Wallenstein (German Edition)
worden; der Herzog hatte ihm sagen lassen: es käme auf die Monarchie in Deutschland an; auf nichts sonst.
Eine Versammlung der Jesuiten, eine Provinzialkongregation, fand statt in dem alten Profeßhaus. Sie saßen, die flachrandigen Krempenhüte vor sich auf den Knien, in einem verrauchten langen Saal, sahen ein holzgeschnittenes braunes Bild der Maria an, das hinter dem Katheder auf einem Wandpodest stand. Zehn hohe rote Kerzen unter dem Bild warfen Licht in den Saal. Sie begrüßten Wallensteins Vorhaben, seine Erfolge, seine Methode. Sie nannten ihn stark und gewalttätig. Ein Bersten wird durch den Bau der Feinde gehen. Er wird ein offenes Feuer anfachen, das Gebälk zerfressen. Sechs Rektoren, die längst das vierte Gelübde getan hatten, erschienen in Audienz bei Ferdinand, ihm zu danken für die Wahl des Herzogs von Friedland und ihn zu beglückwünschen. Die Türken hat er durch das Grauen seines Heeres, wie durch das Anheben eines gorgonischen Hauptes, verscheucht, Bethlen hat verzagen müssen, von Mansfeld ist nichts übriggeblieben. Der Herzog kümmert sich nicht um das irdische Jammern; die Menschheit hat ein übernatürliches Ziel, das Reich der Kirche muß ausgedehnt werden über Heiden und Ketzer; wohl dem, der den Arm und das Schwert dazu leihen kann.
Der Kaiser hörte die Väter ehrerbietig an. Befremdet sprach er zu den Räten: »Wofür danken sie mir?«
In seiner Anticamera versammelte der Kaiser die Herren um sich, seit Monaten zum erstenmal einer Besprechung beiwohnend. Bequem in seinem Armsessel neben dem Ofen sitzend, sagte er: »Nun sehen die Herren. Und sage man nicht, daß nur von bayrischer Seite uns Schwierigkeiten gemacht werden. Ich habe meine Pflicht getan. Wir werden sehen, ob es nicht an der Zeit ist, die Armada heimzuschicken.« Eggenberg setzte die Vorteile auseinander, die die Armada gebracht habe. Harrach, aber auch Trautmannsdorf hielten nicht mit der Äußerung zurück, daß sie etwas anderes zu hören erwartet hatten nach Wallensteins Sieg, nach der Befreiung der Südostfront der Erblande. »Und dennoch hab’ ich den Wunsch«, fuhr der Kaiser sehr ernst, ohne eine Miene zu verziehen, fort, »meinen lieben Oheim Wallenstein kommen zu lassen und selber über die Stücke zu vernehmen, die man ihm nachträgt. Die Feldherren sind verschieden. Ich möchte hören, was er sagt.«
Eggenberg erklärte, man werde ihn, sobald er das Heer in die Winterquartiere geführt habe, rufen. Das sei nicht nötig, fand Ferdinand; das Heer brauche nicht erst in die Quartiere geführt werden. »Ich will Euch selbst, mein lieber Eggenberg, schicken, damit Ihr mit ihm beratet und vernehmt, wes Sinnes er ist. Ich trage ihm kein kriegerisches Mißgeschick nach; die Fortuna des Schlachtfeldes ist nicht besser als die Fortuna des Friedens. Auch habe er, ließe ich ihm sagen, am Mansfelder alles wieder ins Gleiche gebracht. Darum handelt es sich nicht. Sondern darum, daß seine von ihm geführte Armada den Namen einer kaiserlichen führt, also nach mir sich benennt. Wie es denn kommt, unter meinen Flaggen, daß Reichsstände zum Jammern vor mich laufen und wie lange das noch geschehen soll.« »Krieg«, lächelte Trautmannsdorf. »Ist das Euer Ernst, Graf Trautmannsdorf?« Bekümmert blickte der kleine in weiße Seide gekleidete Mann auf das Parkett; nach einer Pause richtete er die Augen auf die gespannt vorgebeugte Majestät: »Vielleicht ist es gut, die Sachen nicht zu ernst zu nehmen und nicht zu streng anzusehen. Wenn man durch den Regen laufen muß, wird man naß werden.« »Ach, lieber Trautmannsdorf, ich preise Euch, preise Euch, daß Ihr so denken könnt. Lobet den Heiland dafür, daß Euch das verliehen war. Mir wurde das nicht in die Wiege gegeben. Und wenn es mir in die Wiege gegeben war, so ist es in dem Augenblick wieder von mir genommen, wo mir die römische Krone zu Frankfurt aufgesetzt wurde. Meine Länder sollen nicht zu mir kommen, ohne bei mir gnädiges Gehör zu finden.«
Eggenberg flehte: »Die frommen Patres der Jesugesellschaft haben Kenntnis von allem erhalten, was sich ereignet in Ungarn hat. Die Stände sind zu ihnen gekommen aus Mähren, Schlesien. Sie haben sie freundlich empfangen und verabschiedet. Der Kaiserlichen Majestät dankten sie darauf für die Wahl des Herzogs von Friedland.«
»Die Patres, mein Eggenberg, haben nicht viel gehört, und als die Stände zu ihnen sprachen, haben die Väter nicht an Ungarn Schlesien und Mähren gedacht, sondern an Gott und die
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