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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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den andern an: »Ich habe, wenn ich Euch gelehrten und wohlerzogenen Mann betrachte, die wirkliche und ehrliche Meinung, daß Ihr die Neuburger Regierung ganz in meinem Sinn führen könntet. Als Nachfolger könnte ich mir niemand lieber wünschen als Euch. Wie schlapp bin ich. Doch ein müdes, morsches Haus.«
    Als der Kanzler gebeten hatte in seinem Schreck, neben dem Wagen spazieren zu dürfen – er gedachte Zeit zur Überlegung zu gewinnen, indem er das Tempo des Wagens verlangsamte –, blickte ihn der Alte, drin lang hingestreckt, den rechten Arm anhebend, listig an; ob er auch das Galgenmännchen ordentlich drücke; dies sei die Hauptsache, dann passiere nichts; Maximilian trage wohl keins, da sei man ihm über. Im übrigen wisse er etwas; das Einfachste sei, der Kanzler vertrete ihn beim Herzog. »Tretet ihm ruhig entgegen. Lasset Euch von seinen Praktiken nicht imponieren. Ihr fühlt ihm auf den Zahn; wie leicht ist das: Übermorgen kehren wir heim oder einen Tag später, wenn das Wetter gut bleibt.«
    »Und Ihr, Durchlaucht?«
    »Und ich? Wir sind hier Fremder, ein Gast des Neuburger Pfalzgrafen. Macht Euch darum keine Sorgen. Ich werde Euch Direktiven geben, wenn ich mich restauriert habe.«
    Wieder rang der die Hände, es ginge nicht, der Fürst als sein Begleiter, es ginge wider den Respekt, um Himmels willen, welche Verirrung, welche Verwirrung, welche Herausforderung göttlichen Grolls.
    »Mein Lieber«, gähnte gutmütig der Fürst, die Augen geschlossen, »wage Er es nur. Wir befehlen es Ihm, und so ist Er jeder Verantwortung vor göttlicher und menschlicher Behörde ledig.«
    »Aber um Jesu willen, der Respekt, der Respekt vor Eurer pfalzgräflichen Gnaden. Was soll der Herr Herzog in Bayern und sein erlauchter Hof von mir denken, daß ich glaube, im Namen des Neuburger Fürsten selbständig verhandeln zu können.«
    Befriedigt nahm das der Pfalzgraf an; es werde nicht peinlich sein, jedenfalls nicht sehr; er werde alles in die Wege bringen, freilich etwas peinlich bleibe es. »Gegen Euer Durchlaucht Haus, gegen die Anverwandten, die hohen Vorfahren.« »Freilich, es ist peinlich, bitter peinlich. Es ist ein Unrecht gegen das Haus. Aber es muß sein. Wir verantworten es. Wir befehlen Euch, Uns während Unsrer Schwäche nach Vermögen zu vertreten.«
    Ruhelos trabte draußen der Kanzler; in einem plötzlichen Entschluß küßte er die auf dem Wagenschlag ruhende runzlige Hand des Alten, demütig, tief demütig innerlich um Verzeihung bittend für alles Zukünftige.
    Die Reiter abgedankt, am Abend am Schwabingtor von der Torwache eingelassen, vom Schreiber vermerkt als Neuburger Kanzler Sartorius nebst unterschiedlichem respektierlichem Anhang, bezogen sie Quartier in der berühmten Herberge »Der Strauß«. Tapsig schritt der Fürst neben seinem verlegenen Kanzler her in unsäglichem Behagen. Er lachte kräftig, wie er sah, daß man dem heiligen Benno hierzulande in der Frauenkirche täglich mehrere Zentner Kerzen verbrannte. Am Weinmarkt stand das mächtige Landschaftshaus. Der Geheime Rat Jocher nahm im Alten Hof, in einem Gemach der Hofkriegskammer, den Vortrag des Neuburgers entgegen; recht wenig Haltung zeigte der Kanzler vor dem starken großen würdevollen Mann, der ihn mit überlegener Höflichkeit zur Stiege begleitete.
    »Wir bleiben bis zum Bescheid«, erklärte Philipp Ludwig. Eine Mietssänfte führte ihn den halben Tag durch die Stadt; der Fürst kam nicht aus dem Lachen heraus. Wie sie alles zeigten, nichts versteckten: Bilder Schmuckwerk Tapisserien, Bauten über Bauten, vierstöckige Häuser, Prunkfassaden, Kirchen voller Reichtümer. »Haltet den Beutel zu«, kicherte er abends dem Sartorius in der Schlafkammer zu, »was gibt es für Narren. Unser Neffe Maximilian hat viel Geld, schönes schönes Geld. Seht an: er verdient es nicht. Er wirft es weg.«
    Aus der mürrischen einsilbigen Äußerung des Herzogs machte Jocher die umständliche Belehrung an Sartorius, der sie ehrerbietig entgegennahm, daß die Kur nach Ächtung des Pfälzers natürlich an den Kaiser zurückfalle, der sie weitergebe; gäbe er sie dem erklärten Ächter nicht wieder, so einem Bruder, einem bestimmten nächsten näheren Anverwandten, und so fort. Sei alles Sache des Kaisers und der Hofkammer; diese gelehrte Institution verdiene jegliches Vertrauen; möge jeder gewiß sein, daß sein Recht dort und bei Erwählter Römischer Majestät ruhe wie in Gottes Schoß.
    Jocher schickte vor dem Abschied, da er bei

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