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Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Titel: Walled Orchard 01: Der Ziegenchor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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allmählich wieder auf dumme Gedanken, insbesondere in bezug auf Sparta. So herrschte die allgemeine Ansicht, daß wir uns als Stadt und durch Nikias’ mangelndes Geschick von den Spartanern die Friedensbedingungen mehr oder weniger hatten diktieren lassen. Natürlich steckte weit mehr dahinter; tief im Innern war jeder einzelne davon überzeugt, Athen werde erst dann wirklich sicher sein, wenn Sparta nur noch ein Haufen Schutt und Asche und die Einwohner ausgerottet seien. Sollten wir Sparta allerdings tatsächlich zerstören wollen, gaben einige zu bedenken, dann brauchten wir die doppelte oder gar dreifache Menge an Schiffen, Geld und vor allem an Menschenpotential. Zunächst gelte es, das Reich zu 401
    vergrößern, was vor allen anderen Dingen Vorrang haben müsse. Im Osten war wenig Raum zur Expansion, obwohl manche Leute verstiegen davon sprachen, den Großkönig von Persien vom Thron zu stoßen und mit Hilfe von medischen und ägyptischen Truppen Sparta in Grund und Boden zu stampfen. Aber das war nur albernes Gerede; der persische König war viel zu mächtig, und außerdem brauchten wir Soldaten, auf die wir uns verlassen konnten, also Griechen. Deshalb richtete sich der Blick der Athener nach Westen, und zwar auf die griechischen Städte in Italien und Sizilien und noch weiter entfernt. Immer häufiger erinnerten sich die Menschen an die Berichte, die man von den Vätern gehört hatte; wie an die Geschichte über den Mann namens Kolaios, der beim Segeln nach Westen vom Kurs abgetrieben worden war und schließlich auf einem mit Silber vollbeladenen Schiff zurückkehrte, oder über die Goldenen Inseln am Ende der Welt, die in so weiter Ferne liegen, daß dort die Sonne im Osten untergeht. Es kursierten aber auch einleuchtendere Geschichten über den Reichtum im Westen; so gebe es nicht nur Getreide in Unmengen – obwohl die ganze Region unvergleichlich fruchtbar sei, baue man dort fast ausschließlich Weizen an –, sondern auch Metalle und Holz, Felle und Wolle, Gold, Silber, Bernstein und Edelsteine – eben alles, was der Osten zu bieten habe, aber bloß von ein paar fetten Griechen und verrohten Halbwilden bewacht. Wie es weiter hieß, könnten wir am besten von Italien aus das Land um Massilia erobern, wo es derart häufig regne, daß die Menschen Gräben anlegen würden, aber nicht etwa um das Wasser zu sammeln, sondern um es loszuwerden; und wir könnten nach Süden 402
    ziehen, nach Karthago und Kyrene, und hinunter in das heiße Land, wo die Menschen schwärzer als selbst die Libyer seien. Die Heraklessäulen seien nämlich gar nicht das Ende der Welt, wie uns unsere Väter gelehrt hatten; die Phöniker seien über sie hinausgefahren und hätten Zinn und Kupfer gefunden sowie riesige Tiere mit dicken, zur Herstellung von Schilden geeigneten Häuten. Sobald wir erst einmal einen gesicherten Stützpunkt eingerichtet hätten, würden uns ungeahnte Möglichkeiten erwarten.
    Wenn wir so viele entfernte Länder besetzen könnten, ohne uns allzusehr anstrengen zu müssen, dann war es nach meinem Dafürhalten, gelinde gesagt, äußerst eigenartig, warum wir so viele Probleme damit hatten, mit einer kleinen Stadt fertig zu werden, die keine zweihundert Meilen entfernt liegt und in der man statt Geld Eisenbarren benutzt. Was mir zusagte, war die Argumentation, die ich von Kleonymos und seinen Freunden hörte. Sie warfen die Frage auf, wer im Peloponnesischen Bund die meisten Kriegsschiffe besitze. Natürlich Korinth. Und ob es nicht der Wahrheit entspreche, daß der Großteil des in die Peloponnes eingeführten Getreides von korinthischen Schiffen befördert werde? Und woher holten die Korinther das Getreide, das sie an ihre Verbündeten lieferten?
    Stammte es nicht von den goldenen Ebenen Siziliens und ganz besonders von ihren Verbündeten, den Syrakusern?
    Und hätten wir nicht ebenfalls Verbündete in Sizilien, gute, zuverlässige Ortschaften mit viel Geld, die in Angst vor einem syrakusischen Angriff lebten? Welchen besseren Vorwand für ein Eingreifen in Sizilien gebe es für uns, als zur Unterstützung unserer eigenen Städte zu eilen? Aber es 403
    gehe noch weiter, denn diese Städte hätten tatsächlich angeboten, uns für den Krieg aus ihren unerschöpflichen Reserven an Silbermünzen zu bezahlen, so daß er Athen nicht einen Obolos kosten würde. Falls wir Erfolg haben sollten (und wie könnten wir schon scheitern?), würden wir uns nicht nur den unermeßlichen Reichtum Siziliens unter den Nagel

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