Wallenstein (German Edition)
Feder ab; er atmete tief den Luftzug, der mit ihr kam; wenn nur bald wieder einer käme.
Sie schlachteten sich mit großer List ab, suchten sich den Wind abzufangen, um den andern vom Staub blenden zu lassen. Als ein einziger mächtiger Klotz, auf spanische Art gefügt, stand Tillys Heer da, das Treffen zehn Glieder tief, gespalten in sehr große tiefe Vierecke. Der Feind kam an, Livländer Kurländer Finnen Schweden Sachsen, den Wind im Gesicht, den breiten Loberbach überschreitend, sein Gestrüpp durchbrechend, bewegliche Brigaden, auf den Flügeln Reiter mit Musketieren wechselnd. Seine Kavallerie sprengte drei Reihen hoch, schoß, wie sie das Weiße im Auge sah, zwei Salven, zog den Degen.
Tillysche Regimenter gaben eine Salve ab. Die Sachsen warfen das Hasenpanier auf, Fahnen und Geschütze lassend. Tobend sprangen die Kaiserlichen in die Lücke, drehten die sächsischen Kanonen um auf die schwedischen Regimenter. Die klammerten sich an den aufgerissenen Boden, massierten sich dichter von Minute zu Minute.
Und wie ein Trompeter nach langem Ziehen aus tiefster Brust einen endlosen schmetternden Schrei von sich gibt, der sich wie eine Schwalbe in den Wolken verliert, so stießen die Schweden aus vierundfünfzig Geschützen eine Feuerwoge über die Deutschen, eine Viertelstunde, eine halbe Stunde, eine Stunde, zwei Stunden, die Luft anfüllend mit Fünfpfündern Zehnpfündern, anwachsend und nicht nachgebend mit halben Kartaunen, stampfend stampfend mit ganzen Kartaunen. Wie eine Mauer, im Fundament erschüttert, brach, lange an sich haltend, schwer das deutsche Heer über das Schlachtfeld hin. Stürzte die Reiterei, wurde begraben das Geschütz, das Fußvolk.
Auf die rieselnde staubende menschenstreuende Flucht nahm das Regiment Cronberg den verlorenen Brabanter mit. Das Morden in ihrem Rücken ging weiter. Sie hörten den frenetischen König im Dunkel Viktoria auf dem Felde schießen. Er schrie schweißtriefend, halb besinnungslos lachend, nach allen Seiten winkend: »Gott ist lutherisch geworden, Gott ist lutherisch geworden.« Tote wurden in der hereinfallenden Nacht weit und breit gesät, die Schweden blieben an der Arbeit.
Tilly floh, floh, tat nichts als fliehen.
Hinterher marschierten die Regimenter Starrschädel schwarzgelb, Löser rotweiß, Klitzing blauweiß, Arnim rotschwarz, Schwalbach rotgelb, Stålhandske, Wunsch, Tott, Westgötland, Småland, Ostgötland.
ALS VON den Wiesen und vom See her weiße Nebelschwaden unter den Brücken gegen die Stadt zu schwammen, die östlichen Straßenzüge Mantuas durchwanderten, stieg fröstelnd der Kaiser, weißgekleidet, aus dem Wagen, um an die Häuser zu treten. An der Karmeliterkirche, bei der Brücke San Giorgio, wo sie als Mädchen die erste Kommunion empfangen hatte, wollte ihn die Kaiserin in ihrem Wagen erwarten. Die voranreitenden Hatschiere suchten unter den Ruinen; an einer abschüssigen Gasse sah man unten einen Wagenzug, Reiter voraus, sechsspännige kaiserliche Wagen, Türen geschlossen. Die Hatschiere Ferdinands gaben den kaiserlichen Trompetenruf; die Türen blieben geschlossen. Langsam wanderte Ferdinand die verödete morastige Gasse herunter; wie er den ersten Wagenschlag öffnete, schluchzte es drin. Er hatte es erwartet, setzte sich neben Eleonore.
Die Tiere zogen an; sanft sagte er, die Schulter der Schwarzverschleierten umfassend: »Bei den Karmeliterinnen habe ich dich gesucht. Aber du konntest wohl das Kloster nicht finden.« »Hast du es gefunden?« kam nach langem leisem Weinen unter dem Schleier hervor. »Die Stadt sieht schlimm aus, Eleonore. Was ist dies für ein Glück, Krieg führen. Dein Vetter hätte es besser gehabt, wenn er zugegriffen hätte bei meinem Friedensantrag. Nun liegt alles verderbt da; er muß die Franzosen bitten, seine Schulden zu bezahlen.« »Mir ist an meinem Vetter nichts gelegen. Du hast Frieden mit ihm gemacht; warum ist Mantua nicht geschont worden?« »Er kam meinen Generalen zu spät, Eleonore, mit seiner Nachgiebigkeit.« »Und ich? Und ich? Warum hast du mir das angetan?« »Weine nicht. Ich will dir alles wieder aufbauen.« »Ich will es nicht. Es ist geschehen. Du hast es getan. Es nützt nichts mehr. Es ist geschehen.« Er blieb still: »Wie sollte es anders kommen. Ich konnte es nicht mehr aufhalten.« »Du hattest es in der Hand, doch und dennoch. Du hast in Regensburg deinen Feldherrn entlassen, es lag bei dir.« »Ihm ist kein Unrecht geschehen; Nevers hat kindisch gehandelt, er wollte mit
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