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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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werde. – Nein. –
    Als die Tür hinter dem Fürsten fiel, drin alles still geworden war, die Mantuanerin sanft und scheu ihm Konfekt bot, fragte er: »Ist er hinaus?« Sie wollte, die Silberschale auf das Wandbord stellend, wissen, ob es schlimm sei, was der Geheimrat gemeldet habe. Er biß sich den Schnurrbart, stieß ein Lachen aus, das ihm gelang, elastisch aufstehend ging er herum über den blauen weichen Teppich zu dem silbernen Delphin an einem Pfeiler der Fensterwand, der Wasser in ein Kupferbecken sprudelte: »Es ist nicht schlimm. Es ist schwer für mich. Es hat etwas – Unertragbares für mich. Zu viel, Eleonore.« Die Damen, halb abseits an der Tür, hielten die Fächer geöffnet, geduckt, die Gesichter verborgen. Er setzte sich am Becken neben sie: »Mein Heiland, wie gut, daß ich dich habe. Ich bin ein alter Mann.« Seine Schultern zitterten. Und jetzt drang es durch die Kehle, er schluchzte tonvoll, weinte gegen den Delphin gedreht, hörte sich klagen. Seine Brust schnürte sich in Krämpfen zusammen, leidend, mit einer verschwimmenden Lust folgte er den schlagenden Bewegungen seines Körpers; wie konnte er sich ergehen. Diese Fülle, diese Öffnung. Er dachte von fern an die vergangenen Jahre und was jetzt auf ihn gelegt war. Was hatte er verbrochen. Dicht hinter der Stirn, bandartig um die Augen, rings um den Kopf war ihm sanft schwindlig. Eleonore brach in Tränen aus. Ihren nackten rechten Arm legte sie über den Rand des Beckens, das Wasser unten verzerrte ihr hergebeugtes zusammengezogenes Gesicht; sie fürchtete, die Damen möchten sie sehen, denen sie versprochen hatte, nicht mehr zu weinen.
    Er bat abwinkend, nicht zu fragen. Und blieb dabei, sie zu küssen und fiebernd zu drücken.
    Wie sonderbar aber, daß, als er in der Nacht einschlief, immer wieder in ihm der Gedanke wiederkehrte, daß er sich an Wallenstein rächen würde. Immer wieder zog an seinen Augen vorbei, daß er sich Genugtuung von ihm holen würde. Der Gedanke beruhigte, sättigte ihn. Mit Zähneknirschen wiederholte er ihn, ohne ihn zu verstehen. Der Gedanke gab seiner schnaufenden Atmung Ruhe, ließ ihn in den traumlosen Schlaf fallen.

    EGGENBERG GAB auf die Frage des stierblickenden geknechteten Ferdinand zurück: man müsse den General halten. Das waren die, die ihm einmal einen Dolch auf die Brust gesetzt hatten. Er war matt, wollte nicht mit ihnen kämpfen.
    Er sah voraus, daß er werde viel Wein trinken müssen. Entsetzt dachte er: nicht wieder im Keller, nicht wieder mit dem Zwerge.
    Er fragte: was Lamormain meine.
    – Die heilige Kirche und das Haus Habsburg hätten gemeinsame Interessen. – Erwischt den Herrn Lamormain, jauchzte es einen Augenblick in ihm; pfui, pfui der Menschen. Aber er wurde zurückgescheucht von den ernsten stummen vergewaltigenden Mienen der andern. Er duckte sich, die Unsicherheit in ihm verwirrte verschlang alles. Der Kaiser schloß den Mund.
    Den Abgesandten der mährischen und schlesischen Stände, die sich in Wien aufhielten, wurde die Teilnahme des Kaisers für ihre Leiden ausgesprochen; der Kaiser lehnte ab, sie noch einmal zu empfangen; er wies bedauernd auf die Schattenseiten der Kriegführung im allgemeinen, daß sein General gehalten sei, strenge Zucht zu üben; sie möchten nicht die Staatsraison aus den Augen lassen.
    In seinem Palast am Hradschin empfing Wallenstein den Erlaß, der ihm den Dank des Kaisers für seine erwiesene Vorsicht und Tatkraft aussprach, dem Vertrauen Ausdruck gab, daß Seine Liebden im kommenden Jahr eine starke, wohlausgestattete Armada aus den Winterquartieren gegen die furchtbar rüstenden Übeltäter und Friedensbrecher führen werde.

    AUF DIE Niederlage des Mansfelders antwortete England, seinen König zwingend, mit einem Vertrage mit den Generalstaaten; es erklärte, unter keinen Umständen die Sache des Kurfürsten von der Pfalz und des Schutzes seines Rechts aufgeben zu wollen, ferner nicht tatenlos der vom deutschen Kaiserhaus und Spanien mit ungeheurer Macht geplanten Ausrottung der Gewissensfreiheit zuzusehen. Es schloß mit den Niederlanden ein Bündnis gegen Spanien. Wie der Winter vorrückte und ungeheure Gerüchte von habsburgischen Rüstungen herüberdrangen, wurde auch der stolze englische König tief unruhig; es bedurfte nicht des Zudrängens des Parlaments, um ihn zu bewegen. Die Lords Buckingham, Kensington, Dudley Carleton wurden bestimmt, nach dem Haag zu gehen. Camerarius, der Resident des Pfälzers, empfing sie melancholisch;

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