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Wallander 08 - Die Brandmauer

Wallander 08 - Die Brandmauer

Titel: Wallander 08 - Die Brandmauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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könnte versuchen, mich zu bessern. Wir werden sehen, wie lange es anhält. Außerdem ist ja heute Samstag.«
    Sie gingen gemeinsam zum Eßraum, um den obligatorischen Kaffee zu holen. Wallander erzählte von den nächtlichen Ereignissen.
    »Das klingt ja total verrückt«, meinte Hansson. »Warum um Himmels willen legt man einen Toten zurück auf die Straße?«
    »Dafür, daß wir das herausfinden, bekommen wir unser Gehalt«, sagte Wallander. »Du sollst übrigens heute abend auf Hundesuche gehen.«
    »Was meinst du damit?«
    »Eigentlich war es Martinssons Idee. Jemandem, der mit seinem Hund draußen war, ist vielleicht am Missunnaväg etwas aufgefallen. Und da meinten wir, du könntest dich dahin stellen und eventuelle Hundebesitzer ansprechen.«
    »Warum gerade ich?«
    »Du magst doch Hunde. Oder nicht?«
    »Ich habe heute abend schon was vor. Es ist Samstag, nur so nebenbei.«
    »Du schaffst beides. Es reicht, wenn du kurz vor elf da bist.«
    Hansson nickte.
    Wallander hatte seinen Kollegen zwar nie besonders gern gemocht, aber an seiner Bereitschaft, sich zur Verfügung zu stellen, wenn Not am Mann war, fand er nichts auszusetzen.
    »Um acht im Sitzungszimmer«, sagte er. »Wir müssen das Ganze bereden. Gründlich.«
    »Ich finde, wir tun nichts anderes. Aber wir kommen trotzdem nicht von der Stelle.«
    Wallander setzte sich an seinen Schreibtisch. Doch nach einer Weile schob er den Block von sich. Er wußte nicht mehr, was er schreiben sollte. Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals so desorientiert und konzeptlos vor einer Ermittlung gestanden zu haben. Sie hatten einen toten Taxifahrer und eine ebenso tote Mörderin. Sie hatten einen Mann vor einem Geldautomaten, dessen |230| Leiche verschwunden war, um anschließend vor demselben Geldautomaten wieder aufzutauchen. Mit zwei fehlenden Fingern, und zwar denen, die er benutzt hatte, wenn er an seinem Computer tippte. Sie hatten außerdem einen gravierenden Stromausfall in Schonen und eine sonderbare Verknüpfung all dieser Todesfälle und Vorkommnisse. Dazu kam, daß jemand auf Wallander geschossen hatte. Es wäre eine Illusion zu glauben, es hätte sich um einen ungezielten Schreckschuß gehandelt. Er hatte sterben sollen.
    Nichts daran ist plausibel, dachte Wallander. Ich weiß nicht, wo der Anfang ist und wo das Ende. Am wenigsten weiß ich, warum diese Menschen gestorben sind. Irgendwo muß es doch ein Motiv geben.
    Er stand auf und trat mit dem Kaffeebecher in der Hand ans Fenster.
    Was würde Rydberg tun? Hätte er einen Rat? Wie würde er vorgehen? Oder wäre er ebenso verwirrt wie ich?
    Ausnahmsweise erhielt er keine Antwort. Rydberg schwieg.
    Es wurde halb acht. Wallander mußte die Sitzung der Ermittlungsgruppe vorbereiten. Trotz allem war er derjenige, der die Dinge vorantreiben mußte. Um die Geschehnisse von einem neuen Blickwinkel aus zu sehen, ließ er sie in Gedanken rückwärts ablaufen. Welche Ereignisse waren zentral? Welche konnten als Anhängsel betrachtet werden? Es war, als konstruiere man ein Planetensystem, in dem verschiedene Planeten in unterschiedlichen Umlaufbahnen um einen Kern kreisten. Aber er fand diesen Kern nicht. Da war nur ein großes, schwarzes Loch.
    Irgendwo existiert immer eine Hauptperson, dachte er. Nicht alle Rollen sind gleich wichtig. Einige von denen, die gestorben sind, haben eine kleinere Rolle gespielt. Aber wer ist eigentlich wer? Und in welchem Stück?
    Er war wieder beim Ausgangspunkt angelangt. Das einzige, was ganz sicher schien, war die Tatsache, daß der Mordversuch an ihm selbst nicht im Zentrum stand. Ebensowenig hielt er es für denkbar, daß der Mord an dem Taxifahrer den Ausgangspunkt für die übrigen Ereignisse bildete.
    Blieb nur Tynnes Falk. Zwischen ihm und Sonja Hökberg hatte |231| es eine Verbindung gegeben. Ein fehlendes Relais und die Zeichnung einer Transformatorstation. Daran mußten sie sich halten. Das Verbindungsglied war brüchig. Aber dennoch existierte es.
    Er blieb noch ein paar Minuten sitzen. Auf dem Flur hörte er Ann-Britt lachen. Das war lange nicht vorgekommen. Er sammelte seine Zettel und Mappen zusammen und ging zum Sitzungszimmer.
     
    Sie verbrachten fast drei Stunden an diesem Samstagvormittag mit der Lagebesprechung. Langsam verschwand die müde und graue Stimmung um den Tisch.
    Gegen halb neun kam Nyberg herein. Wortlos setzte er sich an die untere Schmalseite. Wallander sah ihn an. Nyberg schüttelte den Kopf. Er hatte nichts zu sagen, was nicht warten

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