Wallander 08 - Die Brandmauer
zu früh.«
Martinsson setzte sich wieder an den Computer.
Um halb fünf machten sie eine Pause. Martinsson lud Wallander zu sich zum Abendessen ein. Kurz vor sieben waren sie wieder zurück. Wallander sah ein, daß seine Anwesenheit gänzlich unnötig war. Aber anderseits wollte er Martinsson nicht allein lassen.
Erst als es zehn Uhr geworden war, gab Martinsson auf. »Ich komme nicht durch« sagte er. »Solche Sicherheitssysteme habe ich mein Lebtag noch nicht gesehen. Hier liegen tausende Kilometer an elektronischem Stacheldraht. Firewalls, die man nicht überwinden kann.«
»Dann wissen wir das«, sagte Wallander. »Dann müssen wir uns ans Reichskrim wenden.«
»Vielleicht auch nicht«, sagte Martinsson zögernd.
»Haben wir denn eine Alternative?«
»Wir haben allerdings eine«, sagte Martinsson. »Einen jungen Mann namens Robert Modin. Er wohnt in Löderup. Nicht weit von dem Haus entfernt, in dem dein Vater gelebt hat.«
»Wer ist das?«
»Ein ganz normaler junger Mann von neunzehn Jahren. Soweit ich weiß, ist er vor ein paar Wochen aus dem Gefängnis entlassen worden.«
Wallander sah Martinsson skeptisch an. »Warum sollte der eine Alternative sein?«
»Weil er es vor ein, zwei Jahren geschafft hat, in den Zentralrechner des Pentagons einzudringen. Er gilt als einer der geschicktesten Hacker in Europa.«
Wallander zögerte. Gleichzeitig lockte ihn Martinssons Idee. Er |237| brauchte keine lange Bedenkzeit. »Hol ihn her«, sagte er. »In der Zwischenzeit sehe ich nach, was Hansson und seine Hunde machen.«
Martinsson fuhr in seinem Wagen nach Löderup.
Wallander schaute sich in der nächtlich dunklen Straße um. Ein Wagen stand ein paar Häuser weit entfernt. Er hob die Hand zu einem Gruß.
Dann fiel ihm ein, was Ann-Britt gesagt hatte. Daß er vorsichtig sein sollte.
Noch einmal blickte er sich um. Dann ging er hinauf zum Missunnaväg.
Der Nieselregen hatte aufgehört.
|238| 19
Hansson hatte seinen Wagen vor dem Finanzamt geparkt.
Wallander sah den Kollegen schon von weitem. Er stand unter einer Straßenlaterne und las Zeitung. Unverkennbar ein Polizist, dachte Wallander. Niemand braucht daran zu zweifeln, daß er einen Auftrag ausführt, auch wenn nicht klar ist, was er genau tut. Aber er ist zu dünn gekleidet. Abgesehen von der goldenen Regel, nach getaner Arbeit am Abend lebend nach Hause zu kommen, gibt es für einen Polizisten nichts Wichtigeres, als sich warm anzuziehen, wenn er einen Fahndungsauftrag im Freien ausführt.
Hansson schien in seine Zeitung versunken. Er bemerkte Wallander erst, als der unmittelbar neben ihm stand. Wallander sah, daß es eine Zeitung über Trabsport war.
»Ich habe dich gar nicht gehört«, sagte Hansson. »Ich frage mich, ob ich allmählich schwerhörig werde.«
»Wie läuft es mit den Pferden?«
»Ich lebe von Illusionen wie die meisten anderen. Daß man eines Tages mit der einzigen richtigen Tippreihe dasitzt. Aber die verfluchten Pferde laufen nicht, wie sie sollen. Nie.«
»Und was machen die Hunde?«
»Ich bin noch nicht lange hier. Bisher ist niemand vorbeigekommen.«
Wallander sah sich um. »Als ich nach Ystad kam, war hier freies Feld.«
»Svedberg hat oft davon gesprochen«, sagte Hansson. »Wie die Stadt sich verändert habe. Aber er war ja hier geboren.«
Sie verweilten für einen Moment in Gedanken bei ihrem toten Kollegen. In der Erinnerung konnte Wallander immer noch hören, wie Martinsson hinter ihm aufstöhnte, als sie Svedberg erschossen auf dem Fußboden seines Wohnzimmers entdeckten.
|239| »Er wäre bald fünfzig geworden«, sagte Hansson. »Wann bist du dran?«
»Nächsten Monat.«
»Ich hoffe, ich bin eingeladen.«
»Wozu denn? Ich feiere nicht.«
Sie gingen die Straße entlang. Wallander erzählte von Martinssons hartnäckigen Versuchen, in Tynnes Falks Rechner hineinzukommen. Sie blieben beim Geldautomaten stehen.
»Man gewöhnt sich so schnell an alles«, sagte Hansson. »Ich kann mich kaum mehr daran erinnern, wie es war, bevor die Automaten kamen. Und noch weniger verstehe ich, wie sie eigentlich funktionieren. Manchmal stelle ich mir vor, daß ein kleiner Kassierer da drin sitzt. So ein Alter, der die Scheine zählt und kontrolliert, daß alles mit rechten Dingen zugeht.«
Wallander dachte an das, was Erik Hökberg gesagt hatte. Wie verwundbar die Gesellschaft geworden war. Der Stromausfall einige Nächte zuvor hatte seine Worte bestätigt.
Sie gingen zu Hanssons Wagen zurück. Noch immer waren
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