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Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Wallander 09 - Der Feind im Schatten

Titel: Wallander 09 - Der Feind im Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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gegenüber vom Hauptbahnhof ab. Als er die Abendzeitungen durchblätterte, stellte er fest, dass die Waffengeschichte schon auf einem weniger Aufsehen erregenden Platz gelandet war. Die große Nachricht des Tages war ein dreister Banküberfall in Göteborg, bei dem die vier Räuber ABBA-Masken getragen hatten. Widerwillig empfand er ein Gefühl von Dankbarkeit den Bankräubern gegenüber.
    In dieser Nacht schlief er ungewöhnlich gut in seinem Hotelbett.

 
4
     
    Håkan von Enkes Geburtstagsfeier fand in einem gemieteten Festsaal im gehobenen Stockholmer Vorort Djursholm statt. Wallander war noch nie in Djursholm gewesen. Linda hatte beteuert, mit seinem Anzug sei er korrekt gekleidet. Håkan von Enke hasste Frack und Smoking, liebte hingegen die unterschiedlichen Uniformen, die er während seines langen Berufslebens bei der Marine getragen hatte. Wallander hätte natürlich seine Polizeiuniform wählen können, aber er hatte sich für seinen Anzug entschieden. In der gegenwärtigen Situation schien es ihm passender.
    Warum hatte er sich darauf eingelassen, mit nach Stockholm zu reisen, ging es Wallander durch den Kopf, als die Schnellbahn von Arlanda in den Stockholmer Hauptbahnhof einlief. Vielleicht hätte er sich einen anderen Ort aussuchen sollen. Zum Beispiel Skagen, wo er so gern an den Stränden entlangwanderte, das Kunstmuseum besuchte und in einer der Pensionen, die er seit fast dreißig Jahren immer wieder besuchte, ausspannen konnte. Nach Skagen war er auch gefahren, als er vor vielen Jahren erwogen hatte, die Polizistenlaufbahn an den Nagel zu hängen. Doch jetzt war er hier in Stockholm, um an einer Geburtstagsfeier teilzunehmen.
    Als er nach Djursholm hinauskam, nahm von Enke sich seiner sogleich an. Es hatte den Anschein, als freue er sich wirklich, Wallander zu sehen. Beim Festessen saß Wallander am Ehrentisch zwischen Linda und einer Konteradmiralswitwe. Die Admiralswitwe hieß Hök und war in den Achtzigern, trug ein Hörgerät und trank gierig vom Wein, derauf den Tisch kam. Schon beim Vorgericht begann sie, leicht anzügliche Geschichten zu erzählen. Wallander fand sie interessant, besonders als sich herausstellte, dass eins ihrer sechs Kinder ein Experte der Rechtsmedizin in Lund war; Wallander hatte bei verschiedenen Gelegenheiten mit ihm zu tun gehabt und einen guten Eindruck von ihm gewonnen. Es wurden zahlreiche Reden gehalten, aber alle waren vorbildlich kurz. Militärisch beispielhaft, dachte Wallander. Toastmaster war Korvettenkapitän Tobiasson; seine humorvollen Kommentare fand Wallander tatsächlich lustig. Als die Admiralswitwe vorübergehend verstummte, weil ihr Hörgerät streikte, stellte sich Wallander vor, was geschehen könnte, wenn er selbst fünfundsiebzig würde. Wer würde zu seinem Fest kommen, falls er sich entschließen würde, richtig zu feiern? Linda hatte erzählt, dass es Håkan von Enkes Idee gewesen sei, einen Festsaal zu mieten. Wenn Wallander es recht verstanden hatte, war das zumindest für seine Frau Louise eine Überraschung gewesen. Früher hatte ihr Mann seine Geburtstage mit ausgesprochener Verachtung betrachtet. Aber plötzlich hatte er sich eines anderen besonnen und zu diesem üppigen Festessen eingeladen.
    Der Kaffee wurde in angrenzenden Räumen mit bequemen Sitzmöbeln serviert. Als das eigentliche Essen vorbei war, ging Wallander auf eine verglaste Veranda hinaus, um sich die Beine zu vertreten. Ein großer Garten umgab das Festlokal, das einem von Schwedens frühen und vermögendsten Industriebossen als Wohnung gedient hatte.
    Er zuckte zusammen, als Håkan von Enke neben ihm auftauchte, in der Hand eine alte Stummelpfeife, für die heutige Zeit absolut ungewöhnlich. Wallander kannte auch das Tabakpaket, »Hamiltons Mischung«. Für eine kurze Periode vor seinem zwanzigsten Lebensjahr hatte er selbst Pfeife geraucht und genau diesen Tabak bevorzugt.
    »Winter«, sagte Håkan von Enke. »Und Schneesturm im Anzug, dem Wetterbericht zufolge.«
    Er verstummte und betrachtete aufmerksam den dunklen Himmel. »Wenn man sich an Bord eines U-Boots in ausreichender Tiefe befindet, gibt es keine Wetter- und Klimaverhältnisse mehr. Da herrscht Ruhe, ein stilles unteres Meer, wenn man nur tief genug ist. In der Ostsee reicht eine Tiefe von fünfundzwanzig Metern, wenn es an der Oberfläche nicht zu stark stürmt. In der Nordsee ist es schwieriger. Ich erinnere mich, dass wir einmal bei Sturm von Schottland ausgelaufen sind. In dreißig Metern Tiefe hatten

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