Wallenstein (German Edition)
jetzt, wie sie bald nicht wiederkehre. Drauf und dran; sie ausnützen, beginnen, nicht zaudern. Eggenberg hielt ihn mit seinen klaren Augen fest: wer dem Kaiser so rät, müsse auch wissen, daß er das Haus Habsburg aufs äußerste gefährden könne. So sollte, lachte Collalto, der Fürst noch Caraffa, Liechtenstein, wen er wolle, befragen.
Eggenberg hielt es für gut, am nächsten Morgen vor der Abreise dem General seine Zustimmung zu versichern; den genauen Bescheid der Majestät würde ihm nach Prag ein eigener Bote überbringen. Collalto schied in voller Versöhnung vom Herzog.
Als Eggenberg in der goldblitzenden Anticamera des Kaisers stand, erinnerte er sich erst, daß er nach Bruck gefahren war in den Schnee, um den Friedländer zu warnen vor weiterer harter Kriegführung; kein Wort davon war gefallen. Der Kaiser fragte streng, was der Herzog geantwortet habe. »Nichts, als daß ich Eurer Majestät berichten sollte, daß die Kriegführung mit Härten verbunden sei, auch mit Klagen uneinsichtiger Menschen.«
»Der grausame Mensch, der Barbar.« Der Kaiser nahm von seinem Tisch eine Rolle, las die Eingabe der mährischen Stände vor. »Also das ist nicht zufällig und als Exzeß begegnet, das war nicht unvermeidbar, das hat mein Oheim, der Herzog, mit Plan getan und geleistet. Eggenberg, lieber«, er schüttelte den Fürsten an der Schulter, »ich habe gehört, daß Ihr nichts mit dem verrufenen Mann zu tun haben wollt. Ihr selbst habt mir nicht zuraten können. Das ist ein Christ, ein Katholik, er hat zu seinem Heiligen gebetet, während ihm dies geschehen ist, nein, während er dies getan hat.« Seine Lippen bebten. »Majestät sind Römischer Kaiser, viele Untaten geschehen im Reiche; man kann nicht alles hindern.« »Das ist nicht mein Geschäft, Eggenberg. Nie und nimmer. Ich weigere mich, ich wehre mich dagegen. Es ist roh, es ist unnatürlich, es ist die planmäßige Vernichtung ganzer Leben, ganzer Landschaften, die Gott geschaffen hat.« Nach einigem Atmen fuhr er fort: »Und wozu? Um den Bastard Mansfeld zu beseitigen. Oder – mein Haus zu erhalten.« Leise der Fürst: »Gewiß möchte jetzt wohl jeder Euch anbeten, Kaiserliche Majestät. Eure Frömmigkeit ist kein bloßes Lippenspiel; es werden nicht viele deutsche Fürsten wie Ihr sein. Nur: wie werdet Ihr den Thron behaupten können? Wie wollt Ihr das?« »Ihr seid der Meinung, Eggenberg, solche Untaten sollen noch öfter in meinem Namen geschehen?« Eggenberg ballte hinter seinem Rücken die Hände, zwang sich zu sprechen: »Ich meine, es wird Ähnliches öfter geschehen müssen.« Ferdinand, von seinem Ton getroffen, musterte ihn scharf; rauh forderte er ihn auf zu sprechen. Leise meinte der Fürst: der General hätte sich dahin geäußert, solche menschlich beklagenswerten Mängel der Kriegführung seien in höchstem Maße erwünscht; der Herzog habe mehr oder weniger deutlich abgelehnt, hier von Schattenseiten oder Mängeln der Kriegführung zu sprechen; vielleicht für die früheren treffe das zu. Er setze aber dies Unglück in seine Rechnung. Er hielte es sogar im Augenblick für nötig, ein großes Heer in die blühenden reichsten Gegenden des Reiches zu werfen; das Heer solle erstickend auf dem Lande liegen; die feindlichen Bewegungen im Reich beobachten, bis sich nichts mehr rege und man nur den Wunsch habe, das Heer zu entfernen.
Starr blickte der Kaiser den Rat an, dann lachte er krampfhaft; so hätte man also eine leichte Handhabe, diesen verrückten General wegzuschicken. Darum, verneigte sich der Fürst, habe der General gebeten. »Gut«, schrie Ferdinand, »gut«, und knirschte in Empörung mit den Zähnen, »so ist ja allen geholfen.« Als Eggenberg sich das Kinn rieb, sah ihn Ferdinand an: »Das Dekret der Entlassung wird fertiggestellt werden, wenn die Majestät es befiehlt.« »Ich bitte darum.« »Wir werden nicht wissen, woher wir den General und die Truppen entlohnen sollen. Wir brauchen ein Heer. Majestät, es kann nicht daran gezweifelt werden, daß wir ein Heer brauchen.« »Euer Liebden ist sonst nicht unklar. Wollt Euch nur deutlich ausdrükken: ich soll mich diesem Verbrecher unterwerfen?« »Es ist ein furchtbarer Mensch. Graf Collalto setzt sich für ihn ein.« »Sprecht noch einmal.«
Vor den drohenden fassungslosen Kaiser wurde Graf Collalto befohlen. In dieser Unterhaltung stöhnte der Kaiser mehrmals: »Um des Heilands willen schafft den Böhmen weg.« Rotwangig, mit kurzem weißem Knebelbart, kurzstämmig
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