. Wallander bat Hansson, mit Viktorsson zu sprechen. In der gegenwärtigen Situation war es wichtig, daß der Staatsanwalt laufend informiert wurde. Sie würden im Laufe des Tages auch eine Pressekonferenz abhalten müssen. Doch die konnte Lisa Holgersson übernehmen. Wenn ihre Zeit es zuließ, konnte Ann-Britt ihr assistieren.
    »Ich war doch nicht einmal dabei heute nacht«, sagte sie erstaunt.
    »Du brauchst nichts zu sagen. Ich möchte nur, daß du aufpaßt, was Lisa sagt. Falls sie auf die Idee kommt, einen richtig dämlichen Kommentar abzugeben.«
    Die Reaktion auf seine letzten Worte war ein verblüfftes Schweigen. Keiner hatte ihn je zuvor so offen ihre Chefin kritisieren hören. Seine Bemerkung war nicht durchdacht. Es waren nur seine nächtlichen Grübeleien, die sich wieder in Erinnerung brachten. Das Gefühl, verbraucht zu sein, vielleicht alt. Und verleumdet. Aber wenn er wirklich alt war, konnte er sich auch erlauben, die Dinge beim Namen zu nennen. Ohne Rücksicht, weder in bezug auf Vergangenes noch auf Zukünftiges.
    Dann ging er zu den Dingen über, die jetzt wichtig waren.
    »Wir müssen uns auf Falks Rechner konzentrieren. Wenn es zutrifft, daß dort etwas einprogrammiert ist, was am Zwanzigsten ausgelöst wird, haben wir weniger als sechzehn Stunden Zeit, um darauf zu kommen, was es ist.«
    »Wo ist Modin überhaupt?« fragte Hansson.
    Wallander trank seinen Kaffee aus und stand auf. »Ich hole ihn. Dann legen wir los.«
    |518| Als sie den Eßraum verließen, wollte Ann-Britt mit ihm sprechen. Aber er winkte ab. »Nicht jetzt. Ich muß Modin holen.«
    »Wo ist er?«
    »Bei einer guten Freundin.«
    »Kann ihn nicht ein anderer holen?«
    »Sicher. Aber ich muß nachdenken. Wie nutzen wir diesen Tag auf bestmögliche Weise? Was bedeutet es, daß der Mann vom Acker da draußen tot ist?«
    »Darüber wollte ich gerade mit dir reden.«
    Wallander blieb in der Tür stehen. »Gut. Ich gebe dir fünf Minuten.«
    »Es kommt mir so vor, als hätten wir die wichtigste Frage noch gar nicht gestellt.«
    »Und die wäre?«
    »Warum er sich selbst erschossen hat und nicht dich.«
    Wallander merkte an seiner Stimme, wie verärgert er klang. Das war er ja auch. Über alle und alles.
    Und er bemühte sich nicht, es zu verbergen. »Warum gehst du davon aus, daß ich mir diese Frage nicht schon gestellt habe?«
    »Dann hättest du etwas gesagt, als wir eben zusammensaßen.«
    Naseweise Zicke, dachte er. Aber das sagte er nicht.

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