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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Laßt. Ich habe es erfaßt.«
    Sie konnten Wallenstein nicht entgehen. Der einzige Trumpf, der in ihren Händen war, die Magnaten und Wucherer Böhmens, ging ihnen in dem Augenblick verloren, wo die Böhmen erkannten, daß Wallenstein in der Tat sein ganzes Vermögen aufs Spiel setzen wollte. Keiner wagte sich da noch neben ihn. Im Augenblick schwenkten die Verängstigten, die schon begonnen hatten, ihre bewegliche Habe zu verstecken, zu ihm über; im Augenblick flossen alle Quellen für ihn. Es stand etwas bevor. Sie wurden aus Wien herüber herunter zu ihm gezwungen. Nach Wien wurde eine Äußerung Wallensteins berichtet: die Herren möchten sich beeilen; der Däne warte nicht auf sie.

    IM ERDGESCHOSS des Antiquariums in der Münchener Neuen Feste stand der gewaltige Doktor Jesaias Leuker, blauroten Gesichts, den federnbesetzten Topfhut an die linke Hüfte pressend, im blauen bauschigen Wams, dessen Knöpfe unter dem Hals krachten, breitbeinig auf spitzen hochhackigen Stiefeln vor dem leeren Armsessel, hinter dem Maximilian an der Fensterwand lehnte. Vierunddreißig Fenster öffneten sich nach dem weiten Hof; die alten Brustbilder darüber in Öl waren unkenntlich nachgedunkelt. Maximilian sagte mit einem fatalen Lächeln: »Sie mögen sich in Wien in Hoffnungen wiegen. Sie tun es. Noch. Sie lassen alles gehen. Treffen keine Maßnahmen. Sie denken, gebt es nur zu, der kommende Krieg ist nur gegen mich gerichtet.«
    »Sie denken ähnlich.«
    »Sie wiegen sich in falschen Hoffnungen. Wißt Ihr Näheres?«
    Leuker wechselte die Beine; die gelben Stiefelschäfte um die Waden öffneten sich zu einem Kelch mit drei bunten Innenblättern, sanken tiefer: »Man hält zurück; Erzherzog Leopold ist der einzige, der sich gehen läßt; er sagte offen, man hätte genug gefochten und gekriegt; Habsburg sei friedfertig, der Kaiser wünsche das Reich zu beruhigen.«
    »Sie gönnen mir diesen Krieg, sagt nur gerade heraus. Welche Partei am Hofe hält zu mir?«
    Dann fragte er: »Kennt Ihr den spanischen Botschafter gut? Was ist seine Gesinnung? Ist er befreundet mit einem Minister, ist er fromm?« Er trat neben dem Sessel hart an Leuker heran, leise bemerkend: »Ich möchte wissen, ob Spanien jede Herrschaft über Ferdinand den Andern verloren hat. Ob es die Dinge gehen lassen will, wie sie gehen. Sagt dem Oñate, daß ich ihn warne; Spanien kann die Subsidien an den Kaiser sparen. Mir sind die Hände gebunden.«
    Leuker hob den rechten Arm mit der kleinen Spitzenmanschette vor die gewölbte Brust: »Oñate ist ein unberechenbarer Mensch; er will Eurer Kurfürstlichen Gnaden nicht wohl seit seiner mißglückten Intrige in Regensburg.«
    »Sagt, ich hätte gesagt, die Sache jeder katholischen Partei steht auf dem Spiel, wenn man den Kaiser nicht aufrüttelt. Sagt, ich hätte gesprochen von: aufrütteln. Oder gedacht, oder scheine gedacht zu haben, daß er seine Pflicht versäume als hispanischer Geschäftsträger. Die Pflicht gegen seinen wohlmeinenden Herrscher. Es täte mir leid, so denken zu müssen von einem gottergebenen Christen.«
    »Er schmäht am Hofe, beim Kirchgang, beim Quintanrennen nur auf den Franzosen.«
    »Das Heilige Reich schläft; die Protestierenden nehmen einen starken Anlauf, der Pfälzer und sein Anhang wächst.«
    »Ich fürchte« – Leuker bog kraftvoll den geschorenen Kopf in den Nacken, zog unten an dem pludrigen Besatz seines Wamses. Maximilian stand am Fenster, den Rücken gegen ihn: »Der Herr hat nichts zu fürchten. Der Herr hat dem Oñate mitzuteilen, wie ich ihn instruiert habe.«
    Der Marquis Oñate, der Spanier, mußte den Bayern mehrmals fragen, was Maximilian ihm aufgetragen hatte. Er erzählte dann einigen vertrauten Herren, auch dem französischen Geschäftsträger, dem neuen Kurträger sei die Angst ins Gehirn gestiegen, dicht unter den Kurhut; nunmehr sei eingetreten, was er seit Regensburg prophezeit hätte: der Bayer müßte um spanische Hilfe bitten. Empört stellte er den Doktor Leuker zur Rede: wie er etwas gegen die Römische Majestät zu unternehmen anrate, gegen den nahen Verwandten des spanischen Königs, seines eigenen Herrn. Später war er äußerst geschmeichelt; er freue sich, das Vertrauen des klugen Kurfürsten Maximilian zu genießen; sie verträten die gemeinsame christliche Sache; er würde nicht säumen, mit dringenden Hinweisen seinen allergnädigsten König und die Infantin in Brüssel zu benachrichtigen; sie würden den Ernst der Lage verstehen, sich mit dem Bayern

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