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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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zusammenhängende Erhebungen in das friedländische Hauptquartier geschickt, von da nach Prag, Hamburg an die Fachmänner weitergeleitet, dann stellte auf Wallensteins Befehl Michna eine Zahl geschulter, meist böhmischer Vertrauensmänner auf, die aus ihren Wohnorten verreisten, in die fremden Verwaltungen eindrangen, nicht davongingen, von einem festen Standort die Gegend überblickten. Die reichen fränkischen Bistümer Bamberg Würzburg wurden kontrolliert, das Gebiet der freien Reichsstadt Nürnberg, Bayreuth, das Fürstentum Ansbach, der württembergische Herzog, der Mainzer Erzbischof. Da der Breisgau dem österreichischen Kreis angehörte, auch das Gebiet von Rottweil, so lag die Hand des Herzogs von Friedland über dem ganzen südlichen Deutschland außerhalb Bayerns. Das Gebiet des Kurbrandenburgers war von Besatzungen nicht verlassen worden, Pommern Mecklenburg Braunschweig-Lüneburg Calenberg Grubenhagen Wolfenbüttel durchsetzt.
    Und während die Truppenmassen abwanderten, ergänzt, verstärkt wurden, neue zufluteten, bildete sich nach den Leitsätzen des Generalissimus von Woche zu Woche schärfer die Konstitution des Heeres heraus, Hand in Hand mit einem System der Schutzmaßregeln für das Volk. Edikte verkündeten an Landstraßen Märkten Dörfern den Grundsatz gegenseitiger Achtung des kaiserlichen Heeres und des Volkes deutscher Nation; beiden Parteien war Sicherheit zugesagt, Lebensberechtigung; man hätte im Hinblick auf die Wohlfahrt des bedrohten Heiligen Römischen Reiches sich zu stützen. Das Maß der Leistungen war für die Bevölkerung auf das ausreichende Minimum beschränkt; Obersten und Intendanten hatten im Einvernehmen mit den Zivilbehörden die Sätze zu bestimmen. Eine Befragung der Landesbehörden war nicht vorgeschrieben. Die Zeit der wilden Plünderer und Exzedenten sollte vorbei sein; Prag spie mit der Unzahl der Erlasse, die das Kontributionssystem regelten, Feldgerichte – Oberstschultheiß Regimentsschultheiß Weibel Schreiber Profoß – über alle Musterplätze Quartiere. Lorenzo del Maestro als Generalquartiermeister inspizierte die Plätze; die wildesten Auswüchse wurden beseitigt. Aber weiter vegetierten die Ausbeutereien: Obersten, die ihren Stab auf drei Orte verteilten, Kontribution für drei volle Stäbe erhoben, Offiziere, die Wohnung an zwei Orten nahmen; immer wieder Salvaguardien, Schutzbriefe, die unnötig waren und den Inhabern gegen hohes Entgelt aufgedrängt wurden für jedes Tor, jeden Wagen, jede weidende Gänseherde. In zollreichen Gegenden begünstigten Gemeine und Offiziere den Schmuggel, übten ihn selber, indem sie ganze Schiffsladungen Korn als Proviant durchbrachten. Die Stände hatten sich nicht dazu verstehen können, dem Kaiser und dem Reich Steuern zu zahlen; mußten jetzt neben sich, über sich Offiziere Generalkommissare der friedländischen Armada dulden.
    Unmerklich schlang sich eine kräftige Pflanze um ihren Stamm. Dies waren nicht mehr die verachteten verächtlichen Geschöpfe, der Abschaum Flanderns Böhmens Ungarns. Ein neuartiges herrisches hartes Wesen trugen alle diese Männer zur Schau, die als Offiziere der Armada durch die Städte und Landschaften ritten; gaben an Stolz den eingesessenen Partriziern nicht nach, hatten eine deutliche Nichtachtung gegen die Bürger, ehrten Besitz nicht. Setzten in Zweikämpfen Gefechten ihr Leben aufs Spiel; bewegten sich im Lande als Soldaten des Herzogs von Friedland, der als böhmischer Edelmann begonnen hatte, als reichsunmittelbarer Fürst vor der Römischen Majestät bedeckt bleiben konnte. Stärker strömten ihnen zu Söhne aus Patrizierhäusern, adligen Geschlechtern.
    Im Lande wucherten Gerüchte über die Pläne des Herzogs; tolle Worte aus dem Munde von beliebigen Offizieren wurden kolportiert von Zunftstube zu Zunftstube, in die Ratshäuser, die Anticamera der Fürsten.
    Von Zeit zu Zeit ließ der Herzog selbst über die hilflos fragenden Köpfe Gerüchte aufklingen von nahen Türkenkriegen. Plötzlich grellte durch die duldenden schlaffen Landschaften das Geschrei von Fortschritten, grausigen Siegen des Ofener Pascha; ängstlich, aufmerksamer sah man die sich sättigenden Söldner und Offiziere an, fürchtete für Kinder und Weiber, vielleicht mästete man die Armada dafür. Dann verhallte alles wieder; die Maschine zog straffer an.
    In das Staunen Murren der Leute kamen andere Töne. Langsam übernahmen die Fiedler Schnurrer Bänkelsänger die ruhmredigen Lieder der Söldner. Sangen

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