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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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schön das Wetter, Tag um Tag, helle luftdurchwehte Nächte, die Tage wuchsen, langsam verschoben sich oben unhörbar die Gestirne.
    Am neunten Tage des Aufbruchs erreichte der Generalissimus seine Hauptmacht bei Neisse, der schlesischen Stadt.
    Er machte sich den Rücken frei. Von dem teuflischen Zug Mansfelds nach Ungarn steckten schlesische Städte voll feindlicher Besatzungen; die Dänen hatten sie planmäßig aufgefüllt; furchtbar auf das Land ausfallend, eroberten sie Zuckmantel, Sternberg, überrumpelten Sohrau, Beuthen; Kosel wurde ausgeplündert; herausfordernd schwärmten leichte Trupps, Brände um sich werfend, kleine Detachements abfangend, bis vor den Sammelplatz der Kaiserlichen.
    Wallenstein schritt mit vierzigtausend Mann am Gebirge entlang. Die Städte Leobschütz Jägerndorf geworfen. Er bog gegen die Oder um, umfaßte Kosel, wo siebentausend Dänen saßen unter Joachim von Mitzlaff, einem bissigen Kavalier, der die Pest und die ungarische Krankheit überstanden hatte, in Polenschlachten zerfleischt war. Er nahm die Belagerung an hinter seiner sumpfumzogenen Schanze; am fünften Tag von drei Seiten bestürmt, floh er mit der Reiterei. Raste nach Süden, den Weg Mansfelds, Bethlen Gabor zu. Vom Lande, aus den Nachbarorten schwirrten ihm zersprengte Fähnlein zu, viertausend Pferde staubten Tag und Nacht gegen den Jablunkapaß. Sie prallten auf Kaiserliche. Umwerfend zurück; Mitzlaffs Tobsucht riß seine meuternden Reiter mit; er mußte durch Schlesien Polen auf Brandenburg gehen. Hinter ihnen Pechmann und Merode mit der ganzen friedländischen Reiterei.
    »Sie sind verloren wie Judas’ Seele«, hob Wallenstein die Arme.
    Er fiel, von abtrünnigen Dänen verstärkt, Troppau an, das ein Rantzau halten wollte. Nach vierzehn Tagen war drin das Pulver verschossen. Die Stadt war sein. Keine dänische Maus lief mehr in Schlesien. Auf Neisse schwenkte er um.
    Harrach auf der Wiener Freyung empfing einen Brief: »Ich übersende Ihrer Majestät fünfundsechzig Fähnlein und Kornette, die dem Feinde abgenommen sind. Übermorgen marschiere ich ins Reich.«
    Die Schweidnitzer Stände sandten zu ihm nach Neisse Vertreter, feierlich voll Rühmens Glück wünschend zu den unerhörten, blitzschnell herniederfahrenden Siegen, dankend für die Befreiung von den Kriegslasten und den Truppen. Er empfing die barhäuptigen berittenen Herren noch vor dem blumengeschmückten Tore im geöffneten Reisewagen, sah sie, gebückt sitzend, kalt an; es war nicht sicher, ob er ihnen zuhörte.
    Ohne weiteres verließ er das Land, ließ hinter sich in dem dumpf staunenden Schlesien und Mähren fünfzehntausend Mann, die sich zu verstärken hatten.

    UND WÄHREND er sich in drei Heersäulen nach Norden und Nordwesten schob, erwartete ihn der Dänenkönig Christian.
    Fiebernd und sich selbst grollend erwartete ihn der Däne; voll Ruhmbegier, ohne Not, in der Hoffnung auf den sicheren Sieg hatte er den Krieg begonnen, dann hatte sich, wie vom Satanas geschickt, in Böhmen dieses Wesen emporgewälzt, nicht vorauszusehen, noch jetzt nicht zu fassen, ausgestattet mit Reichtum, Härte, Unabhängigkeit, neben einem zusammenbrechenden Kaisertum, und tatzte nach ihm, nach seiner jungen lebensdurstigen Herrlichkeit. Mit diesem gab es keine Versöhnung, der kannte kein Paktieren, der niedriggeborene Mensch, das widrige feuergeglühte Geschöpf. Er jagte jetzt den edlen teuern Mitzlaff her durch halb Europa, wollte ihn fassen. Wenn er doch käme, der Mitzlaff, der tapfere, nicht zu zerbrechende. Und um sich sah der Däne alles anders wie vor einem halben Jahr im winterlichen Haag, wo man sich zugetrunken hatte. Er mußte danken und sich freuen, wenn zwei drei neue Fähnlein Schotten zu ihm stießen und eine Handvoll Franzosen. Wie strahlten die Augen des Grafen Montgomery, der auf seine Franzosen zeigte, die schon gegen die Spanier Siege errungen hatten; was würden sie machen gegen diese zermalmende Masse, von deren Schwere und Sicherheit sie keinen Begriff hatten. Zarte süße dänische Frauen nahmen sich ihres Königs zu Stade im Lager an; er sagte ihnen, ihrem Gesange würden viele dänische Soldaten die Ehre zu verdanken haben. Und dann übergoß ihn mit dem tiefsten Entzükken und stellte ihn wieder ruhig hin die Ankunft eines alten Mannes, des Markgrafen von Durlach, den einmal Tilly besiegt hatte. Das kleine Land, um dessen Erbschaft Durlach gekämpft hatte, war ihm nicht zugefallen; sein eigenes war verloren; er kämpfte jetzt, wie er

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