Wallander 09 - Der Feind im Schatten
wohin mein Weg geht.
Es war nach dem Dreikönigstag, ein Dienstag. In der Nacht war ein kurzes Schneeunwetter über das südliche Schonen hinweggefegt und über die Ostsee abgezogen. Eine Schneewehe versperrte die Einfahrt zu seinem Haus. Schon um kurz nach sechs war Wallander draußen und schippte Schnee, während Jussi eifrig nach Hasenspuren am schneebedeckten Feldrand schnüffelte. Wallander wollte an diesem Morgen den Arzt aufsuchen, der seinen Blutzucker kontrollierte. Es war inzwischen mehr als zehn Jahre her, dass sein Diabetes diagnostiziert worden war. Anfangs hatte er die Werte mithilfe von Medikamenten, Ernährungsumstellung und mehr Bewegung auf einem niedrigen Niveau halten können. Aber seit einigen Jahren musste er auch täglich spritzen. Nach dem Besuch beim Arzt wollte Wallander sich weiter der Ermittlung widmen, die ihn seit Anfang Dezember in Atem hielt. Ein älterer Waffenhändler und seine Frau waren bei einem Überfall schwer verletzt worden; den Räubern war eine große Anzahl Waffen in die Hände gefallen.Der Mann lag immer noch im künstlichen Koma, sein Zustand war äußerst kritisch. Die Frau hatte einen Schädelbruch und würde auf einem Auge blind bleiben, war aber bei Bewusstsein. Wallander, der als Erster am Tatort eingetroffen war, einem schönen Haus in einem großen Garten gut zehn Kilometer nördlich von Ystad, war außer sich gewesen vor Empörung über die maßlose Gewalt, die dem Paar zugefügt worden war. Sie waren bewusstlos geschlagen, gefesselt und liegengelassen worden, um zu sterben.
Der Mann, Olof Hansson, hatte sein Waffengeschäft von zu Hause aus betrieben. Er hatte das Gewerbe von seinem Vater übernommen. Gemeinsam mit seiner Frau Hanna hatte er sich auf Revolver und Pistolen spezialisiert, oft handelte es sich um einzigartige Sammlerstücke. Die Räuber waren gut vorbereitet gewesen. Wallander und Staatsanwalt Erik Petrén hatten mit den übrigen Mitgliedern der Ermittlungsgruppe die Bilder der Überwachungskamera gesehen. Sie erkannten fünf maskierte Räuber. Eine der Kameras hatte den Augenblick eingefangen, als Olof Hansson von einem Holzknüppel am Hinterkopf getroffen wurde. Ein halbersticktes Stöhnen war im Raum zu hören.
Wallander rief sich ein altes Paar in Erinnerung, das vor bald zwanzig Jahren in Lenarp ermordet worden war. In seiner privaten Buchführung war dies eine der intensivsten Ermittlungen gewesen, für die er in all seinen Jahren in Ystad die Verantwortung getragen hatte. Die Tat war von zwei Asyl suchenden Flüchtlingen begangen worden, nachdem sie beobachtet hatten, wie der alte Bauer in einer Bank eine hohe Geldsumme abgehoben hatte. Es kam Wallander so vor, als sähe er das Verbrechen von damals jetzt ein zweites Mal vor sich, ein Grauen, das sich wiederholte. Was vor langer Zeit geschehen war, vermischte sich mit dem, womit er jetzt befasst war. Die gleiche bestialische Brutalität, die ihn heute nicht weniger erschreckte als damals.
Seit über einem Monat arbeiteten sie nun schon daran, die Täter dingfest zu machen. In den ersten Wochen hatte es keinerlei handfeste Spuren oder Ansatzpunkte gegeben. Dass der Raubüberfall gründlich geplant war, betrachtete Wallander jedoch als eine Spur an sich. Die Täter wären mit großer Wahrscheinlichkeit in kriminellen Kreisen zu suchen. Nur einmal in diesen Wochen hatte Wallander Ystad verlassen, um nach Hässleholm zu fahren. Dort hatte er sich mit einem Mann namens Rune Berglund unterhalten. Sie hatten sich im abendlichen Dunkel am Sportplatz der Stadt getroffen. Berglund hatte eine kriminelle Vergangenheit und war wegen Raub und schwerer Körperverletzung mehrfach vorbestraft. Dann war er plötzlich bekehrt worden und hatte zur Verwunderung aller seine Laufbahn als Ganove beendet, hatte jedoch weiterhin ein umfangreiches Kontaktnetz. Für eine Ermittlung hatte Wallander ihn als Informanten von einem Kollegen in Malmö »ausgeliehen«. Seitdem wandte er sich gelegentlich an Berglund, wenn er Informationen benötigte. Der Preis war stets der gleiche, zwei Hunderter für die Kollekte. Berglund arbeitete von sieben bis vier bei einer Reifenfirma und verbrachte seine freie Zeit in der freikirchlichen Gemeinde, wo er Jesus gefunden hatte. Oder war es vielleicht umgekehrt, dass Jesus ihn gefunden hatte? Wallander zweifelte nie daran, dass seine Hunderter wirklich in der Kollekte landeten.
Berglund war nicht erstaunt gewesen, als Wallander sein Anliegen erklärte, der Waffendiebstahl bei Ystad
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