Wallenstein (German Edition)
Keller seines Palastes, in den anliegenden Straßen; erschlugen auf seinen Befehl jeden Hund, der in der Nähe bellte, würgten krähende Hähne; ringsum die Straßen voll Stroh. Sein Arzt war bei ihm zu Aderlaß Dampfbädern.
Zum Erstaunen des freundlichen gebrechlichen Harrach war Wallenstein, als er sich wieder blicken ließ, noch zornig: »Machen die Herren mir nicht den Vorwurf, daß ich dem Kaiser schlecht dienen wolle. Ich habe es bewiesen gegen Venedig; fragt meine Feinde, die verräterischen Böhmen.«
Er redete mit kränklichem Gesicht, weiten Augen über den blanken Tisch in dem tönenden Hauptsaal seines Palastes; die Bilder von Cäsar, Alexander dem Großen, Hannibal waren überlebensgroß an den Wänden auf Holzplatten aufgestellt; an einer Querwand sah man in sanften Farben die Geschichte Josephs in Ägypten. Der greise Harrach, seine zitternde Hand berührend, sprach seine Freude aus, ihn gesund zu sehen; sie wollten noch einmal hören, welche Gedanken er, der alte Praktiker, über die Armee zu entwickeln habe. Nach einigem Schweigen, in dem er sich offenbar bezwang, stieß Wallenstein, der den langen zuckenden Arm auf dem Tisch liegen ließ, heiser hervor: »Das Wichtigste ist zweierlei: der Kaiser braucht ein Heer, die Stände wollen es ihm nicht aufstellen. Dann: das Reich ist bedroht, dem Kaiser liegt der Schutz ob. Der Kaiser hat die Aufgabe und das Recht, die Reichsverteidigung in die Wege zu leiten; er stellt das Heer auf.«
Graf Meggau bat innezuhalten; er blickte lange und intensiv den Obersten an: »Dies also ist die Rechtslage.« Dann: »Sie ist Eure Überzeugung, Herr Oberst?«
»Ja.«
»Der Kaiser stellt für das Reich das Heer auf.«
»Demnach«, brachte Wallenstein widerstandslos, und als ob er jeden Widerstand breche, aus sich heraus, »führt der Kaiser niemals gegen das Reich Krieg, wenn er in Deutschland das Heer hinstellt, wo er will, und verpflegen heißt.«
Nun zog der Fürst seinen Arm zurück und schien nicht mehr zuhören zu wollen.
»Das ist ein Weiteres. Habt Geduld mit mir, Herr Oberst. Zunächst sah ich, was ich schon wußte, daß Ihr gut kaiserlich gesinnt seid. Ihr erbietet Euch, sofern die Römische Majestät zustimmt, in ihrem Namen Truppen aufzustellen. Hiergegen könnte von niemandem Widerspruch erhoben werden; jeder Fürst stellt Truppen auf. Daß das Reich diese Truppen zu erhalten hat, ist problematisch: dies werden die Stände bestreiten. Ihr meint, sie täten Unrecht daran.«
»Sie täten besser daran, es nicht zu bestreiten und sich vom Kaiser über ihre Pflichten gegen ihn belehren zu lassen. Graf Meggau, wir haben vor allem die Macht, den kaiserlichen Standpunkt zu vertreten. Sie aber nicht ihren.«
Harrach lächelte ihn an: »Wir wollen es nicht gleich auf einen Krieg mit den Ständen ankommen lassen.«
Wallenstein lachte mit: »Eben. Dies wird ihnen schwer werden. Wir machen es ihnen leicht: wir sind gleich erdrückend da. Widerstand ist aussichtslos, Paktieren, Jasagen die einzige Möglichkeit.«
Graf Meggau hatte sein Gesicht in stärkster Spannung zusammengerissen:
»Also Ihr setzt ein Heer hin, ein großes, erdrückendes; das Reich unterhält es. Der Kaiser ist außer dem Spiel.«
Wallenstein einfach: »Hat der Herr Furcht, daß wir den Kaiser beseitigen? Das Heer ist des Kaisers; darum nur wird es vom Reich unterhalten werden.«
»Und der Feldherr?«
»Wird vom Kaiser nach Willkür ernannt.«
»Und Ihr?«
»Ich setze dem Kaiser das Heer hin und werde ihm wie bisher dienen.«
»Wie gedenkt sich Euer Liebden schadlos zu halten?«
»Ich strecke dem Kaiser nicht zum erstenmal einen Betrag vor. Der Kaiser wird rasch in der Lage sein, wenn er ein großes Heer in Deutschland hat, mir meine Auslagen zu ersetzen.«
Die Spannung blieb unverändert in Meggaus blutlosem scharfem Gesicht: »Sprecht deutlich zu mir, damit ich klar in Wien melden kann. Was fordert Ihr, welche Erkenntlichkeit vom Kaiser als Gegenleistung?«
Behaglich, wie die Katze im Spiel mit der Maus, knurrte, sich über die Tischplatte bückend, von Wallenstein und lachte: »Ich werde keine Gnade fordern. Sofern die Räte auf mich hören, ist mir um mein Geld nicht bange. Ich will in das Heer eintreten. Es soll mir vergönnt sein, wie früher für den Kaiser zu kämpfen.«
Meggau räusperte sich unbefriedigt, ohne den Fürsten anzublicken.
Was Wallenstein plante, kam klar heraus in dem, was er seinem väterlichen Verwandten, dem Harrach, offenbarte. Gemildert berichtete der
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