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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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hatte. Als es ihm morgens aus den Händen polterte, packten sie ihn, legten den Zuckenden auf das Bett. Zwischen dem letzten Keuchen nahmen sie ihm die Panzerhaube ab, er umklammerte sie fest, quetschte noch aus der Kehle: »Venedig, nach Venedig«, ehe die Augen glasig wurden.

    AN DER Spitze seiner Musketierregimenter rückte der Herzog von Friedland sehr langsam aus seinem Lager von Modern gegen die mährische Grenze. Die Proviantkommandos jagten ihm voraus. Er setzte sich in Preßburg; zum erstenmal von da schrieb er an den Wiener Hof einen Brief, daß Bethlen Gabor einen Waffenstillstand geschlossen hätte, die Türken geflohen seien, der Bastard Mansfeld seines Heeres verlustig gegangen, in Rakovica seinen unseligen Geist ausgehaucht habe; er selbst gehe über Skalitz auf Kremsier, um vor Ende des Jahres in seiner Stadt Gitschin zu sein. Kein Wort darin, was er vorhabe. Ungarn verlassend, fluchte er auf das Schelmenland, das nicht wert sei, daß so viele ehrliche Leute aus Not und Krankheit hier hatten sterben müssen. Wie er in größter Stille in Preßburg saß, arbeiteten mit eiserner Strenge die Requisitions- und Kontributionstruppen; keinem von denen, die so lange gehungert hatten und unbesoldet gewesen waren, ging ein Heller verloren; Geldbelohnungen, Ehrenringe, goldene Ketten verlieh er in großer Zahl, die das Land bezahlen mußte.
    In Preßburg erschienen vor ihm zwei Obersten der Tillyschen Armee; sie hatten schon seit Wochen Zugang zu ihm gesucht. Der eine war sein Oberst Niklas Desfours. Sie berichteten: es hätte eine Schlacht zwischen der ligistischen Armada und den Dänen stattgefunden, im Norden, am Barenberge bei Hahausen. Der Wallensteinische Sukkurs hätte daran teilgenommen, sechs Regimenter, außer den Kroaten Peter Gáls die Kürassiere Desfours’, Sachsen-Lauenburgs und Hußmanns, die Musketiere Colloredos und Cerbonis. Ein Morast hätte beide Heere voneinander getrennt. Die ligistischen Regimenter Reinach und Schönberg wurden von den Dänen im Beginn der Schlacht zersprengt, darauf folgte ein Angriff des gesamten feindlichen Heeres, das über den Morast ging; währenddessen sei er, Desfours, mit seiner Kavallerie von Hahausen aufgebrochen, habe sich an Nauen vorbei in den Rücken der Dänen gemacht, und es sei zu einer völligen Niederlage des Dänenkönigs gekommen. Der feindliche General Fuchs sei gefallen, Hofmarschall von Rantzau, der Generalkriegskommissar Lohausen, viele Obersten, darunter Frenck und Courville, gefangengenommen; die Reiterregimenter Hessen und Solms in den Sumpf gejagt. Schließlich seien von den Dänen an achttausend auf dem Felde liegengeblieben. Das hörte der aufrecht stehende Herzog mit völliger Ruhe an, um dann, nachdem er den zweiten Oberst hinausgeschickt hatte, den Desfours zu fragen, wieviel Tote er selbst gehabt habe. Der nannte eine hohe Zahl. Verächtlich zuckte der Herzog mit dem Kopf; nachdem er ein paarmal im Saal hin und her gewandert war, nahm er ein Kelchglas von der Kredenz, schmetterte es mit einer grimmigen Verzerrung des Gesichts sich selbst vor die Füße. Den Desfours schickte er weg, ohne ein Wort der Anerkennung.
    Während der Herzog, ohne Wien zu berühren, sein Heer durch Mähren führte, in loser Ordnung, den Söldnern alles gönnend, was das Land bieten konnte, drängten sich in der kaiserlichen Anticamera Abgesandte der mährischen Stände; baten bei Gottes Barmherzigkeit mit gebogenen Knien und heißfließenden Zähren, der Kaiser möge ihr Schreien und Flehen erhören, den Brandschatzungen, Plünderungen, Straßenräubereien, Vergewaltigung der Weiber Einhalt tun. Vertreter der österreichischen Stände rangen die Hände: man möge Frieden, um Jesu willen jeglichen Frieden machen; sie müßten durch lauter Siege zugrunde gehen. Ein einzelner Mann, für seine Person sprechend, bot das am stärksten erschütternde Bild der Kriegswirkungen, der Kardinal Dietrichstein, des Kaisers Günstling, gelähmt auf den Schreck der Überschwemmung seiner stillen Güter durch Kroaten, in einer Sänfte vor den Kaiser getragen, immer vier einzelne Silben mit Beben des Gesichts ausstoßend. Von den Briefen des böhmischen Gouverneurs Liechtenstein, dem sein ehemaliger Kumpan, der Friedländer, einen bösen Streich mit der Besetzung sämtlicher Güter gespielt hatte, von den beleidigten Äußerungen des Thronfolgers Ferdinand konnte man nichts vor den Kaiser bringen; dem Sohn des Herrschers waren trotz Einspruchs Troppau und Jägerndorf besetzt

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