Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
Vom Netzwerk:
einem Gegenbesuch einen alten einfältigen Gesellen als des Sartorius Reisebegleiter im »Strauß« antraf, einen gewandten bessern Mann, der München kannte. Dieser setzte sich, grob wie er war, nachmittags ohne weiteres in der Kammer des Fürsten fest, warf die kostbaren Kisten die Treppe herunter auf den Vorflur, lachte den vor Zorn Stammelnden, der abends angetragen wurde, samt dem völlig rat- und hilflosen Kanzler, schallend vor dem Gesinde aus, ja verhöhnte ihn, als er ihm zitternd befahl, die Kammer zu räumen. Hin und her lief auf dem Flur der Pfalzgraf nachts in seiner Wut, wurde nach lebhaftem Wortwechsel von dem Kavalier vor die Tür gesetzt, in der Nachtmütze, Kerze in der Hand, Schlafrock um den Körper. Die Nacht über saß er betäubt auf dem Treppenabsatz, beim ersten Hahnenschrei wurde das Tor von Frauen geöffnet, die in die rückwärts gelegenen Stallungen mit Kannen und Eimern schlurrten und vor ihm aufschrien und noch Zeter schrien, als er schon in der ehemaligen Kammer seines Kanzlers sich Knie und Schenkel rieb, heftige leise Selbstgespräche führend gegen den Kavalier. Entschieden verbat sich aber der Fürst am folgenden Tage von Sartorius jede Beeinflussung des Kavaliers; er wahre seine Rechte selbst, wünsche nicht bevormundet zu werden; damit ordnete er die sofortige Abreise an.
    Zwei Stunden weit hinter München geleitete sie der Münchner mit fröhlichem Geplauder und Späßen. Es bereitete dem Herrn ein rechtes Gaudium, den alten fremden Gesellen zu malträtieren. Zu einer förmlichen Pufferei Knufferei hinter dem Rücken des Kanzlers kam es, der verzweifelt vieles davon beobachtete, durch die Winke Philipp Ludwigs bedeutet wurde zu schweigen. Seitwärts bog dann der Wagenzug des Fürsten in ein lichtes Gehölz; stundenlang schlief er weich auf Bettpolstern unter dem Wagenplan, nachdem er sich gierig satt gegessen getrunken hatte. Nach dem Erwachen fragte er nach den Geschenken, die Sartorius in München empfangen hätte. Im Gras wurde vor ihm ein Kistchen geöffnet; es schälte sich aus eine silberne Aderlaßschale, eine hohe Majolikavase, ein Löwe als Lichthalter aus vergoldeter Bronze. Er drehte die Stücke nach allen Seiten, beklopfte sie, daß das Heu abfiel. Nachdem er das Einpacken beaufsichtigt hatte, in sein Pelzwerk eingeschlagen, auf seinen Wagenplatz gehoben war, die Berittenen antrabten, gab er Befehl nach Regensburg. Seine Augen blitzten: »Meint Ihr, mich hätte das erschreckt mit dem Hundsfott? Die Antwort meines Neffen Maximilian hat mich genugsam in jeder Minute belustigt. Was tut der Herzog anders als ausweichen. Totschweigen ist die Taktik dieser Welt, wenn es sich um rechtmäßige Ansprüche handelt.« Er kicherte fröhlich: »Geh nach Hause, hat mein Neffe gesagt; wenn man alt ist, tut man nichts Gescheiteres als sterben. Neuburg ist so schön, hat so schöne Gärten, Lauben, Äcker, so viel Vieh, und an Kühen fehlt’s nicht für Butter und Sahne und Milch. Die Wälder stecken bis Burgau und Dillingen voll Hirsche und Fasane; Forellen schwimmen in den Bächen, und die Hechte und Karpfen. Geh nach Hause, sieh dir deine Brillanten an.« Er rieb sich die Nase, brummelte aus seinem Sack: »Schlau geantwortet, Herr Max in Bayern. Hat der Herr Sartorius etwas Auffälliges gesehen in seiner Stadt München?«
    »Genugsam, Durchlaucht. Reichtümer in vieler Form.«
    »Und was hat Er davon gedacht?«
    Der Kanzler schwieg, er freute sich, daß sein Herr prahlte.
    »Empörung habe ich gedacht. Ich lobe den Krieg. Der Krieg scheint mir doch mehr Gerechtigkeit zu haben als das Wiener Gericht: seht mich. Wäre nicht dem unruhigen Pfälzer die schwere Prager Schlacht begegnet, so – ja, so wäre ich schließlich doch gestorben, es wäre mein fleischliches Los gewesen. Und hätte bis zu meinem Tode mich glücklich vermeint, weil ich meine Hand bis an den Knöchel in eine Schachtel mit Edelsteinen stecken kann. Statt dessen –« Giftig blickte er hervor, er spie über den Wagenschlag.
    Der Kanzler verneigte sich: »Es war ein Glück, daß Durchlaucht nicht offen in München erschienen sind.«
    »Es hätte Skandal Schlägerei gegeben in offenem Gespräch beim Herzog.«
    Er wog die Geschenkkiste in der Hand, fragte mißtrauisch, ob Sartorius nicht vielleicht noch eine zweite empfangen hätte, vergessen, –
    Philipp Ludwig fuhr nach Wien völlig unangemeldet, die Namen der Geheimen Räte und Kämmerer, ihre persönlichen Verhältnisse waren ihm unbekannt; gedachte wie Blitz

Weitere Kostenlose Bücher