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Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Walled Orchard 01: Der Ziegenchor

Titel: Walled Orchard 01: Der Ziegenchor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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merkte auf einmal, daß mich das nicht weiter scherte. Ich beugte mich über sie, löschte das Licht und ließ mich mit dem Kopf ins Kissen fallen.
    »Was hast du denn jetzt vor?« wollte Phaidra wissen.
    »Einschlafen natürlich«, nuschelte ich ins Kissen hinein.
    »Du kannst machen, was du willst.«
    Danach sagte sie noch eine ganze Menge, was ich als seltsam beruhigend empfand, denn ich fiel tatsächlich in 218
    eine Art Dämmerschlaf. Als ich wieder zu mir kam, waren die Kopfschmerzen völlig verschwunden. Phaidra schlief fest, wobei sie ihre Nase fest gegen meinen Nacken preßte.
    Um sie nicht aufzuwecken, drehte ich mich sehr vorsichtig um, dann schaute ich sie mir an.
    Einer der Nachbarn meines Vaters pflegte die Geschichte von der Erschaffung der Frau so zu erzählen, daß die guten Götter den weiblichen Körper aus Lehm formten, wobei sie ihn lieblicher machten als alles andere in der Welt, und ihn zum Trocknen in der Sonne ließen.
    Während sie abwesend waren, kamen die bösen Götter und steckten die weibliche Seele in den Körper, damit sterbliche Männer niemals im Leben Ruhe und Glückseligkeit erfahren. Ich werde nie vergessen, wie schön Phaidra in diesem Moment aussah. Über ein Auge war eine Haarsträhne gefallen, und ich strich sie über die Stirn zurück. Dann versuchte ich, Phaidra zu küssen, doch ihre Lippen waren zur Hälfte im Kissen vergraben, und es gelang mir nur, den Mundwinkel zu berühren. Ich schob behutsam einen Finger unter ihr Kinn, um das Gesicht anzuheben, aber sie wachte plötzlich auf, murmelte: »Laß mich in Ruhe«, und drehte sich auf die andere Seite um.
    »Nein, komm wieder her.«
    »Ach, fahr zur Hölle!« fluchte sie gähnend. »Außerdem schnarchst du. Ich hoffe nur, die Samier kriegen dich.«
    »Was soll das denn heißen?«
    »Das heißt, wenn ich man mich in diesem Moment vor die Wahl stellen würde, mich zwischen dir und keinem Ehemann entscheiden zu müssen, dann…«
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    »Hör mal…«
    Sie schlängelte sich von mir weg bis ganz an die Bettkante heran. »Wenn man mich vor die Wahl stellen würde…«, wiederholte sie und verstummte plötzlich.
    Eine innere Stimme raunte mir etwas zu, und auf einmal schien sich alles zusammenzufügen, wie man ein Rad an die Achse montiert, bevor der Achsnagel ganz hineingeschlagen wird. »Ach, das ist es also, was mit dir nicht stimmt«, stieß ich fast erleichtert aus.
    »Ach, was du nicht sagst…«
    Ich setzte mich auf und rieb mir die Augen. »Jetzt mal ganz im Ernst.«
    »Was ist es denn?«
    »Jedesmal, wenn ich mich bei Leuten über dich erkundigt habe, habe ich den Eindruck gewonnen, daß es etwas gibt, das ich wissen sollte«, erklärte ich ihr. »Aber leider habe ich nie herausfinden können, was.«
    Phaidra machte ein verzweifeltes Gesicht, als wäre ich ein schwieriges Kind, das sich nicht bestechen ließ, nicht einmal mit einem Stück Honigwabe. »Jetzt schlaf endlich«, sagte sie müde.
    »Aber ich habe nie gedacht…« In diesem Moment haßte ich den Klang meiner eigenen Stimme, die sich in der Dunkelheit schrill und kindlich anhörte und nichts mit mir zu tun hatte. »Ich habe wirklich nie gedacht, daß es so etwas Simples sein könnte wie…«
    »Wie was?«
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    »Wie ein wirklich mieser Charakter«, fuhr ich fort, während ich die Worte wie widerspenstige Schafe durch das Gatter meiner Zähne trieb. »Das ist es also, stimmt’s?
    Wirfst du eigentlich auch mit Gegenständen um dich, oder schreist du nur?«
    »Ich habe keinen miesen Charakter!« kreischte sie mich an, und einen Augenblick lang hatte ich das Gefühl der Überlegenheit und war glücklich.
    »Und das ist es, was alle anderen wußten und ich nicht«, fuhr ich ungerührt fort, wobei meine Stimme immer lauter wurde und ich mich nicht darum kümmerte, wie sie klang.
    »Das ist es, was mir dein Vater erfolgreich verschwiegen hat. Das ist es, was Aristophanes meinte, als er sagte…«
    »Das ist doch typisch Mann!« zischte sie. »Männer dürfen natürlich schreien und mit Sachen um sich werfen, wie es ihnen beliebt. O ja, denen ist es gestattet, so laut und widerlich zu sein, wie sie nur wollen, vor allem wenn sie wie Hunde in der Meute durch die Gegend ziehen. Ich nehme an, wenn du mitten in der Nacht mit vollgekotztem Umhang und einem hübschen Jungen nach Hause kommst, den du im Schuhmacherviertel aufgegabelt hast, dann…«
    »Ich hätte es wissen müssen«, unterbrach ich sie, während ich meine Kerntruppen gegen die feindliche Reiterei führte.

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