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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Kurfürstentag zu veranstalten zur Besprechung urwichtiger Dinge und einzuschlagender Maßnahmen, dann flehten sie an, des unbeschreiblichen Unwesens gedenk zu sein, das mit der Überflutung Deutschlands durch die riesigen Truppenmassen erfolgte; der Fluch der Nation würde sich gegen die Fürsten richten, die dies nicht haben verhindern können. Sie böten ihm starke, ausreichende Truppen gegen den Dänenkönig an; dem friedländischen Heere würde die Säuberung und Verteidigung der Erblande in Schlesien nach Ungarn gegen die Türken zufallen. Hinter die beiden Abgesandten lief ein Kurier, der ihnen als letzten Trumpf eine Verschärfung ihrer Instruktion ans Herz zu legen hatte: man sei bei Ausbleiben einer Remedur des Heereswesens entschlossen, die Bundesarmee vom Feind abzuziehen und in Notwehr zur Verteidigung der deutschen bedrängten Stände zu gebrauchen.
    Friedland gelüstete nach Wien. Kein besonderes Vorkommnis drängte ihn; er wollte noch einmal den Kaiser, die Räte sehen. Er wollte wissen, woran er war, bevor er aufbrach.
    Er lag im Harrachschen Haus in Wien auf der Freyung; wieder lähmte ihn das Podagra. Obersten meldeten sich bei ihm, berichteten, Ordonnanzen von den Gütern; sonst lag er allein. Es besuchte ihn niemand. Im Auftrag des Kaisers bewillkommnete ihn an den ersten Tagen der liebenswürdige Fürst Eggenberg, der ihm zwei Ärzte zuführte. Kurze formale Audienz bei Hofe. Der Hof schwieg, die Räte schwiegen, der Kaiser schwieg. Wallenstein wunderte sich nicht. Er war gewohnt, daß man ihn fürchtete oder verabscheute. Er wies seinen Wirt und Verwandten, den Grafen Harrach, ab; ihn trösten, beruhigen? Was die Herren bei ihm sollten. Als er acht Tage gelegen hatte und leidlich hergestellt war, machte er einen kurzen Abschiedsbesuch bei Eggenberg, reiste gekräftigt, geleitet von einer Kompagnie des Regiments von Löbl, ab. Er war zufrieden; ihn hatte am letzten Tage seiner Anwesenheit noch sehr die Hilflosigkeit der Wiener Stadtgarde beim Löschen eines Brandes in seiner Nähe gelabt, wo im Anschluß an eine Verbrennung beschlagnahmter protestantischer Bücher im Bischofshof eine Feuersbrunst sich erhob, die den Bischofshof selber, zwei Klöster, hundertsechsundvierzig Häuser einäscherte. Am Fenster zusehend, lachte er stundenlang; dort unten ritten auch die hohen aufgeregten Würdenträger und Beamten, sie schlugen die Hände zusammen, schrien sich Unverständliches zu, zeigten in den Qualm, stoben davon; es sei ein vortrefflicher Abschluß, meinte der Herzog gegen seinen Wirt, so hätte er die Herren doch alle kennengelernt.
    Dicht bei Wien stellte ihn Doktor Leuker, hinter den sich die beiden Kuriere gesteckt hatten, die nach einigen unverbindlichen Worten vom Grafen Collalto an den Friedländer selbst gewandt waren, ihm aber ständig aus Furcht auswichen. In einem Dorfgasthaus traf Leuker den Friedländer; der Herzog gab ihm freundlich die Hand. Leuker, sehr blaß, stammelnd, wollte ihn zu einer Unterredung im Garten bitten, der Herzog lehnte lächelnd ab: »Was gibt es zwischen uns zu sprechen, das nicht jeder hören könnte?« Militärische Wünsche trug der kaum seiner Sinne mächtige Resident vor, steif zu Boden blickend, sich an sein Schwert haltend; Tilly wünschte eiligst die Wallensteinische Hilfe mit einigen Regimentern; er brachte nicht klar heraus, was ihm aufgetragen war, daß Tilly Kommando und Disposition dieser Hilfstruppen haben sollte. Der Herzog, halbseitlich am Fenster einem Ochsengespann zusehend, gestand es bereitwillig zu. Dann gab sich der dicke Leuker einen Ruck, preßte hervor, erst den gelbsüchtigen Herzog mit dem Blick streifend, dann über dessen Kopf sich mit den Augen am obern Fensterrahmen festnagelnd, was von Truppenübergriffen verlautet sei, von Erpressungen, Verwüstungen. Gutmütig stimmte der andere bei: »Wird wohl bei den Herren Ligisten nicht anders zugegangen sein.« Als der Bayer glaubte, aus den Geschehnissen den Schluß ziehen zu müssen, daß die Werbungen vermindert würden, meinte der Herzog nur, ihm zutraulich die Schulter berührend, er sei unlogisch, eine einzige schlimme Kompagnie richte mehr an als zehn gute Regimenter, er werde die schlimmen Truppen entlassen und weiter gute Regimenter anwerben. Was den Bayern, der den Boden unter den Füßen verlor, zu der fast unwillkürlichen Entladung veranlaßte: aber die Kurfürsten und Fürsten wünschten, beständen auf einer Einschränkung der Rüstungen. In voller Heiterkeit der Herzog:

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