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Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Titel: Walled Orchard 01: Der Ziegenchor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Dichter stehe ich unter dem direkten Schutz von Dionysos. Jeder, der mir die Haut auch nur anritzt, wird dazu verdammt werden, den Rest seines Lebens nichts als Wasser zu trinken.«
    Irgend jemand kicherte im Hintergrund, und bald brüllten alle vor Lachen, wie es Betrunkene tun – alle, bis auf Aristophanes, der seine Saufkumpane nach wie vor aufforderte, mich umzubringen. Das wäre doch solch ein furchtbarer Spaß, flehte er sie an. Man könne meinen Kopf abschneiden, ihn in einen Beutel stecken und dazu benutzen, Menschen in Stein zu verwandeln.
    »Wenn ich jetzt mein Schwert wiederhaben dürfte, werde ich euch eurer Arbeit überlassen, die, wie ich sehe, von erheblicher öffentlicher Bedeutung ist«, unterbrach ich ihn zuversichtlich.
    »Das stimmt allerdings«, bestätigte jemand mit nuschelnder Stimme. »Wir müssen die Flotte am Auslaufen hindern. Können diesen Alkidingsides doch nicht einfach in Sizilien rumstolzieren lassen, damit er den Städten den 418
    ganzen Käse wegfrißt. Sobald wir hier fertig sind, werden wir die ganze Flotte in Brand setzen.«
    »Welch großartige Idee! Dann kann niemand mehr in See stechen«, bekundete ich ihnen mein Wohlwollen und nahm mein Schwert aus den Händen des Mannes entgegen, der es mir zuvor abgenommen hatte und den ich nun ebenfalls wiedererkannte (genaugenommen kannte ich die meisten von ihnen, als ich sie jetzt so deutlich vor mir stehen sah – sie durften oder wollten allesamt nicht mit nach Sizilien fahren, was wahrscheinlich erklärte, warum sie eine Feier abgehalten hatten). Als ich mich, ohne mich noch einmal umzublicken, rasch auf den Nachhauseweg machte, verriet mir das Geräusch von zerbrechendem Marmor, daß die Männer ihre Arbeit wiederaufgenommen hatten. Ich schloß die Haustür hinter mir und legte den Riegel vor.
    »Na, wen hast du umgebracht?« begrüßte mich Phaidra.
    »Du bist ganz schön lange weggewesen.«
    »Draußen war niemand mehr, als ich nachgesehen habe«, log ich. »Hast du dir Sorgen gemacht?«
    »Nein, warum sollte ich?« erwiderte Phaidra. »Wen interessiert es schon, ob dir etwas zustößt?«
    Ich warf mein Schwert in eine Ecke. Meine kurze Konfrontation mit der Gefahr hatte der Tatsache, nicht nach Sizilien mitgehen zu dürfen, größtenteils den Stachel genommen, und mein Geschick, bei drohender Gefahr angemessen reagieren zu können, hinterließ bei mir eine fast ausgelassen fröhliche Stimmung.
    »Komm her und sag das noch mal«, neckte ich Phaidra.
    419
    Am nächsten Tag war niemand fröhlicher Stimmung.
    Allerdings muß man auch verstehen, wie abergläubisch die Leute damals noch waren, schließlich war die Philosophie noch lange nicht so sehr in Mode wie heute, und wie furchtbar nervös alle waren, daß die Flotte auslief. Folglich herrschte allgemeines Entsetzen, als man nach dem Aufwachen feststellen mußte, daß jemand Götterstatuen zerschlagen hatte (offenbar hatten die angeheiterten Steinmetze mit den meisten Hermes-Statuen in der Stadt gründlich aufgeräumt), und deutete dies als ein schlechtes Vorzeichen. Hermes, hieß es, sei der Gott des sicheren Geleits – er begleitet uns, wenn unsere Seelen über den Styx setzen, und wacht über alle Gesandten und gefahrvollen Reisen –, und nun seien seine Statuen nur noch für den Kalkofen zu gebrauchen, also müsse der Gott böse mit uns sein. Ich glaube, der Hauptgrund für die Panik war, daß niemand wußte, wer es getan hatte, weil alle (außer mir) geschlafen hatten; entweder war man früh zu Bett gegangen, weil man am nächsten Tag mit der Flotte in See stechen mußte, oder man hatte sich auf Abschiedsfeiern herumgetrieben und schlief seinen Rausch aus. Deshalb konnte man nur raten, wer für die Verwüstungen verantwortlich war, und unter solchen Umständen neigten alle dazu, geheime Verschwörungen zu vermuten. Bei Tagesanbruch herrschte die allgemeine Ansicht vor, die Tat sei von der antidemokratischen Partei (wer immer das war) verübt worden, um Unglück über die Flotte zu bringen und danach die Herrschaft über den Staat 420
    an sich zu reißen. Das hörte sich natürlich sehr besorgniserregend an.
    Bringen Sie drei oder vier Athener zusammen an einen Tisch, und sie werden sofort fordern, den Heerführer wegen Hochverrats anzuklagen. Der Heerführer war zu jener Zeit natürlich Alkibiades; und aufgrund der unergründlichen Vorgänge in der demokratischen Denkungsart nahm man zweifelsfrei an, daß er den Feldzug selbst sabotiert haben mußte, da dieser seine Idee

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