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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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ihnen nicht.«
    »Willst du mir verzeihen, Ferdinand, daß ich dir nicht folgen kann. Rufe den Beichtvater, oder, es soll ein päpstlicher Legat am Hof eingetroffen sein: er wird dir helfen.«
    »Er wird mir helfen! Warum ist er gekommen und hat diese Szene gemacht? Ich will daran nicht denken. Er wollte Länder. Sie sind habsüchtig, wagen sich an mich heran.«
    »Der Papst hat von dir Länder verlangt? So gib sie ihm doch. Freue dich, daß er sie verlangt.«
    »Ich habe den Krieg gewonnen durch die Gnade des Himmels, durch Tausende Gebete und Fürsprachen. Jetzt soll ich zeigen, ob ich’s verdient habe. Ist er nicht wie der Versucher, der Papst? Ich habe meine Macht begründet durch die göttliche Gnade, jetzt will er mich locken, ungerecht und ruchlos zu sein.«
    »Ferdinand, von wem sprichst du! So freu dich! Gib! Gib mir, daß ich schenken kann! Ferdinand!«
    »Ich hab’ ja nichts zu schenken, Eleonore. Ich besitze selbst nichts. Je mehr ich Kaiser wurde, um so mehr wurde von mir genommen, liegt nun da. Ich hab’ es alles zu verwalten, gut zu versehen, recht abzugeben. Ja, ich verfüge über nichts. Ich bin ganz arm, Eleonore.«
    »Schenk mir. Sprich nicht so. Ich brauch’ es, ich bedarf es. Willst du nicht meiner gedenken, bin ich nicht deine Eleonore, die du aus Mantua geholt hast? Und ich will es ihm schenken, dem Heiligen Vater.«
    »Bist du nicht die zweite Versucherin, Eleonore? Und dir würde ich noch eher nachgeben.«
    Sie saß plötzlich steif, spannte ihr Gesicht; klar und ernst: »Ich weiß, es gibt einen Versucher, dem du nachgeben wirst, weil er dich zwingt. Das bist du. Wenn es auf mich fiele, könnte ich nicht widerstehen. Wo es dich getroffen hat, kannst du nicht anders. Ich weiß es.«
    »Du weißt das?«
    Abweisend artikulierte sie: »Ich weiß. Du kannst dich nicht entziehen. Du hast so wenig eine Wahl wie ich.«
    »Wir sind fromm. Wir haben nichts verbrochen. Warum sollte ich nicht wählen können?«
    »Versuche.«
    Er fixierte sie, wie gestochen: »Ich – regiere.«
    »Versuche.«
    »Wer kommt, um zu stehlen, findet mich und meinen Schwertträger.«
    »Versuche.«
    »Das heißt: ich sei noch nicht Kaiser?«
    Sie drehte sich zu ihm, warf sich über seine Knie: »Es heißt, daß es damit nicht genug ist. Sei Kaiser, sei nicht Kaiser: ich will dich so nicht. Komm mit mir. Sei mein Begleiter – zu Maria.«
    Ferdinand hatte seine stille erwartende Miene wieder: »Du darfst mich nicht verwirren, Eleonore. Wir dürfen uns nicht erregen. Man hat versucht, mir Länder mit Gewalt zu entreißen. Daraus spricht ein schlechtes Gewissen. Ich vergesse darum nicht, was ich der heiligen Kirche schuldig bin und wieviel ich ihr gerade zu danken habe.«
    Sie hängte sich an ihn, als er mühsam aufstand und die Arme, als wenn sie steif wären, schaukelte; zweifelnd, ängstlich: »Gib mir nach. Bald.«
    »Nein«, schrie sie bald darauf verzückt, »tu, wie du willst. Ich will dir nicht raten. Nichts will ich geraten haben. Tu. Tu, wie du willst.«

    WÄHREND DIE Geheimen Räte warteten, was Ferdinand beschließen würde, wurden sie überrascht von der Nachricht, daß Befehl zur Abreise von Wien gegeben sei. Der Oberststallmeister bestätigte, von der Kaiserin selbst den Befehl erhalten zu haben. Und so hatte sich Ferdinand in der Tat in einem Zustand unbezwinglichen Grolls, zwangsartig sich steigernden Abscheus, dazu auch einer Furcht entschlossen: wegzugehen von Wien, in Wolkersdorf sich einzuschließen und nicht zuzugeben, wie er von dem Wege der Kaiserlichkeit, auf dem er ging, abgedrängt würde. Er kniff die Augen zu, spie: er wollte sie alle nicht. Er suchte instinktiv die Verdunklung wieder, in der er sich befunden hatte; in dieser Dunkelheit ging sein Weg. Er sträubte sich gleichermaßen gegen den Nuntius wie gegen seine Räte, wie gegen dieses Wien überhaupt, diese Dichtigkeit der Häuser um ihn, dieses Zudringen und Bedrängen, diese Stimmen an allen Seiten der Burg.
    Da wagte es der päpstliche Nuntius, ein Mann, der die Person des Kaisers nur von der Audienz kannte, sich gegen die Warnungen in seine Kammer zu begeben, nur gedenk seines Auftrages, und es gelang ihm, den Kaiser, der im Reisemantel ihm befremdet entgegenblickte, zu bewegen, ihn anzuhören. Widerwillig, stumm setzte sich der Kaiser auf den Sessel, von dem er eben widerwillig aufgestanden war, gedrängt, fast mit Pein, ließ er seinen Körper auf das Holz nieder, von dem er sich eben freigemacht hatte, drückte den hutbeschatteten

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